Odyssey 01 - In die Dunkelheit
dort ohne Druck ruhen und lehnte sich im Polstersitz zurück, der im Moment ein bisschen zu geräumig für sie war. Doch das würde sich geben, sobald sie volle Gefechtsausrüstung trug, wie sie aus Erfahrung wusste. Wie unwirklich ihr all dies vorkam! Sie war völlig in Gedanken verloren, als eine Stimme in ihrem Rücken sie aufschreckte.
»Ihnen kommt das wie ein Traum vor, stimmt’s?«
Jennifer Samuels drehte sich im Sitz herum und riss verblüfft die Augen auf. »Captain … Ich … Entschuldigung, Sir. Ich sollte nicht hier …«
»Kein Grund zur Aufregung. Ich habe gehört, dass Sie die Beförderung angenommen haben.«
Sie schluckte. »Ich … Ja, Sir. Danke, Sir.«
Weston nickte mit ernster Miene. »Das wird kein Spaziergang, müssen Sie wissen.«
»Ja, das weiß ich, Sir.«
»Ich habe mir Ihre Personalunterlagen angesehen, Lieutenant. Sie werden das schon hinkriegen. Sie dürfen nur nicht auf ausgefallene Ideen kommen und müssen stets daran denken, sich an Ihren Wingman zu halten. Von allen Archangels da draußen haben Sie die geringste Erfahrung, also wird es Ihnen anfangs vielleicht ein bisschen schwerfallen, mit den anderen mitzuhalten. Nehmen Sie sich das aber bitte nicht zu Herzen. Denn wenn die kleinen Fehler Ihnen allzu sehr zu schaffen machen, könnte daraus ein großer Fehler entstehen.«
»Ja, Sir.«
Weston lächelte, stieß sich vom Kampfjäger ab und ließ sich auf eine Wand zutreiben. »Jetzt lasse ich Sie mit der Archangel Eins allein, damit ihr beide euch kennenlernen könnt, Lieutenant. Behandeln Sie sie gut, sie ist nämlich eine alte Freundin von mir, und ich hätte sie gerne in einem Stück zurück.«
»Alles klar, Captain.« Jennifer schickte Weston einen Salut hinterher, dann widmete sie sich wieder dem Kampfjäger und gurtete sich fest.
Es war schön, wieder zu Hause zu sein.
Als der erste der Raumgleiter von der Odyssey startete und in Spiralen auf den Planeten zuflog, behielt Admiral Tanner die Displays im Auge. In vielfacher Hinsicht kam es ihm absurd vor, Leute aus einer gefährlichen Situation herauszuholen, nur um sie sofort mitten in die nächste zu befördern.
Falls es der Odyssey nicht gelang, die feindlichen Schiffe zu zerstören, falls die SCHMIEDE es nicht schaffte, das, woran sie so verzweifelt arbeitete, zu vollenden, falls die inzwischen auf Mons Systema konzentrierten Bodentruppen nicht jeden einzelnen Drasin aufspürten und vernichteten …
So viele Falls. Es musste nur ein einziger dieser Fälle eintreten, dann würden diese Flüchtlinge auf diesem Planeten anstatt da draußen im Raum sterben.
Das ist nicht gerade fair , dachte Tanner. Erst überleben sie – weitgehend auf sich gestellt. Dann müssen sie die Zerstörung der eigenen Welt miterleben. Und all das nur, um hier, auf einer anderen Welt, zu sterben. Aber so ist der Krieg nun mal. Was für ein harmloses Wort für etwas so Entsetzliches.
Jahrtausende des Friedens hatten niemanden in den Kolonien auf so etwas vorbereitet. Tanner war kein kämpferischer Typ, nicht so wie sein Freund Nero. Bisher war er für eine Flotte verantwortlich gewesen, die auf der Suche nach abzubauenden Rohstoffen durch die Galaxie gestreift war und nach neuen Welten, neuen Ressourcen und überhaupt neuen Dingen Ausschau gehalten hatte. Und nun saß er hier und verteidigte eine Welt, ohne es aus eigener Kraft bewerkstelligen zu können, war gezwungen, sich auf Geschenke des Himmels zu verlassen, wenn er sein Volk retten wollte. Damit hätte er niemals gerechnet.
»Captain!«
Weston blieb wie angewurzelt stehen und warf einen Blick über die Schulter. Als er sah, dass Stephanos rannte, um ihn einzuholen, nickte er.
»Ich muss mit dir reden, Captain!«
»Dann komm mit. Ich muss zur Brücke. Wir sind fast fertig mit der Evakuierung der Flüchtlinge und müssen ein paar knifflige Manöver planen.«
»Es geht um Lieutenant Samuels … Es kann doch wohl nicht dein Ernst sein, sie den Archangels zuzuteilen.«
»Und wieso nicht?«
»Jenny ist eine gute Pilotin, Sir, aber sie hat kein gründliches Flugtraining, was die Kampfjäger betrifft. Die Archangels sind ja nicht irgendein beliebiges Fliegergeschwader!«
»Ach nein? Ist mir ja völlig neu.«
Stephanos wurde rot. »Mir ist klar, dass du das weißt, Captain. Aber … Verdammt noch mal, Sir!«
»Sieh dich vor, Commander«, fuhr Weston Stephanos an und blieb so schnell stehen, dass Stephanos ihn unversehens überholte. »Jetzt nimmst du dir zu viel
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