Öffne deine Seele (German Edition)
allerdings nicht feststellen lässt, ist die Identität der Kunden. Falk Sieverstedt kam es, wie es scheint, tatsächlich ausschließlich auf seine Mutter an. Und was den Konsul anbetrifft …»
Sein Blick ging zu Klaus Matthiesen, der hilflos die Schultern hob. «Nichts. Es sieht wirklich so aus, als wäre er am Kinderhandel nicht beteiligt gewesen. Allerdings hatte er auch so genug unsaubere Geschäfte am Laufen, auf die wir jetzt mehr oder weniger durch Zufall gestoßen sind. Grund genug, dass er sich die Flinte genommen hat, als wir mit Blaulicht angerückt sind, war das allemal.»
Albrecht neigte stumm den Kopf.
Die Wahrheit, dachte er. Wer in der Tragödie um den Untergang des Hauses Sieverstedt nun eigentlich der Schurke gewesen war, ließ sich unmöglich sagen.
«Danke», murmelte er. «Ein echtes Opfer gab es allerdings auf jeden Fall unter den Sieverstedts: den Sohn. Hauptmeister Winterfeldt, Sie haben uns die Vorgänge zusammengestellt.»
«Aloha!», begann Winterfeldt geradezu vergnügt. Der Computermann musste bereits auf seinen Auftritt gewartet haben. «Ich hab da am Laptop was vorbereitet, damit wir …»
«Mir reicht es aus, wenn Sie erzählen. Bitte.»
Der junge Beamte sah ihn aus großen Augen an, klappte dann aber mit Leidensmiene seinen Rechner zu.
«Gut», sagte er und betrachtete seine Zettelwirtschaft. «An der Identität des Täters gibt es natürlich keinen Zweifel. Nachdem wir in den letzten Wochen die letzten beiden Jahrgänge von Second Chance durchkontrolliert haben und auch die Ergebnisse von Martin Eulers Obduktionen jetzt vorliegen, sieht es so aus, dass wir ihm mindestens fünf Opfer zuschreiben können … also … müssen , meine ich. Mit Falk Sieverstedt, ohne Hannah.» Er begann aufzuzählen. «Jasmin Vedder, das Mädchen vom Reiterhof. Silke Lewandowsky, die alkoholkranke Mutter. Lutz Pelling, ein Monteur, der seine Freundin verprügelte, bis sie ihn verlassen hat. Und Verena Tzschichl, eine Lehrerin aus Poppenbüttel. Wie es aussieht, hat sie nur bei Marius angerufen, weil ihr langweilig war so alleine. Das war ihr Fehler. Da muss er einen besonders üblen Tag gehabt haben.»
«Wie ist Folkmar jeweils vorgegangen?»
«Oh … Das war im Grunde ganz simpel. Er saß in der Zentrale und konnte die eingehenden Anrufe verfolgen. Marius hat sich meistens geweigert, mit Leuten zu sprechen, die ihre Rufnummer unterdrückt haben, also war es ganz einfach, die Namen zuzuordnen. Dann musste er nur noch auf eine Gelegenheit warten, an die Leute ranzukommen, und danach wird es wohl immer dasselbe gewesen sein: Er hat eine Lobotomie vorgenommen und die Sache dann wie einen Selbstmord aussehen lassen. Beziehungsweise wie einen Mord im Fall von Falk. Dass die Leute irgendwie neben der Spur waren, war in ihrem Umfeld bekannt. Irgendjemand hat immer mitgekriegt, dass sie bei Marius angerufen hatten. Die Lobotomie wurde jeweils durch die Petechien verdeckt – wer sollte also misstrauisch werden?»
Albrecht nickte stumm.
Und doch hatte der Täter nicht vorgehabt, auf ewig im Verborgenen zu bleiben. Der Versuchsaufbau im ehemaligen Bergwerksstollen war lange vorbereitet worden. Irgendwann, daran bestand kein Zweifel, hatte Folkmar seinem Meister zeigen wollen, wohin sein Weg als Werkzeug der Gerechtigkeit ihn geführt hatte.
Und in Hannah hatte er die ideale Kandidatin gefunden.
«Damit bleibt nur noch eine Frage offen», sagte er. «Und zwar der Anfang. Für uns. Warum der Dahliengarten?»
«Stimmt.» Winterfeldt nickte. «Das ist knifflig, und im Grunde sind wir da auf Vermutungen angewiesen. Also, wie ich mir das zusammenreime: Folkmar ist Falk eine Weile lang gefolgt. Wahrscheinlich hat er das bei allen Opfern so gemacht – auf dem Hof in Duvenstedt hat er sich zwei Tage vorher sogar mit den Herbergseltern unterhalten. Er hat Falk beobachtet und mitgekriegt, dass er abends viel unterwegs war, an ziemlich einschlägigen Locations. Falk war natürlich dem weißen Kastenwagen auf der Spur, aber das konnte Folkmar nicht wissen. Er sieht nur Falk, der sich zwischen die Büsche duckt und Fotos macht, und für ihn ist die Sache klar: Falk ist ein Spanner, und irgendwann wird er mal richtig Ärger kriegen mit den Leuten, die er da ständig fotografiert. Der bekannteste Treffpunkt für solche Leute ist der Volkspark rund um den Dahliengarten. Damit war auch das ganz logisch.»
«Ganz logisch», murmelte Albrecht. «Wenn wir die Zusammenhänge einmal kennen. Wenn uns klarwird, an
Weitere Kostenlose Bücher