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Öffne die Augen: Thriller (German Edition)

Öffne die Augen: Thriller (German Edition)

Titel: Öffne die Augen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franck Thilliez
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Beide in einem gestörten Geist vereint.«
    Lucie spürte eine Art Fieber in sich aufsteigen. Mitten in ihrem Urlaub saß sie in einem Filmlabor und glitt plötzlich in jene abartige Welt, mit der sie auf dem Revier täglich zu tun hatte.
    » Wie meinen Sie das?«
    » Es gibt Bilder, die man zumindest als… äußerst eindrucksvoll bezeichnen muss. Sie haben es sicher bereits gespürt, ohne zu verstehen, warum.«
    » Ja, ein Gefühl von Beklemmung. Vor allem die Anfangsszene mit dem Auge lässt einem gleich das Mark in den Knochen gefrieren.«
    » Es handelt sich natürlich um eine Trickaufnahme. Der aufgeschnittene Augapfel ist der eines Tieres, vielleicht eines Hundes. Doch diese Szene zeigt vor allem, dass das Auge an sich nur wie ein Schwamm ist, der das Bild aufnimmt, eine glatte Oberfläche, die den Sinn der Dinge nicht begreift. Und dass man, um wirklich zu sehen, diese glatte Oberfläche durchstoßen, auf die andere Seite treten muss. In den Film hinein…«
    Claude Poignet drehte seine Kurbel weiter, bis auf der Mattscheibe eine völlig nackte Frau auftauchte. Üppiger Busen, provokante Haltung– es handelte sich um die hochmütige Schauspielerin aus der Eingangsszene, deren Augapfel durchschnitten wurde. Sie stand vor einem dunklen, wenig kontrastreichen Dekor. Von hinten näherten sich auf diesem unbewegten Bild Dutzende von Händen, um ihre Brüste und ihr Geschlecht zu ertasten. Die Männer selbst waren nicht zu erkennen, sie waren offenbar ganz in Schwarz gekleidet, ähnlich wie die Gehilfen eines Zauberers auf der Bühne. Der Restaurator drehte den Film ein Bild weiter, und man sah das kleine Mädchen auf der Schaukel. Das Gesicht war auf den Millimeter genau an derselben Stelle wie das der Frau.
    » Das fünfundzwanzigste Bild, wie man gemeinhin sagt, selbst wenn es sich in diesem Fall um das einundfünfzigste handelt. Der Film ist voll davon. Er stammt aus dem Jahr 1955, offiziell wurden die Subliminals erst im Jahr 1957 von dem amerikanischen Werbefachmann James Vicary zum ersten Mal eingesetzt. Ich muss sagen, wirklich eindrucksvoll.«
    Lucie kannte das Prinzip der Subliminals: Es handelte sich um Bilder, die so kurz auftauchen, dass das Auge sie nicht erfassen kann, während das Gehirn sie dennoch » gesehen« hat. Die Polizistin erinnerte sich, dass François Mitterand 1988 diese Technik angewandt hatte: Das Gesicht des Präsidentschaftskandidaten war während des Vorspanns der Nachrichten im zweiten Programm aufgetaucht, allerdings nicht lange genug, als dass der Zuschauer es bewusst hätte wahrnehmen können.
    » Der Regisseur war also eine Art Vorreiter?«
    » Auf jeden Fall jemand, der sehr begabt war. Der berühmte Georges Méliès hatte hinsichtlich der Spezialeffekte und Manipulation des Rohfilms alles erfunden, nicht aber die Subliminals. Und Sie dürfen nicht vergessen, dass wir uns in den Fünfzigerjahren befinden– eine Zeit, zu der die Forschung über die Wirkung von Bildern auf Gehirn und Geist noch in den Kinderschuhen steckte. Einer meiner Freunde arbeitet im Neuromarketing, ich gebe Ihnen seine Adresse. Wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich ihm übrigens auch den Film zukommen lassen. Mit seinen perfektionierten Maschinen kann er vielleicht etwas entdecken, was meinen Augen entgangen ist.«
    » Nein, ganz im Gegenteil, tun Sie das.«
    Er suchte in einem Körbchen voller Visitenkarten.
    » Hier ist seine Karte, für alle Fälle. Er kann Ihnen mehr über die Subliminals, die Wirkung von Bildern auf Gehirn und Geist erzählen als ich. Ist Ihnen klar, wie sehr man uns heute manipuliert, ohne dass wir es bemerken? Haben Sie Kinder?«
    Lucies Gesicht erhellte sich.
    » Ja, Zwillinge, Clara und Juliette. Sie sind acht Jahre alt.«
    » Und Sie haben sie sicher schon Bernhard und Bianca anschauen lassen?«
    » Ja, wie alle Mütter.«
    » In diesem Zeichentrickfilm gibt es ein subliminales Bild: An einer bestimmten Stelle ist in einem Fenster eine nackte Frau versteckt. Sicher eine kleine persönliche Spielerei des Zeichners, aber keine Angst, das wirkt sich nicht auf die Kinder aus, es ist viel zu klein! Trotzdem hat während der ganzen Auswertungszeit niemand etwas davon bemerkt.«
    Lucie betrachtete das Bild des nackten Starletts. Ein glatter Skandal für die damalige Zeit.
    » Wie hat unser Regisseur es angestellt, die subliminalen Bilder in den Film zu schmuggeln?«
    » Sie haben doch in der Schule sicher Ausschneiden und Zusammenkleben gelernt? Genauso geht man hier vor. Er hat

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