Öl!
Merkwürdig war, dass Excelsior Pete, zu Hause Dads schärfster Konkurrent, sich erboten hatte, ihn an diesen Konzessionen zu beteiligen. Ja, man bekam schon etwas, wenn man die wichtigsten Kabinettsmitglieder aus der Regierung der Vereinigten Staaten kaufte. Excelsior Petes Angebot zeigte, welche Bedeutung sie den Ölskandalen und der offiziellen Haltung des neuen Präsidenten wirklich beimaßen.
Annabelle war eine Geschäftsfrau und verstand sich auf diese Dinge, das war tröstlich für Dad. Auf ihre freundliche, liebenswürdige Art setzte sie sich bei Bunny für ihn ein. Es sei schön und gut, wenn er an Handel und Wirtschaft neue Maßstäbe anlege, aber sei es auch gerecht, seinen Vater danach zu beurteilen? Kein einziger Großunternehmer halte sich an solche Regeln. Und Amerika stehe doch fraglos sein Anteil am Öl der Welt zu. Um es aber diesen gierigen ausländischen Mitbewerbern wegzuschnappen, gebe es keinen anderen Weg, als die geballte Macht der Regierung gegen sie auszuspielen.
Annabelle brachte allerlei Neuigkeiten von zu Hause mit. Kein Klatsch, denn Gemeinheiten erzählte sie nicht, aber eine höchst komische Geschichte konnte sie sich doch nicht verkneifen, und Dad amüsierte sich sehr. Die Familie O’Reilly hatte einen plötzlichen Bescheidenheitsanfall erlitten. Sämtliche Bronze- und Messingschilder, mit denen sie der Welt ihren Erfolg kundgetan hatten, waren entfernt worden. Kein Name mehr auf dem Tor, keiner mehr auf ihrer Jacht «Eroberer», keiner mehr auf dem Privatauto mit dem tscherkessischen Walnussholz und den blauen Seidenpolstern. Es war nicht mehr rühmenswert, die Frau eines Ölmagnaten zu sein – irgendein Fanatiker konnte einem ja eine Bombe an den Kopf werfen!
Der Kongress war in den Sommerferien, und Verne fuhr heim. Dad sollte aber noch eine Weile bleiben, denn die kanadische Aktiengesellschaft war die angreifbarste unter allen Unternehmungen der Ölmänner; sie hatte bisher nichts weiter zuwege gebracht, als zwei Millionen Dollar Bestechungsgelder zu verteilen. Es war wichtiger denn je, diese Geschichte unter Verschluss zu halten, denn die Regierung würde in Bälde prozessieren, um sämtliche Ölreserven der Marine zurückzuerhalten. Das würde die Gewinne gerichtlichen Verfügungsbeschränkungen unterwerfen – das ganze schöne Geld, Herrgott noch eins, es war entsetzlich!
Natürlich blieb Dad, und Bunny mit ihm. Doch seine Aufgabe wurde ihm erleichtert. Der große Schmolsky kam soeben aus Deutschland, wo er die wichtigsten deutschen Filmstars eingekauft hatte – ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Übernahme dieser Industriesparte. Annabelle wandte sich an ihn, und er erwies sich als guter Kumpel und sagte, ja, es sei eine verfluchte Schande, wie der alte Jim behandelt werde, und es sei nett, dass sein Junge bei ihm bleibe (die Juden sind Familienmenschen), deshalb werde er, Schmolsky, in Europa mehrere Premieren des Films «Das goldene Bett» ansetzen, dann könne Vee mit ihrem Bunny-Häschen einen ausgedehnten Urlaub machen. Damit Schmolsky sein Versprechen nicht vergaß, ließ ihn Annabelle sofort ein Telegramm diktieren. Da konnte Bunny mal sehen, was es bedeutete, einflussreiche Freunde zu haben! Natürlich war das keine reine Gutmütigkeit, sondern auch Geschäftstüchtigkeit, denn wenn solche Publikumslieblinge auf Siegestour von einer Hauptstadt zur andern sind, zieht ein Werbeagent vor ihnen her, und die Meldungen über die Menschenmassen und das Geschrei werden in die Vereinigten Staaten telegrafiert und gelangen jedes Mal auf die Titelseite.
Bunny konnte ruhigen Gewissens bleiben, denn zu Hause brauchte ihn niemand. Die Zeitschrift kam gut zurecht. Zweiundfünfzig Ausgaben waren schon erschienen, mehr als die Hälfte davon unter Rachels Redaktion. Sie war so zuverlässig wie der Sonnenaufgang, und es war die aufregendste Zeitung der Welt!
Auch Paul steckte im Moment nicht in Schwierigkeiten. Von den neunzehn auf der kommunistischen Versammlung Festgenommenen war einer verurteilt worden und hatte Berufung eingelegt; die Verfahren der anderen ruhten, bis dieser eine Fall entschieden war, und so lange befanden sich Paul und die anderen gegen Kaution auf freiem Fuß. Ruth schrieb Bunny davon. Ein drohender Urteilsspruch von zwanzig Jahren Gefängnis sei zwar quälend, aber mit der Zeit gewöhne man sich daran. Ruth arbeite weiterhin als Krankenschwester und komme wunderbar zurecht. Paul habe eine lange Reise angetreten, aber sie sei nicht befugt zu sagen,
Weitere Kostenlose Bücher