Ödland - Thriller
Fuller, auch wenn er vielleicht mit ihm zu tun hat. Der, dessen Gesicht du gesehen hast, ist viel, viel schlimmer. Dieser Zwerg ist eine Art Dämon ... Er ist der Feind der gesamten Menschheit.«
SIEBTES KAPITEL
Gegenwind
Lasst uns weinen, meine Freunde. Beweinen wir die schönen Dinge dieser Welt, die jetzt der Vergangenheit angehören. Beweinen wir die guten Zeiten, die für immer dahin sind, und die Erinnerung daran, die uns geblieben ist.
Beweinen wir den Tod des letzten Eisbären, der auf einem Stück Eisberg meilenweit entfernt vom rar gewordenen Packeis verhungert ist.
Beweinen wir das Massensterben der Pinguine in der Antarktis, die den tödlichen, von keiner Ozonschicht aufgehaltenen UV-Strahlen der glühenden Sonne zum Opfer gefallen sind.
Weinen wir um den letzten, kümmerlichen Rest Regenwald am Amazonas, den man als armselige Touristenfalle erhalten hat und wo falsche Indianer schlecht dafür bezahlt werden, die echten, längst verschwundenen Eingeborenen zu ersetzen.
Beweinen wir den Tod des letzten Wals, der seinem Leben selbst ein Ende gesetzt hat, indem er in einer Bucht strandete, deren Namen ich mit Rücksicht auf seine letzte Ruhestätte verschweigen möchte.
Weinen wir um die inzwischen fünfunddreißigste Insel, die der steigende Spiegel der Ozeane verschlungen hat. Es ist die Insel Tarawa im Kiribati-Archipel im Pazifik. Weinen wir auch um die schillernden Korallen, von denen nur noch gebleichte, leblose Skelette geblieben sind.
Weinen wir um den Tod des ältesten Baumes der Welt, einer Zypresse im Iran, deren Alter auf 5000 Jahre geschätzt wurde. Und um den Tod des höchsten Baumes, einer Sequoia in Kalifornien, die 112 Meter maß; beide wurden von Trockenheit und saurem Regen zugrunde gerichtet.
Beweinen wir die 30 Millionen Menschen, die in diesem Jahr durch die Klimakatastrophe und ihre Folgen ums Leben kamen - durch Hitzewellen, Dürre, Überschwemmungen, Erdrutsche, Lawinen, Tornados, Zyklone und sintflutartige Regenfälle ...
Weinen wir auch um uns, meine Freunde. Trauern wir um unser bevorstehendes Ende.
Und doch dürfen wir uns freuen. Denn eines Tages werden die schönen Zeiten zurückkehren - in mehreren Zehntausend Jahren.
Dieses poetische Intermezzo wurde Ihnen präsentiert von Universal Seed, dem absolut wetterbeständigen Saatgut.
Struggle for life
Hier ist Radio Oasis, der Sender für Touat und Gourara auf 103,9. Guten Tag, liebe Hörer. Es ist zwölf Uhr. Sie hören unsere Kurznachrichten. Detailliertere Informationen finden Sie auf unserer Website Oasis.dz unter der Rubrik »Aktuelles«. Die Nachricht des Tages ist natürlich nach wie vor das Gewitter, das gestern über der Region Timimoun niederging. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen wurde noch nie ein Gewitter dieser Stärke registriert ...
»... Mittlerweile ist das für die sintflutartigen Regenfälle verantwortliche Tiefdruckgebiet von der Roten Oase abgezogen. Seit dem katastrophalen Gewitter werden in Touat und Gourara extrem hohe, geradezu lähmende Temperaturen gemessen. Die Bewohner der Region stehen noch immer unter Schock. Nur zögernd wagen sie sich in die Trümmer ihrer hundert Jahre alten Häuser zurück, die den Wassermassen nicht standhalten konnten. Sie versuchen, zumindest das Nötigste zu retten. Angesichts der jetzt herrschenden Todesstille können wir kaum glauben, dass in den engen Gassen nur wenige Stunden zuvor noch reißende Wildbäche tobten.
Alte Männer lehnen an den verbliebenen Mauern und kommentieren fassungslos die schrecklichen Ereignisse der Nacht. Am Eingang zum Ksar versucht ein junger Mann, sich durch die Schlammmassen zu wühlen, die den Eingang seines völlig zerstörten Hauses versperren. Menschen irren durch die Ruinen und suchen nach vermissten Familienmitgliedern, die möglicherweise noch unter Schlamm und Sand begraben liegen. In all den schmalen Sträßchen, in die kaum jemals ein Sonnenstrahl dringt, zeigt sich uns das gleiche, traurige Bild. Die aus den traditionellen, ohnehin bereits von der Witterung angegriffenen Lehmziegeln erbauten Häuser hatten im Starkregen nicht die geringste Chance. Wohin wir auch schauen, sehen wir eingestürzte Häuser, verwüstete Wohnviertel und herumliegende Gegenstände, die ein beredtes Zeugnis von der überstürzten Flucht der Menschen geben.
Mit gebeugtem Rücken betreten wir eine der Ruinen. Drinnen riecht es modrig nach einer Mischung aus feuchtem Sand und getrockneten Datteln. Mühsam erklimmen wir die mit Trümmern
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