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Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Homer
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mit ihrem sanften Geschosse?
    Sage mir auch von dem Vater und Sohne, den ich daheim ließ.
    Ruht noch meine Würde auf ihnen, oder empfing sie
    Schon ein anderer Mann? Und glaubt man, ich kehre nicht wieder?
    Melde mir auch die Gesinnung von meiner Ehegenossin:
    Bleibt sie noch bei dem Sohn und hält die Güter in Ordnung,
    Oder ward sie bereits die Gattin des besten Achaiers?
    Also sprach ich; mir gab die teure Mutter zur Antwort:
    Allerdings weilt jene mit treuer duldender Seele
    Noch in deinem Palast; und immer schwinden in Jammer
    Ihre Tage dahin und unter Tränen die Nächte.
    Deine Würde empfing kein anderer, sondern in Frieden
    Baut Telemachos noch des Königes Erbe und speiset
    Mit am Mahle des Volks, wie des Landes Richter gebühret;
    Denn sie laden ihn alle. Dein Vater lebt auf dem Lande,
    Wandelt nie in die Stadt und wählet nimmer zum Lager
    Bettgestelle, bedeckt mit Mänteln und prächtigen Polstern,
    Sondern den Winter schläft er bei seinen Knechten im Hause
    Neben dem Feuer im Staube, mit schlechten Gewanden umhüllet.
    Und in den milderen Tagen des Sommers und reifenden Herbstes
    Bettet er überall im fruchtbaren Rebengefilde
    Auf der Erde sein Lager von abgefallenen Blättern.
    Seufzend liegt er darauf, bejammert dein Schicksal und häufet
    Größeren Schmerz auf die Seele; und schwerer drückt ihn das Alter.
    Denn so starb auch ich und fand mein Todesverhängnis.
    Sohn, mich tötete nicht die Freundin der treffenden Pfeile,
    Artemis, unversehens mit ihrem sanften Geschosse.
    Auch besiegten mich nicht Krankheiten, welche gewöhnlich
    Mit verzehrendem Schmerze den Geist den Gliedern entreißen.
    Bloß das Verlangen nach dir und die Angst, mein edler Odysseus,
    Dein holdseliges Bild nahm deiner Mutter das Leben!
    Also sprach sie; da schwoll mein Herz vor inniger Sehnsucht,
    Sie zu umarmen, die Seele von meiner gestorbenen Mutter.
    Dreimal sprang ich hinzu, an mein Herz die Geliebte zu drücken,
    Dreimal entschwebte sie leicht wie ein Schatten oder ein Traumbild
    Meinen umschlingenden Armen; und stärker ergriff mich die Wehmut.
    Und ich red’te sie an und sprach die geflügelten Worte:
    Meine Mutter, warum entfliehst du meiner Umarmung?
    Wollen wir nicht in der Tiefe, mit liebenden Händen umschlungen,
    Unser trauriges Herz durch Tränen einander erleichtern?
    Oder welches Gebild hat die furchtbare Persephoneia
    Mir gesandt, damit ich noch mehr mein Elend beseufze?
    Also sprach ich; mir gab die treffliche Mutter zur Antwort:
    Mein geliebtester Sohn, Unglücklichster aller, die leben!
    Ach, sie täuschet dich nicht, Zeus’ Tochter Persephoneia!
    Sondern dies ist das Los der Menschen, wann sie gestorben.
    Denn nicht Fleisch und Gebein wird mehr durch Nerven verbunden,
    Sondern die große Gewalt der brennenden Flamme verzehret
    Alles, sobald der Geist die weißen Gebeine verlassen.
    Und die Seele entfliegt wie ein Traum zu den Schatten der Tiefe.
    Aber nun eile geschwinde zum Lichte zurück und behalte
    Alles, damit du es einst der lieben Gattin erzählest.
    Also besprachen wir uns miteinander. Siehe, da kamen
    Viele Seelen, gesandt von der furchtbaren Persephoneia,
    Alle Gemahlinnen einst und Töchter der edelsten Helden.
    Diese versammelten sich um das schwarze Blut in der Grube.
    Jetzo sann ich umher, wie ich jedwede befragte,
    Aber von allen Entwürfen gefiel mir dieser am besten:
    Eilend zog ich das lange Schwert von der nervichten Hüfte
    Und verwehrte den Seelen, zugleich des Blutes zu trinken.
    Also nahten sie sich nacheinander; jede besonders
    Meldete mir ihr Geschlecht; und so befragt ich sie alle.
    Jetzo erblickt ich zuerst die edelentsprossene Tyro,
    Welche sich Tochter nannte des tadellosen Salmoneus
    Und die Ehegenossin von Kretheus, Aiolos’ Sohne.
    Diese liebte vordem den göttlichen Strom Enipeus,
    Der durch seine Gefilde, der Ströme schönster, einherwallt.
    Einst lustwandelte sie an Enipeus’ schönen Gewässern,
    Siehe, da nahm der Erderschütterer seine Gestalt an
    Und beschlief sie im Sand, an der Mündung des wirbelnden Stromes.
    Rings um die Liebenden stand wie ein Berg die purpurne Woge,
    Hochgewölbt, und verbarg den Gott und die sterbliche Jungfrau.
    Schmeichelnd löst’ er den Gürtel der Keuschheit und ließ sie entschlummern.
    Und da jetzo der Gott das Werk der Liebe vollendet,
    Drückt’ er des Mädchens Hand und sagte mit freundlicher Stimme:
    Freue dich, Mädchen, der Liebe! Du wirst im Laufe des Jahres
    Herrliche Söhne gebären. Denn nicht unfruchtbaren

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