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Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Homer
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den Zorn des erhabenen Herzens.
    Also sprach ich; er schwieg und ging in des Erebos Dunkel
    Zu den übrigen Seelen der abgeschiedenen Toten.
    Dennoch hätte mich dort der Zürnende angeredet
    Oder ich ihn; allein mich trieb die Begierde des Herzens,
    Auch die Seelen der andern gestorbenen Helden zu schauen.
    Und ich wandte den Blick auf Minos, den göttlichen, Zeus’ Sohn!
    Dieser saß, in der Hand den goldenen Zepter, und teilte
    Strafe den Toten und Lohn; sie richteten rings um den König,
    Sitzend und stehend, im weitgeöffneten Hause des Ais.
    Und nach diesem erblickt ich den ungeheuren Orion.
    Auf der Asphodeloswiese verfolgt’ er die drängenden Tiere,
    Die er im Leben einst auf wüsten Gebirgen getötet,
    In den Händen die eherne, nie zerbrechliche Keule.
    Auch den Tityos sah ich, den Sohn der gepriesenen Erde.
    Dieser lag auf dem Boden und maß neun Hufen an Länge;
    Und zween Geier saßen ihm links und rechts und zerhackten
    Unter der Haut ihm die Leber: vergebens scheuchte der Frevler,
    Weil er Leto entehrt, Zeus’ heilige Lagergenossin,
    Als sie gen Pytho ging, durch Panopeus’ liebliche Fluren.
    Auch den Tantalos sah ich, mit schweren Qualen belastet.
    Mitten im Teiche stand er, das Kinn von der Welle bespület,
    Lechzte hinab vor Durst und konnte zum Trinken nicht kommen.
    Denn sooft sich der Greis hinbückte, die Zunge zu kühlen,
    Schwand das versiegende Wasser hinweg, und rings um die Füße
    Zeigte sich schwarzer Sand, getrocknet vom feindlichen Dämon.
    Fruchtbare Bäume neigten um seine Scheitel die Zweige,
    Voll balsamischer Birnen, Granaten und grüner Oliven
    Oder voll süßer Feigen und rötlichgesprenkelter Äpfel.
    Aber sobald sich der Greis aufreckte, der Früchte zu pflücken,
    Wirbelte plötzlich der Sturm sie empor zu den schattigen Wolken.
    Auch den Sisyphos sah ich, von schrecklicher Mühe gefoltert,
    Einen schweren Marmor mit großer Gewalt fortheben.
    Angestemmt, arbeitet’ er stark mit Händen und Füßen,
    Ihn von der Au aufwälzend zum Berge. Doch glaubt’ er ihn jetzo
    Auf den Gipfel zu drehn, da mit einmal stürzte die Last um;
    Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor.
    Und von vorn arbeitet’ er, angestemmt, daß der Angstschweiß
    Seinen Gliedern entfloß und Staub sein Antlitz umwölkte.
    Und nach diesem erblickt ich die hohe Kraft Herakles’,
    Seine Gestalt; denn er selber feirt mit den ewigen Göttern
    Himmlische Wonnegelag und umarmt die blühende Hebe,
    Zeus des gewaltigen Tochter und Heres mit goldenen Sohlen.
    Ringsum schrie, wie Vögelgeschrei, das Geschrei der gescheuchten
    Flatternden Geister um ihn; er stand der graulichen Nacht gleich,
    Hielt den entblößten Bogen gespannt und den Pfeil auf der Senne,
    Schauete drohend umher und schien beständig zu schnellen.
    Seine Brust umgürtet’ ein fürchterlich Wehrgehenke,
    Wo, getrieben aus Gold, die Wunderbildungen strahlten:
    Bären und Eber voll Wut und grimmig funkelnde Löwen,
    Treffen und blutige Schlachten und Niederlagen und Morde.
    Immer feire der Künstler, auf immer von seiner Arbeit,
    Der ein solches Gehenke mit hohem Geiste gebildet!
    Dieser erkannte mich gleich, sobald er mit Augen mich sahe,
    Wandte sich seufzend zu mir und sprach die geflügelten Worte:
    Edler Laertiad, erfindungsreicher Odysseus,
    Armer, ruht auch auf dir ein trauervolles Verhängnis,
    Wie ich weiland ertrug, da mir die Sonne noch strahlte?
    Zeus des Kroniden Sohn war ich und duldete dennoch
    Unaussprechliches Elend; dem weit geringeren Manne
    Dient ich, und dieser gebot mir die fürchterlichsten Gefahren.
    Selbst hier sandt er mich her, den Hund zu holen; denn dieses
    Schien dem Tyrannen für mich die entsetzlichste aller Gefahren.
    Aber ich brachte den Hund empor aus Aides’ Wohnung;
    Hermes geleitete mich und Zeus’ blauäugichte Tochter.
    Also sprach er und ging zurück in Aides’ Wohnung.
    Aber ich blieb und harrete dort, ob etwa noch jemand
    Von den gestorbenen Helden des Altertumes sich nahte.
    Und noch manchen vielleicht, den ich wünschte, hätt ich gesehen:
    Theseus und seinen Freund Peirithoos, Söhne der Götter;
    Aber es sammelten sich unzählige Scharen von Geistern
    Mit graunvollem Getös, und bleiches Entsetzen ergriff mich.
    Fürchtend, es sende mir jetzo die strenge Persephoneia
    Tief aus der Nacht die Schreckengestalt des gorgonischen Unholds,
    Floh ich eilend von dannen zum Schiffe, befahl den Gefährten,
    Hurtig zu steigen ins Schiff und die Seile vom Ufer zu lösen.
    Und sie stiegen

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