Odyssey 01 - In die Dunkelheit
nur empfehlen. Die Transition kann manchmal …« – Weston suchte nach den richtigen Worten, fand aber keine und drückte sich notgedrungen recht vage aus – »kann manchmal anstrengend für jemanden sein, der nicht abschätzen kann, was auf ihn zukommt. Das weiß ich aus erster Hand.«
Milla sah ihn forschend an. »Nehmen Sie denn auch eines dieser Beruhigungsmittel ?«
Weston hörte leicht belustigt, wie sie das Wort Beruhigungsmittel verächtlich ausspuckte.
»Nein, diesen Luxus kann ich mir nicht leisten.«
»Dann will ich diesen Luxus auch nicht.«
»Wie Sie wollen, Milla, aber vermutlich werden Sie diese Entscheidung bereuen, sobald wir mit dem Übergang beginnen.« Weston schüttelte den Kopf. Er konnte es ihr nicht verübeln. An ihrer Stelle hätte er sich genauso verhalten. Schon komisch, wie oft einen der eigene Sturkopf in Schwierigkeiten bringt. Unwissenheit kann auch ein Segen sein.
»Mag sein«, erwiderte Milla, zufrieden mit sich, weil sie nicht in diese üble Falle getappt war.
Weston musterte sie und lächelte. Ihm war völlig klar, was sie jetzt dachte, und ebenso klar war ihm, dass er es nicht schaffen würde, ihre Bedenken auszuräumen. Was soll’s, dann muss sie die selbst eingebrockte Suppe eben auslöffeln. Er zuckte die Achseln und beließ es dabei. Jetzt war diese Geschichte nicht mehr sein Problem.
»Also gut, bis zum Übergang dauert es noch fast einen Tag. Wie wär’s mit einem Besuch in den Freizeiteinrichtungen?«
Milla schien das Angebot abzuwägen. Schließlich nickte sie.
Weston ging mit ihr zum Aufzug zurück. »Freizeitdeck«, befahl er.
Unverzüglich schnurrte der Aufzug nach unten und brachte sie zu den äußeren Ebenen des vorderen Habitat-Zylinders. Als Erstes gingen sie zur Cafeteria, von der mehrere Türen zu anderen Bereichen führten.
»Haben Sie Hunger?«, fragte Weston und warf ihr einen verstohlenen Blick zu.
Milla schüttelte den Kopf.
»Ist auch besser, wenn Sie vor Ihrer ersten Transition keinen Appetit haben.«
Was redet er da? Milla zuckte lediglich die Achseln und sah sich in der Cafeteria um.
Die Schiffsmesse war gut besucht, denn viele Offiziere und Wissenschaftler hatten beschlossen, während der letzten Stunden innerhalb dieses Sternsystems noch Energie zu tanken, ehe sie auf ihre Posten und zu ihren Instrumenten zurückkehrten. Der Großteil der Besatzung saß in kleinen Gruppen zusammen und war in lebhafte Gespräche vertieft. Doch Milla sah auch einige, die allein waren. In einer Ecke entdeckte sie Stephanos, der etwas trank und dabei auf einen großen Schirm starrte.
»Was macht er da drüben?«
Weston folgte ihrem Blick. »Steph ist hin und wieder ganz gern allein. Wahrscheinlich sieht er sich ein Video an.«
»Aha.« Wie seltsam, ich hätte ihn nicht für einen Einzelgänger gehalten.
Milla blickte auffällig lange zu dem jungen Piloten hinüber, bis Captain Weston sie schließlich weiter in den Saal hineinführte. Beide zogen viele Blicke und Getuschel auf sich, denn einige Besatzungsmitglieder erkannten in ihr die Überlebende aus dem Weltall. Milla ließ den Blick umherschweifen, musterte die Einrichtung der Messe und die Besatzungsmitglieder, bis ihr Blick wieder an dem Bildschirm hängen blieb, auf den Stephanos starrte. Gerade war darauf zu sehen, wie ein Mann mit irgendeiner Waffe auf mehrere Angreifer schoss und trotz irgendwelcher albernen Sperenzchen sogar traf.
Weston folgte Millas Blick und rümpfte die Nase über die Bilder. »An Ihrer Stelle würde ich nicht viel darauf geben. Das ist nur irgendein Unterhaltungsprogramm. Nichts davon ist echt.«
»Ein Unterhaltungsprogramm?« Plötzlich sah Milla die Bilder mit anderen Augen. Die finden das also unterhaltend, anderen Menschen beim Sterben zuzugucken?
»Ja, wenn man das so nennen will. Wegen des Spannungseffekts gelten solche Programme als kleinster gemeinsamer Nenner des Publikumsgeschmacks. Selbst Leute wie Sie, die Gewalttätigkeit verabscheuen – ja, das ist Ihnen leicht anzumerken, Milla –, können sich der Spannung nur schwer entziehen.«
Sie gab Weston innerlich recht. Es fiel ihr schwer, den Blick von den ständigen Action-Szenen auf dem Schirm abzuwenden. Doch als sie sich umsah, fiel ihr auf, dass außer Stephanos niemand das Filmgeschehen wirklich verfolgte. Und selbst er wirkte nicht sonderlich interessiert.
»Das muss ja wirklich ein ziemlich großes Schiff sein, Capitaine. Die meisten Schiffe, die ich gesehen habe, kümmern sich längst
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