Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
sah, wie ein Wesen aus der Kammer kam, aufstand und zusammenhängend redete. Ich habe mich auch mit ihm unterhalten. Und ich war Zeuge, wie man es in einen Venusier verwandelt hat. Das heißt aber noch lange nicht, daß es sich dabei auch um den echten Lazarus handelte. Sie könnten einen Lazarus bauen, nicht war, Noel?“
    „Wenn ich wollte – aber warum sollte ich?“
    „Das liegt doch auf der Hand: um die Harmonisten unter Kontrolle zu bekommen.“
    „Wenn ich etwas gegen die Harmonisten hätte“, erklärte Vorst geduldig, „hätte ich sie schon vor fünfzig Jahren ausgelöscht, noch bevor sie die Venus übernehmen konnten. Sie sind schon ganz in Ordnung. Und dieser junge Mann, Mondschein – aus dem ist doch wirklich etwas geworden.“
    „Er ist kein junger Mann mehr, Noel. Er zählt mindestens achtzig Jahre.“
    „Also ein Kind.“
    „Wollen Sie mir sagen, ob dieser Lazarus echt ist?“
    Vorsts Lider zitterten irritiert: „Er ist echt, Kirby. Zufrieden?“
    „Wer hat ihn in die Kammer gesteckt?“
    „Ich nehme an, seine eigenen Leute.“
    „Die dann schnell alles wieder vergessen haben?“
    „Nun, vielleicht waren es auch meine Leute – ohne von mir dazu autorisiert worden zu sein, ohne mir etwas davon zu sagen. Das ist alles schon so lange her.“ Vorsts Hände bewegten sich mit raschen, aufgeregten Gesten. „Wie soll ich mich an das alles noch erinnern können? Man hat ihn gefunden, und wir haben ihn zum Leben wiedererweckt. Ich habe ihm das Leben zurückgegeben. Sie gehen mir auf die Nerven, Kirby.“
    Kirby bemerkte, daß er gerade ein Minenfeld betreten hatte. Er hatte Vorst so weit in die Enge getrieben, wie das bei ihm nur irgend möglich war; jeder weitere Schritt würde für Kirby verheerende Folgen haben. Er hatte miterlebt, wie andere Leute sich zu stark auf ihr vertrautes Verhältnis zu Vorst verlassen hatten; und er hatte miterlebt, wie dieses Verhältnis unwiederbringlich zerbrochen war.
    „Es tut mir leid“, sagte Kirby.
    Vorsts schlechte Laune verschwand. „Sie überschätzen meine Intrigen, Kirby. Hören Sie auf, sich Gedanken über Lazarus’ Vergangenheit zu machen. Setzen Sie sich lieber mit der Zukunft auseinander. Ich habe ihn den Harmonisten überreicht. Und er wird sich für sie als wertvoll erweisen, ob sie das nun selbst auch so sehen oder nicht. Sie sind mir zu Dank verpflichtet. Ich habe ihnen eine ordentliche und schwere Schuldenlast auf die Schultern gelegt. Glauben Sie nicht, daß so etwas ganz nützlich ist? Sie schulden mir jetzt etwas. Und wenn der richtige Moment gekommen ist, werde ich diese Schuld eintreiben.“
    Kirby blieb stumm. Er spürte, daß Vorst irgendwie das Machtgleichgewicht zwischen den beiden Kulten verändert hatte; daß die Harmonisten, die sich bislang immer auf dem aufsteigenden Ast befunden hatten, seit sie die Venus und ihre reiche Ernte an Espern in die Hand bekommen hatten, auf den Teppich zurückgeholt worden waren. Aber er wußte nicht, wie Vorst das alles in die Wege geleitet hatte, und er hegte auch keine Lust, erneut Nachforschungen anzustellen.
    Vorst war gerade mit seinem Kommunikator beschäftigt. Er sah zu Kirby auf.
    „Ein Esper steht kurz vor dem Ausbrennen“, sagte er. „Da will ich dabeisein. Begleiten Sie mich, ja?“
    „Selbstverständlich“, sagte Kirby.
    Er folgte dem Gründer durch das Labyrinth der Gänge. Sie erreichten die geschlossene Abteilung. Ein Esper lag dort im Sterben. Diesmal war es ein Junge, möglicherweise ein Hawaiianer. Sein Körper wand sich, als stecke er an einem Spieß.
    Vorst sagte: „Wie schade, Kirby, daß Sie keine PSI-Fähigkeiten haben. Sie könnten dann nämlich einen Blick in die Zukunft tun.“
    Vorst rollte näher an das Sterbelager heran und gab einem wartenden Esper ein Zeichen. Die Verbindung wurde hergestellt; Kirby beobachtete die Szene. Was mochte Vorst jetzt erfahren? Die Lippen des Gründers bewegten sich, schienen sich irgendwie zu einem Hohnlächeln zu verziehen und fuhren mit jeder Bewegung des Esperkörpers vom Zahnfleisch zurück. Der Junge würde auf der Zeitlinie hin und her gestoßen, so sagte man. Für Kirby war das ohne Bedeutung. Und der Körper des Gründers schien mit ihm hin und her zu stoßen; er sah nebelhaft das Bild der Welt jenseits der Mauer der Zeit.
    Jetzt – jetzt – vor – zurück –
    Einen Moment lang kam es Kirby so vor, als sei er Teil der Verbindung geworden und schaukele ebenfalls auf der Zeitlinie wie der andere Mitreisende des Espers. War

Weitere Kostenlose Bücher