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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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ausgewachsenem Grauen. Ich war wie ein Fisch, der gerade den Angelhaken geschluckt hatte – die Reise hatte eben erst begonnen. Aber ich hatte kaum Zeit zu erschaudern, denn die Stimme fuhr schon wieder fort:
»Gehen Sie jetzt hinaus. Allein.«
    Ich zwang mich, zur Tür zu gehen, und bedeutete Ariana zu bleiben, wo sie war. Sie schüttelte den Kopf und folgte mir, wobei sie krampfhaft an ihrem Daumennagel herumknabberte. Als ich hinaustrat, blieb Ariana stehen, lehnte sich mit der Schulter an den Türrahmen und zog die Tür so weit zu, dass sie nur noch durch einen Spalt von vorne zu sehen war.
    »Bis zum Ende des Weges. Sehen Sie den Gully? Direkt hinter den Hausnummern, die auf den Bordstein aufgemalt sind?«
    »Moment.« Drei Meter vor dem Gully blieb ich stehen. »Okay«, log ich, »ich stehe genau drauf.«
    »Lehnen Sie sich vor, und schauen Sie in das Loch.«
    Sie konnten mich also doch nicht lückenlos beobachten. Der Trick war natürlich der, zu wissen, wann sie mich sahen und wann nicht.
    »Patrick. Patrick!«
    Erschrocken drehte ich mich um und sah, wie Don von seiner Auffahrt herübergelaufen kam. Er schleppte eine Kiste mit Akten. »Kleinen Moment, bitte«, murmelte ich mit zusammengebissenen Zähnen ins Handy. Dann rief ich meinem Nachbarn zu: »Es ist grade ein bisschen ungünstig, Don.«
    »Oh, tut mir leid, ich hab nicht gesehen, dass du grade telefonierst.«
    »Ja, ich bin grade am Telefon.« Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung an unserer Haustür wahr – Ariana zog sich ins Haus zurück und schloss die Tür bis auf einen kleinen Spalt.
    »Halten Sie uns nicht hin.«
    »Hör mal«, stotterte Don jetzt, »ich hab bloß gedacht, ich sollte mich für meine Rolle in … bei dieser ganzen Geschichte entschuldigen, und …«
    »Nicht nötig. Da war nichts zwischen uns.« Mein Gesicht brannte. »Du, ich habe hier wirklich ein wichtiges Gespräch, ich kann jetzt nicht näher drauf eingehen.«
    »Sehen Sie zu, dass Sie ihn loswerden. Sofort.«
    »Das versuch ich ja schon«, murmelte ich zurück.
    »Tja, wann dann, Patrick?«, erkundigte sich Don. »Ich meine, mittlerweile ist es sechs Wochen her. Wir sind nun mal Nachbarn, und ich hab schon mehrfach versucht …«
    »Don, ich muss mit dir nicht über diese Sache reden. Ich schulde dir überhaupt nichts. Und jetzt lass mich in Ruhe, damit ich dieses Gespräch zu Ende führen kann.«
    Er starrte mich an und ging ein paar Schritte rückwärts, bevor er sich umdrehte und auf sein Haus zusteuerte.
    »Okay«, sagte ich zu meinem Anrufer, »der Gully …«
    »Sobald Sie die Abhöreinrichtungen aus Ihrem Haus entfernt haben, packen Sie sie in die schwarze Tasche, die auf Ihrem Kleiderschrank liegt, und legen Sie sie hier rein. Alle Linsen, alle Kabel, auch den Detektor. Morgen um Mitternacht. Keine Minute früher. Keine Minute später. Wiederholen Sie meine Anweisungen.«
    »Morgen Punkt Mitternacht. Alles in den Gully. Und Sonntag um vier Uhr nachmittags bekomme ich eine Mail.«
    Bis dahin konnte ich mir in den grellsten Farben den Inhalt dieser Mail ausmalen.
    »Nach diesem Anruf werden Sie meine Stimme nicht mehr zu hören bekommen. Legen Sie das Handy jetzt auf den Boden, zertreten Sie es, und kicken Sie es in den Gully. Oh, und … Patrick?«
    »Ja?«
    »Hinter dieser ganzen Sache steckt etwas völlig anderes, als Sie sich vorstellen.«
    »Was stelle ich mir denn vor?«
    Aber er hatte schon aufgelegt.

[home]
    20
    N achdem ich das Handy entsorgt hatte, kehrte ich wieder zum Haus zurück. Die Tür wurde mir von innen geöffnet, und ich packte Ariana am Handgelenk und zog sie an mich. Wir drückten unsere Wangen aneinander. Schweiß. Der Geruch ihrer Haarspülung. Ihr Brustkorb hob und senkte sich. Ich legte eine Hand um ihr eines Ohr und flüsterte so leise wie möglich: »Komm, wir gehen ins Gewächshaus.«
    Der einzige Ort auf dem Grundstück, dessen Wände nicht verwanzt waren.
    Sie nickte, und wir lösten uns voneinander. »Ich hab Angst, Patrick«, sagte sie laut.
    »Schon okay. Ich weiß jetzt, was sie wollen. Zumindest weiß ich, was sie als Nächstes von mir wollen.« Ich fasste ihr in groben Zügen die Anweisungen zusammen, die ich gerade am Telefon erhalten hatte.
    »Und was passiert danach, Patrick? Diese Leute
terrorisieren
uns. Wir müssen die Polizei rufen.«
    »Wir können die Polizei nicht rufen. Sie würden es mitkriegen. Die wissen alles.«
    Sie stürmte ins Wohnzimmer, ich folgte ihr. »Du willst also tun, was sie sagen? Schön

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