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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Ärzte des Noel-Vorst-Zentrums für Biologische Forschung die Protein-Protein-Rekognitationsmuster eines menschlichen Gehirns um: hier ein wenig die Kreisläufe umdirigieren, dort die transsynaptischen Strukturen ändern, um eine bessere Verbindung zwischen den prä- und den postsynaptischen Membranen herzustellen, und dort die einzelnen synaptischen Inputs von einem dendritischen Netz zu einem anderen umzuleiten. Kurz gesagt, sie wollten das Gehirn so umprogrammieren, daß es in der Lage war, das zu leisten, was Vorst von ihm an Fähigkeiten sich erhoffte.
    Und das hieß im Klartext nichts anderes, als daß das Gehirn als Antriebskraft gebraucht wurde, um ein Entdeckungsteam über das Meer der Lichtjahre zu einem anderen Sternsystem zu transportieren.
    Es war ein ganz und gar außergewöhnliches Projekt. Seit mindestens fünfzig Jahren hatten die Chirurgen hier in Vorsts Santa-Fe-Forschungszentrum daran gearbeitet, indem sie an den Gehirnen von Katzen, Affen und Delphinen experimentiert hatten. Jetzt waren sie schließlich soweit, es auch an Menschen zu versuchen. Der Patient auf dem Operationstisch war ein mittelmäßig begabter Esper; er konnte in die Zukunft sehen, war aber zu schwach im Zeitstrom verankert. Seine Lebenserwartung betrug noch sechs Monate; dann mußte mit seinem Ausbrennen gerechnet werden. Der Esper wußte darüber Bescheid; das war auch der Grund gewesen, warum er sich freiwillig zu diesem Experiment gemeldet hatte. Jetzt arbeiteten die fähigsten Chirurgen der Welt an seinem Gehirn.
    Aber Vorst wußte, daß zwei Dinge an diesem Projekt grundverkehrt waren:
    Mit einem Erfolg konnte kaum gerechnet werden.
    Und ein sichtbarer Nutzen ließ sich nicht feststellen.
    Dennoch sagte man einer Gruppe von Fachleuten nicht ins Gesicht, daß ihr Lebenswerk sinnlos sei. Davon abgesehen gab es immer eine schwache Hoffnung, daß es doch gelingen könnte, auf künstliche Weise dort unten einen Esper zu schaffen, der Gegenstände bewegen konnte – einen Telekineten. Also nahm Vorst pflichtgemäß an der Operation teil. Die Männer auf der eigentlichen Operationsfläche wußten, daß der gottgleiche Gründer unter ihnen weilte. Obwohl sie niemals zu der Galerie hinaufsahen, wo Vorst saß, wußten sie genau, daß der verwelkte, aber immer noch tatkräftige Mann, der seine gealterten Glieder durch den Webschaumsessel vor der irdischen Schwerkraft schützte, gnädig auf sie hinablächelte.
    Vorsts Augenlinsen waren synthetisch. Die Windungen seiner Innereien waren durch wirksame Polymere ersetzt worden. Das unermüdlich pumpende Herz stammte von der Organbank des Zentrums. Außer dem Gehirn war nur wenig vom eigentlichen Noel Vorst übriggeblieben; dieses war bis auf die eingebauten Antikoagulantien, die es vor Blutgerinnseln schützen sollten, noch intakt.
    „Sitzen Sie bequem, Sir?“ fragte der blasse junge Altardiener an seiner Seite.
    „Ausgezeichnet. Und Sie?“
    Der Altardiener lächelte über den kleinen Scherz Vorsts. Er war erst zwanzig Jahre alt und voller Stolz, daß er an der Reihe war, den Gründer heute bei seinem alltäglichen Ausflug zu begleiten. Vorst mochte junge Menschen sehr gern in seiner Nähe haben. Sie zitterten natürlich fast vor Ehrfurcht, aber es gelang ihnen, ihm herzlich und respektvoll zu begegnen, ohne gleich zu Speichelleckern zu werden. In Vorsts Körper pochten die Organe von vielen jungen, freiwillig spendenden Vorstern: Einer hatte ein Stück Lunge gegeben, ein anderer ein Stück Netzhaut, und ein Zwillingspärchen hatte je eine Niere gegeben. Vorst war ein zusammengestückeltes Wesen, der das Fleisch seiner eigenen Bewegung in sich trug.
    Die Chirurgen beugten sich jetzt unten tief über das freigelegte Gehirn. Vorst konnte nicht erkennen, was sie nun taten. Eine Kamera, die direkt in eines der chirurgischen Instrumente eingebaut worden war, übertrug die Szene auf einen hellen Bildschirm, der in Höhe der Besuchergalerie angebracht war, aber selbst auf der vergrößerten Wiedergabe konnte Vorst nicht viel erkennen. Obwohl er enttäuscht und gelangweilt war, behielt er seine Miene von höchstem Interesse bei.
    Unbemerkt drückte er auf einen Knopf an seinem Armlehnenkommunikator und sagte: „Wird Koordinator Kirby bald erscheinen können?“
    „Er spricht gerade mit der Venus, Sir.“
    „Mit wem spricht er – mit Lazarus oder Mondschein?“
    „Mondschein, Sir. Ich richte ihm aus, daß er direkt danach zu Ihnen kommen soll.“
    Vorst lächelte. Das Protokoll verlangte,

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