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October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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wieder.« Sie lächelte, und die Schuppen um ihren Mund runzelten sich. »Und jetzt erzähl, warum du aus meinem Teich gezogen werden musstest. Du hast auf meine Fische geblutet.«
    »Weil du mich vermisst hättest, wenn ich gestorben wäre?« Ich zuckte mit den Schultern. »Nur so ein Gedanke.«
    »Damit könntest du aber recht haben«, gab Lily zurück, ehe ihr Lächeln verblasste. »Was ist passiert?«
    Sie verdiente, es zu erfahren, auch wenn ich es ihr nicht sagen wollte. Ich zwang mich, ihr in die Augen zu blicken, holte tief Luft und begann ganz von vorne.
    Die Geschichte zu erzählen dauerte weniger lang, als ich erwartet hatte. Sie verstrich in einem rasanten Wortschwall, und bei einem Teil davon empfand ich es als Erleichterung, ihn laut auszusprechen, hier, wo durch Lilys Kontrolle keine Gefahr bestand, dass wir belauscht wurden. Die unmittelbare Dringlichkeit der Ereignisse hatte sich bereits so weit gelegt, dass sie zu schlichten Tatsachen wurden. Während Lily mir zuhörte, wurde ihre Miene zunehmend verkniffener, als ich mehr und mehr von der letzten Geschichte preisgab, in der Evening Winterrose eine Rolle spielte. Als ich zum Ende kam, hatte sie die Lippen zu einer schmalen, harten Linie zusammengepresst. »Offenbar hattest du eine ereignisreiche Woche.«
    »Nicht freiwillig.«
    »Trotzdem.« Sie erhob sich und neigte mir den Kopf zu. »Ich werde mit Tee zurückkomme n – und wohl auch mit etwas zum Anziehen für dich, würde ich sagen. Du wirst dich hier eine Weile ausruhen, bevor ich dir zu gehen gestatte. Törichtes Kind.«
    Damit trat sie auf das Wasser und war verschwunden. Zurück blieb ein leichter Geruch von Hibiskus und Seerosen.
    »Wunderbar«, brummte ich und ließ mich rücklings ins Moos sinken, um zu warten.

Kapitel 16
    D as Gewand, das Lily mir brachte, passte mir recht gut, auch wenn ich mich dadurch noch nackter als zuvor fühlte. Nackt zu sein ist schon in Ordnun g – ich bin zwar keine FKK -Fanatikerin, aber es ist in Ordnung. Eng anliegende Seidengewänder, die für jemanden mit mindestens fünfzehn Zentimeter weniger Körpergröße gedacht waren, sind dagegen nicht in Ordnung. Der Saum endete mitten an meinen Oberschenkeln, der Kragen bedeckte kaum meine Brust. Verschlimmernd oder zumindest erschreckend kam der rosa Pastellton hinzu. Insgesamt fühlte ich mich wie der Star eines geistlosen Fantasypornos.
    Der Verband an meiner linken Schulter würde diesen Eindruck allerdings ziemlich rasch vernichten. Ich konnte den Arm mittlerweile zwar leichter bewegen als bei meinem ersten Erwache n – Wechselbälger erholen sich nicht so schnell wie Reinblütler, aber immerhin erheblich schneller als Menschen. Doch ich war mir nicht sicher, ob die Verbesserung reichen würde. Jedenfalls konnte ich ihn nicht schnell genug bewegen, um etwas Nützliches zu tun, und schweres Heben kam für einige Tage ohnehin nicht in Frage. Bevor man angefangen hatte, auf mich zu schießen, hätte mir das kein Kopfzerbrechen bereitet. Jetzt, da dem so war, hatte ich reichlich Grund zur Sorge.
    Wer auch immer Evening getötet und einen Powrie auf mich angesetzt haben mochte, würde gewiss nicht lockerlassen. Sofern überhaupt je eine Chance darauf bestanden hatte, so war sie spätestens in dem Augenblick gestorben, als der Kerl begann, auf einer öffentlichen Straße auf mich zu schießen. Worum es bei dem Spiel auch gehen mochte, jedenfalls steckte ich darin fest, bis es vorüber wäre.
    Lily befeuchtete regelmäßig das Moos rings um den Wickel. Ich durfte mich nicht mehr rühren, als notwendig war, um meinen Tee zu nehmen. Die Kombination aus meinen natürlichen Abwehrkräften und Lilys Wasser half, trotzdem fiel mir immer noch jede Bewegung schwer. Ich konnte ihr nicht einmal dabei zur Hand gehen, mir das Blut aus dem Haar zu waschen. Als sie damit fertig war, flocht sie es zu einem Zopf, den sie mit einem aus meiner unwiderruflich besudelten Bluse gerissenen Stoffstreifen zusammenband. Ich sah immer noch aus, als käme ich geradewegs aus der Hölle, aber mittlerweile nur noch aus einem der äußeren Kreise. Und allein der Umstand, dass ich vermutlich nicht jede Sekunde tot umfallen würde, stellte schon eine Verbesserung dar.
    »Trink das«, befahl Lily und reichte mir eine weitere Tasse Tee. »Das wird dir helfen.«
    Das Gebräu roch, genau wie die elf Tränke davor, nach Hagebutte und Hibiskus. Ich nahm es an und fragte: »Bin ich bald damit fertig, dieses Zeug zu schlürfen?« Ich verstand jedoch den

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