Öland
Åkergren, Claes Frisell, Gunnar Johansson, Jan Ekendahl, Mikael Larsson. Dann ließ er seinen
Blick über die Liste wandern, ohne einen einzigen Namen
wiederzuerkennen. Er wusste noch immer nicht, wonach
Ernst dort gesucht hatte.
Unbekümmert ging Heimersson weiter und führte sie in
den nächsten Ausstellungsraum.
»Hier haben wir unseren ersten Computer – so groß wie ein
Haus. So sahen die früher aus.«
Gerlof nickte, war aber nicht bei der Sache. Er ließ Heimersson die Führung durch die Ausstellung fortsetzen. In
dem zweiten Raum ging es um die technische Entwicklung
des Sägewerkes und der Holz verarbeitenden Industrie.
»Sehr interessant, wirklich«, unterbrach Gerlof ihn nach
zehn Minuten. »Vielen Dank.«
»Gern geschehen«, erwiderte Heimersson. »Es ist immer
wieder nett, Leute zu treffen, die sich für Holz und seine Verarbeitung interessieren.«
Er begleitete sie bis zum Hof und zeigte auf eines der großen, stählernen Gebäude.
»Wir haben vor Kurzem eine neue Röntgenmethode eingeführt, um die Qualität des Holzes zu untersuchen. Wollen Sie
sich das mal anschauen?«
Gerlof sah im Augenwinkel ein deutliches Kopfschütteln
von John, der genug über Holz gehört hatte.
»Vielen Dank«, sagte er darum, »aber das ist bestimmt viel
zu technisch für uns. Wir gehen lieber noch zum Hafen und
sehen uns dort ein wenig um. Wir finden schon den Weg.«
»Hafen?«, lächelte Heimersson. »So würde ich das nicht gerade nennen. Es ist viel zu flach, darum können hier keine
großen Schiffe anlegen. Das Holz wird nur noch mit Lastwagen transportiert.«
»Wir würden uns das trotzdem gerne ansehen«, sagte
Gerlof.
»Tun Sie das«, entgegnete Heimersson. »Dann schließe ich
das Museum wieder ab.«
Nein, er hatte recht gehabt, das war tatsächlich kein Hafen.
Das begriff Gerlof sofort, als sie die hundert Meter zum Wasser gegangen waren. Es gab praktisch keinen Kai, der Asphalt
war aufgeplatzt, und die großen viereckigen Granitsteine an
der Pier waren aus ihrer Fassung gebrochen, sodass große
Spalten dazwischen entstanden waren.
Neben dem Kai schob sich ein Holzsteg etwa dreißig Meter
ins Wasser hinein. Sogar der müsste repariert werden, fand
Gerlof. Gab es nicht ein bisschen Holz aus dem Sägewerk, um
das instand zu setzen?
Lediglich ein alter Holzkahn lag am Steg vertäut, schaukelte im Wasser und wartete auf seinen Besitzer, der ihn an
Land holen würde, ehe die Winterstürme einsetzten.
Es wehte ein ablandiger, eisig kalter Wind, und Öland war
nur ein schwarzer Streifen am Horizont. Obwohl die småländische Küste ausgesprochen reizvoll war mit ihren kleinenInseln und Buchten, sehnte sich Gerlof auf seine Insel zurück. »Hier hat Martin Malms Frachter wohl immer festgemacht«, sagte er.
»Ja«, erwiderte John. »Auf jeden Fall wurde das Foto hier
aufgenommen.«
Es gab nichts weiter zu sehen, und Gerlof spürte, wie der eisige Wind unter seinen Mantel kroch. Auf dem Rückweg blieb
Gerlof kurz stehen und ließ seinen Blick über die Freifläche
zwischen den Gebäuden des Sägewerks schweifen.
In diesem Augenblick packte ihn ein Gefühl von Gewissheit. Es tauchte aus seinem Unterbewusstsein auf wie ein
dunkler Fisch, der aus den Tiefen aufsteigt und kurz unterhalb der Oberfläche angreift.
»Das Ganze hat hier angefangen.«
»Wie bitte?«, fragte John.
»Es hat alles hier seinen Anfang genommen. Das mit Nils
Kant und Jens … Mein Enkelkind musste wegen etwas sterben, das hier anfing.«
»In Ramneby?«
»Ja, hier. Im Sägewerk.«
»Woher weißt du das?«
»Ich spüre es«, sagte Gerlof und hörte selbst, wie idiotisch
das klang. Aber er musste den Gedanken beenden: »Es war
eine Begegnung, ich glaube, es begann mit einer Begegnung.
Als Nils hier vorbeikam … Er muss seinem Onkel August begegnet sein und mit ihm eine Abmachung getroffen haben.
So was in der Art.«
Aber das Gefühl der Gewissheit hatte sich schon wieder
verflüchtigt.
»So, so. Wollen wir dann wieder los?«, drängte John.
Gerlof nickte nachdenklich und machte sich auf den Weg
zum Auto.
Kurz darauf saß er allein in Johns Wagen. Er stand im Zentrum von Kalmar. John wollte seiner Schwester Ingrid einenkurzen Besuch abstatten, ehe sie sich auf den Heimweg nach
Öland machten.
Gerlof nutzte die Zeit zum Nachdenken. Hatte der Besuch im Holzmuseum etwas gebracht? Er war sich nicht
sicher.
Auf der anderen Straßenseite öffnete
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