Odyssey 01 - In die Dunkelheit
uns hinterlassene Spur. Jedenfalls sieht es so aus, als hätte jemand da draußen auf einer genau berechneten Flugbahn jede Menge Energie verbraucht.«
»Haben Sie den Ausgangspunkt extrapoliert?«
»Das war leider nicht möglich, Sir. Entlang dieses Pfads haben wir über tausend Lichtjahre hinweg nichts entdecken können.«
»So ein Mist.« Westons Miene drückte tiefe Enttäuschung aus. Es wäre so schön gewesen, irgendwo einen besiedelten fremden Planeten zu entdecken, selbst wenn sie nur einen verstohlenen Blick auf die Region jenseits der Heliosphäre hätten werfen können.
»Allerdings hat sich Winger dazu etwas überlegt«, erklärte Roberts mit zuckenden Lippen.
»Ach ja? Spucken Sie’s schon aus.«
»Es gibt da so ein Sternsystem, das von diesem Pfad aus zehn und uns aus betrachtet nur zwanzig Lichtjahre entfernt liegt.«
Roberts legte mit skeptischer Miene den Kopf schräg. »Dieses System ist dasjenige, das dem Pfad am nächsten liegt.«
Weston dachte darüber nach. Es mochte ein Schuss ins Blaue sein, war aber trotzdem eine Überlegung wert. »Also gut. Wenn die Raumfähren das Einsammeln der Proben beendet haben, sollen sie in ihren Hangar zurückkehren. In der Zwischenzeit soll Waters eine Fluchtbahn für uns berechnen, die sich mit diesem fremden Pfad überschneidet. Wir werden einige gründliche Scans vornehmen und dann einen Sprung zu dem System machen, das Lieutenant Winger gefunden hat.«
»Ja, Sir«, erwiderte Roberts und schaffte es dabei, sowohl munter als auch enttäuscht zu klingen.
Das Display verschwand und gab den Blick auf die künstliche Kirschholzmaserung von Westons Schreibtisch frei. Weston konnte Roberts’ Reaktion nachvollziehen. Der Odyssey stand eine sehr interessante Jungfernfahrt bevor. Sogar so interessant, dass vieles dafür sprach, sofort zur Erde zurückzukehren und von der Entdeckung zu berichten.
Natürlich hatte Weston vor, einen starken Übertragungsstrahl zum Heimatplaneten zu schicken. Allerdings würde er dort erst in Jahren eintreffen. Doch falls der Odyssey irgendetwas zustoßen sollte, hatten sie zu Hause wenigstens einen Anhaltspunkt für ihr Verbleiben. Weston war nicht bereit, die Mission schon hier und jetzt abzubrechen. Er wollte mit eigenen Augen sehen, was da draußen war – und vor allem wer .
Dr. Rame war müde. Er hatte mehrere Stunden ohne Pause durchgearbeitet, denn sein Gehirn ließ es nicht zu, die faszinierende Fallstudie, die sich ihm hier, direkt vor Ort, anbot, auch nur für Minuten zu unterbrechen. Ein Mensch, der nicht nur von einem anderen Planeten als der Erde stammte, sondern sich auch niemals in ihrem Sonnensystem aufgehalten hatte! Auf allen möglichen Scans war der Körper der Frau als menschlich registriert worden, selbst ihre Gehirnwellen waren offenbar völlig normal. Seit sie an Bord gekommen war, hatte Rame Hunderte von Theorien aufgestellt und wieder verworfen.
Natürlich konnte man nicht einfach von einer völlig gleichen Entwicklungsgeschichte ausgehen, das wäre lächerlich – zumindest nach allen modernen Evolutionstheorien, mit denen er sich beschäftigt hatte. Die Evolution war keine Blaupause, sondern bestand aus einer Reihe von Mutationen, die sich gelegentlich als vorteilhaft entpuppten. Und Rame wusste, dass Letzteres nur selten und in großen Zeitabständen auftrat. Viel häufiger kam es vor, dass Mutationen mit dem Aussterben einer Nebenlinie der betroffenen Spezies endeten, da sie ihrem Überleben weder lang- noch kurzfristig nützten.
Also blieb seiner Meinung nach nur eine völlig verrückte Erklärung für die Existenz dieser Frau. Tatsächlich spricht am meisten dafür, dass hier Menschen von Aliens entführt worden waren , dachte er, während er auf einige Testergebnisse wartete. Die Verschwörungstheorien der vergangenen hundert oder zweihundert Jahre hatten neue Nahrung gefunden, als die Menschen begannen, buchstäblich nach den Sternen zu greifen. Und selbst er, der sich für einen nüchternen Wissenschaftler hielt, unterlag ihrer Anziehungskraft.
Selbstverständlich bestand auch die (wenn auch unwahrscheinliche) Möglichkeit, dass die Menschheit tatsächlich der Ableger einer fremden Zivilisation war. Rames Meinung nach war das zwar recht weit hergeholt, jedoch nicht ausgeschlossen. Allerdings hatte niemand je das sogenannte fehlende Bindeglied gefunden, und allzu viele Entdeckungen, die obige Vorstellung unterstützten, hatten sich später als Schwindel erwiesen.
Er stellte immer noch
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