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Öffne die Augen: Thriller (German Edition)

Öffne die Augen: Thriller (German Edition)

Titel: Öffne die Augen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franck Thilliez
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besessen war von dem Einfluss der Bilder auf den Menschen. Von ihrer Wahrhaftigkeit, ihrer Kraft und auch von ihrer zerstörerischen Macht. Ein Visionär, der seiner Zeit weit voraus war.
    Lucie, die mit halb geschlossenen Augen auf dem Sofa lag, begann zu begreifen, warum Lacombe nie der Durchbruch gelungen war. Diese Crash Movies waren nicht nur unglaublich langweilig, sondern auch höchst seltsam. Wer sollte sich einen Film mit dem Titel Der Schläfer ansehen, der vier Minuten lang nichts anderes zeigte als einen schlummernden Mann? Oder der in Zeitlupe aufgenommene Lidschlag, der dann drei Minuten lang vorgeführt wurde. Es gab auch das Crash Movie Nr. 12, das jede Sekunde des zwölfminütigen Films anzeigte und zählte, was zu einer schlichten Abfolge von Ziffern führte. Die Filme waren so verstörend und unverständlich wie der Geist ihres Schöpfers.
    Als der Wecker ihrer Armbanduhr um 6:55 Uhr klingelte, lag Lucie, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und den Blick an die Decke gerichtet, da. Sie hatte höchstens ein oder zwei Stunden geschlafen. Benommen erhob sie sich und tastete sich zum Bad. Sie gähnte ausgiebig und lautlos. Der Tag würde hart werden.
    Im Badezimmer war alles peinlich genau aufgeräumt. Eine neue Zahnbürste in einem Becher, blaue, perfekt symmetrisch gefaltete Handtücher, ein Rasierapparat mit blitzender Klinge, saubere Wanne mit einem Duschkopf darüber. Es gab auch ein Arzneischränkchen. Eines jener kleinen Möbelstücke, die mehr über ein Leben aussagen als lange Erklärungen. Lucie betrachtete sich im Spiegel an der Tür. Sie könnte ihn öffnen und einen Blick auf die Medikamente werfen, noch tiefer in Sharkos Intimsphäre eindringen. Was gab es in dem Schränkchen? Antidepressiva? Aufputschmittel? Angsthemmer? Oder einfach nur Vitamine und Aspirin?
    Sie seufzte und drehte den Wasserhahn der Dusche auf. Die Tropfen prasselten kalt auf das Emaille der Badewanne. Lucie hatte Sharkos Bitte verstanden: Er wollte noch einmal jenen Moment des Aufwachens erleben, wenn die Sinne noch von den Träumen benommen sind, und die Illusion haben, seine Frau sei da.
    Noch einmal daran glauben, und sei es auch nur für den Bruchteil einer Sekunde.
    Lucie ließ das Wasser laufen und kehrte leise ins Wohnzimmer zurück. Kurz darauf hörte sie eine Tür klappen… der Wasserhahn wurde zugedreht… und in der nächsten Viertelstunde fuhren die kleinen Züge der Modelleisenbahn über ihre Schienen.
    Später tauchte ein elegant gekleideter Sharko auf. Weißes Hemd mit blauen Streifen, Krawatte, graue Leinenhose. Als er in die Küche ging, verströmte er einen leichten Duft nach Eau de Toilette, das Lucie als Fahrenheit identifizierte. Von diesem Mann ging jener beruhigende Eindruck von Kraft aus, der Lucie schon so lange fehlte. Sie fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und unterdrückte ein Gähnen.
    Sharko schaltete das Radio ein. Eine flotte Melodie erfüllte den Raum. Die Dire Straits, da kam gute Laune auf.
    » Ich frage lieber nicht, ob Sie gut geschlafen haben… Kaffee?«
    » Gern. Schwarz und ohne Zucker.«
    Während er ein Pad in die Maschine gab, sah er sie von der Seite an. Als sich ihre Blicke trafen, schaute er zum Schrank und nahm einen Löffel heraus.
    » Ich vermute, Ihre Recherchen über Lacombe haben nichts Besonderes ergeben, sonst hätten Sie mich sicher mitten in der Nacht aufgeweckt.«
    Lucie kam lächelnd näher.
    » Nicht viel mehr als das, was uns Judith Sagnol schon erzählt hat. Ein mysteriöser Typ, der sich 1951 in Luft aufgelöst zu haben scheint. Seither keine Neuigkeiten mehr. Ich habe ebenfalls über das ›Syndrom E‹ recherchiert, auch auf wissenschaftlichen und medizinischen Seiten. Kein Ergebnis. Was man im Internet nicht findet, ist zwangsläufig sehr geheim.«
    Sharko reichte ihr den Kaffeebecher und machte sich daran, eine Pflanze am Fenster zu gießen.
    » Machen Sie sich lieber frisch. Ich habe zwar schon lange keine Frau mehr beim Aufwachen gesehen, aber ich kann Ihnen versichern, dass Sie nicht gerade topfit aussehen.«
    » Das liegt daran, dass ich die ganze Nacht nachgedacht habe.«
    » Natürlich.«
    » Wir müssen nach Kanada, Hauptkommissar…«
    Sharko zögerte kurz und stellte dann seine Gießkanne ab. Sein Blick hatte sich verfinstert.
    » Auch mich lassen die Bilder der Kinder nicht mehr los, was glauben Sie denn? Ich habe ihre Angst gesehen, dann den Wahnsinn in ihren Augen, ihre Gesten. Ich weiß, dass die, die sich hinter der Kamera

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