Odyssey 01 - In die Dunkelheit
beabsichtigt.« Er ging zur Sprechanlage hinüber und schaltete sie ein. »Doktor Rame, darf Milla die Isolierkammer jetzt verlassen?«
»Ja, Captain.«
»Gut, wir kommen jetzt heraus.«
Zu dritt gingen sie durch die Luftschleuse ins offene medizinische Labor. Das Bereitschaftspersonal und die Patienten warfen Milla neugierige Blicke zu. Und dass diese Fremde wie ein normaler Mensch aussah, machte sie nur noch neugieriger. Weston führte Milla auf den Gang und drehte sich halb zu Palin um. »Doktor.«
»Ja, Captain?«
»Milla Chans braucht jetzt ein normales Quartier und Kleidung zum Wechseln. Sorgen Sie dafür, dass der Quartiermeister ihr etwas Passendes gibt.«
»Äh … Ja, Sir«, erwiderte Palin verblüfft.
»Also gut.« Weston lächelte Milla zu. »Der Doktor wird Ihnen dabei helfen, sich einzugewöhnen. Ich muss mich jetzt anderen Dingen widmen.«
»Danke, Captain. Ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen.«
»Keine Ursache«, sagte er zum Abschied erneut. »Ich tue nur meine Pflicht.«
Sobald Weston verschwunden war, übernahm Palin das Kommando. »Also los«, sagte er, als die Außentür aufglitt. »Passen Sie bitte auf, wo Sie hintreten.«
Milla nickte und machte einen großen Schritt über die Schwelle hinweg.
»Ich habe den Quartiermeister bereits darüber informiert, dass Sie passende Kleidung brauchen«, erklärte Palin leicht verlegen und deutete auf ihr dünnes Krankenhaushemd. »In der Zwischenzeit möchte ich Sie gern herumführen.«
»Statusmeldung«, forderte Weston, als er auf die Brücke trat und das hektische Treiben bemerkte.
»Es hat sich nicht viel getan, Captain«, erklärte Roberts mit einem Blick auf den Schirm. »Die Aufklärungsdrohnen haben drei weitere … Nester entdeckt, aber keines davon ist auch nur annähernd so groß wie das erste. Diese Kreaturen nehmen den Planeten offenbar Stück für Stück auseinander, Sir.«
»Was meinen Sie damit?«
Roberts drehte sich um und legte einem Computertechniker die Hand auf die Schulter. »Rufen Sie noch mal die Bilder von der Stadt auf.«
Weston sah zu, wie sich das Bild auf dem Schirm veränderte. »Ist das dasselbe Gebiet wie früher?«
»Nein, Sir. Das hier ist näher am Zentrum der Siedlung«, erwiderte Roberts. »Achten Sie auf den Zustand der Gebäude.«
Die spinnenartigen Kreaturen hatten die Gebäude abgetragen und zerrten ihre Bestandteile unter die Erde.
»Die sehen wie mutierte Spinnen aus, Captain, aber sie verhalten sich wie Ameisen«, sagte Roberts. »Schauen Sie das hier mal an …«
Als sich der Bildausschnitt veränderte, war eine ganze Armee von Drasins dabei zu sehen, wie sie einen Wolkenkratzer bearbeitete. Als er ins Wanken geriet und zu kippen begann, gab es ein wildes Gerangel. Die meisten Drasins konnten sich nicht schnell genug zurückziehen, um sich vor dem umstürzenden Hochhaus in Sicherheit zu bringen.
Einen Moment lang rührte sich bis auf den aufwirbelnden Staub nichts, dann gerieten einige Trümmer in Bewegung: Manchen der verschütteten Drasins gelang es, sich aus dem Geröll zu graben. Es dauerte nur Minuten, bis die Szene wieder ähnlich wie zuvor aussah. Tausende von Drasins nahmen die Trümmer auseinander und beförderten sie in die unterirdischen Tunnel.
»Verdammt noch mal«, flüsterte Weston. »Was machen die denn mit dem ganzen Material?«
»Keine Ahnung, Sir.« Roberts klang angespannt. »Die schnappen sich alles, was sie kriegen können. Gebäude, Straßen, Bäume, sogar Tiere, wenn sie sie erwischen.«
»Und all das bringen sie unter die Erde?«
»Ja, Sir.«
Weston schüttelte den Kopf. »Die müssen ja ein meilenweites Tunnelnetz geschaffen haben. Aber das ergibt keinen Sinn.«
»Sir?«
»Wie Milla sagt, wurde diese Welt erst vor kurzer Zeit überfallen. Vielleicht ist das noch nicht mal einen Monat her. Hängt davon ab, wie lange Milla da draußen herumgetrieben ist, ehe wir sie geborgen haben.«
»Verdammter Mist!«, murmelte Roberts ehrlich betroffen. »Das ist wirklich unheimlich, Sir. Aber sie sind so zahlreich, dass sie …«
»Genau das ist es ja, Commander«, fiel Weston ihm ins Wort. »Milla sagt, nach dem Überfall hätten sich nur sehr wenige Drasins in der Stadt aufgehalten. Vielleicht waren sie seinerzeit auch nur unter die Erde abgetaucht. Aber wenn Milla recht hat …«
»Dann hat der alte Spruch ›Seid fruchtbar und mehret euch‹ eine ganz neue Bedeutung angenommen«, ergänzte Roberts, runzelte die Stirn und wandte sich wieder dem Bildschirm
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