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Öffne deine Seele (German Edition)

Öffne deine Seele (German Edition)

Titel: Öffne deine Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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aufgeschlagen daneben.
    Hatte er eine Wahl?
    Er hatte sich im Geiste eine Aufstellung gemacht: die Gründe, die dafür, die Gründe, die dagegen sprachen.
    Wenig hatte gefehlt, und er hätte sie tatsächlich schriftlich notiert.
    Am Anfang stand Friedrichs.
    Am Anfang standen seine Mitarbeiter.
    Am Anfang stand nicht zuletzt er selbst.
    Hatte er mit zweierlei Maß gemessen?
    Es war keine Frage, dass Friedrichs befangen war, sobald ihr Winkeladvokat ins Spiel kam. Albrecht hatte nur eine ungefähre Ahnung von dem, was im Herbst zwischen den beiden geschehen sein musste. Doch sie war deutlich genug.
    War er selbst befangen? Mit Sicherheit war er das. Doch hatte er nicht seine Gründe gehabt, gerade diese Befangenheit als eine Verpflichtung zu empfinden?
    Niemand konnte sagen, auch jetzt noch nicht, welche Rolle der Konsul bei Falk Sieverstedts Tod gespielt hatte.
    Welcher andere Ermittler würde in der Lage sein, einer der führenden Persönlichkeiten der Hamburger Gesellschaft mit jener Härte entgegenzutreten, die unerlässlich war, um einen Friedrich Sieverstedt in die Knie zu zwingen? Welcher Ermittler würde es wagen, sich der Polizeipräsidentin offen zu widersetzen, sollten die besseren Kreise der Hansestadt versuchen, Einfluss auf die Ermittlung zu nehmen?
    Er kannte niemanden.
    Nein, seine Befangenheit war von einer eigenen Art.
    Doch wie sollte er Hannah Friedrichs und den Kollegen diese Zusammenhänge erklären?
    Er sah keine Möglichkeit.
    Aber er hatte Friedrichs’ Blick gesehen.
    Verrat. So musste es sich anfühlen, nicht für die Kommissarin allein, sondern für alle seine Mitarbeiter, wenn die Zusammenhänge früher oder später bekannt werden würden.
    Er musste ein Zeichen setzen. Um ihretwillen, aber nicht zuletzt auch um seinetwillen.
    Auf der anderen Seite stand Elisabeth.
    Er musste eine Möglichkeit finden, sie zu warnen.
    Falk war tot. Was hielt sie noch bei diesem Mann? Was hielt sie noch, ausgenommen ein gesamtes gemeinsames Leben? Albrecht stieß den Atem aus. Er ahnte, wie sie auf seine Warnung reagieren würde.
    Und er wusste , wie Friedrich Sieverstedt reagieren würde, ganz gleich, ob er lediglich vermutete oder seit eineinhalb Jahrzehnten sicher wusste, was zwischen seiner Frau und Jörg Albrecht geschehen war.
    Solange es nur eine Sache zwischen ihnen dreien gewesen war und die Öffentlichkeit nichts davon ahnte, hatte sich der Konsul damit zufriedengeben können, Elisabeths Leben in eine Hölle zu verwandeln, Tag und Nacht.
    In dem Moment aber, in dem das Statement des Hauptkommissars öffentlich wurde …
    Albrecht schüttelte den Kopf.
    Das war die letzte Frage. Jene Frage, über der er mit sich gerungen hatte.
    Wie in jeder Behörde gab es auch in der hansestädtischen Polizei ein geordnetes Verfahren für das, was er vorhatte: eine Selbstanzeige bei der zuständigen Dienststelle, anschließend vermutlich seine vorübergehende Suspendierung – der übliche disziplinarrechtliche Vorgang.
    Genau hier aber fehlte ihm das Vertrauen.
    Er hatte es erlebt, im vergangenen Winter. Er hatte erlebt, wie Isolde Lorentz sämtliche – berechtigten – Vorwürfe gegen Albrecht und die Mitarbeiter seiner Abteilung niedergeschlagen und im selben Atemzug die entscheidende Akte vom Tisch genommen hatte, aus der die Verwicklung führender Kreise der Stadt – und, wer weiß, vielleicht auch Lorentz’ selbst – in die Vorgänge im Rotlichtmilieu hätte deutlich werden können.
    Am Ende hatten für Jörg Albrecht sechs Monate Zwangsurlaub gestanden. Irgendetwas in dieser Richtung würde auch diesmal das Ergebnis sein, wenn er diesen Weg wählte.
    Nein, das Was war nicht mehr die Frage.
    Die Frage war das Wie .
    Die Frage war das Timing.
    Er sah auf die Uhr. Noch mehr als eineinhalb Stunden bis zum Beginn der Pressekonferenz. Er durfte erst auf den allerletzten Drücker eintreffen, durfte der Lorentz keine Chance geben, ihm ihren Rhythmus aufzuzwingen.
    Selbstredend ahnte sie nichts vom Inhalt seines Statements.
    Umso wichtiger würde sein, dass es ganz am Anfang stand.
    Was dann auf diesen Anfang folgen würde, da hatte er wenig Zweifel.
    Wenn auf eines Verlass war in der Freien und Hansestadt, dann war es die Sensationsgier der Medien und die Eifersüchteleien innerhalb der Politik.
    Dann würde der disziplinarrechtliche Prozess tatsächlich seinen Gang nehmen, und Albrecht würde die Chance bekommen, sich zu erklären.
    Doch am Ende konnte nur der einstweilige Ruhestand stehen.
    Was dabei

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