Offenbarung
mit Jasmina?«
»Da wird Ihnen schon etwas einfallen. Ohne Sie bekommt sie
schließlich keine Klone mehr.«
Dieses Gespräch hatte kurz nach Quaiches Rettung von der
Brücke auf Hela stattgefunden. Sobald Jasmina die ersten Daten
über das Bauwerk erhielt, hatte sie die Gnostische
Himmelfahrt gedreht, war ins System 107 Piscium geflogen und um
Hela in den Orbit gegangen. Auf dem Mond war es nicht mehr zu
weiteren Angriffen gekommen: Später wurde festgestellt, dass
Quaiche die einzigen drei Wachposten auf dem ganzen Mond
ausgelöst hatte. Sie waren mindestens hundert Jahre zuvor von
einem unbekannten früheren Entdecker der Brücke ausgesetzt
und dann vergessen worden.
Das war allerdings nicht die ganze Wahrheit. Es gab noch eine
weitere Drohne, aber das wusste nur Quaiche.
Quaiche war besessen von seinem Fund und traumatisiert von seinen
Erlebnissen. Die wundersame Rettung war untrennbar verbunden mit dem
Entsetzen über Morwennas schrecklichen Tod. Er hatte den
Verstand verloren. Das war zumindest Greliers Diagnose, und in den
vergangenen einhundertzwölf Jahren war nichts geschehen, was sie
widerlegt hätte. In Anbetracht der Geschehnisse und in
Anbetracht des Virus in seinem Blut, das seine Wahrnehmungen so
entscheidend veränderte, war Quaiche mit dieser milden Form des
Irreseins sogar noch glimpflich davongekommen. Er hatte den Bezug zur
Wirklichkeit nicht völlig verloren und durchschaute – und
manipulierte – mit scharfen Augen alles, was um ihn herum
vorging. Allerdings sah er die Welt durch einen Schleier der
Frömmigkeit. Er hatte sich selbst heilig gesprochen.
Sein Verstand sagte ihm, dass zwischen dieser Frömmigkeit und
dem Virus irgendein Zusammenhang bestand. Andererseits verdankte er
seine Rettung einem echten Wunder. In dieser Hinsicht waren die
telemetrischen Aufzeichnungen der Dominatrix eindeutig: Sein
Notruf war nur aufgefangen worden, weil Haldora für einen
Sekundenbruchteil aufgehört hatte zu existieren. Die Dominatrix hatte auf das Signal reagiert und war sofort nach
Hela gerast, um ihn zu retten, bevor sein Luftvorrat zu Ende
ging.
Das Schiff war mit Maximalschub geflogen, um Hela möglichst
schnell zu erreichen. Damit hatte es nur seine Pflicht getan. Es
hatte die Beschleunigungsgrenzen ignoriert, die es hätte
einhalten müssen, wenn Quaiche an Bord gewesen wäre. Leider
hatte es mit seiner geringen Intelligenz dabei nicht an Morwenna
gedacht.
Als Quaiche zurückkam, blieb der Eherne Panzer stumm.
Später hatte er in seiner Verzweiflung das dicke Metall
aufgeschnitten – obwohl er bereits wusste, dass Morwenna tot
war. Er hatte mit den Händen hineingefasst in den Ekel
erregenden roten Brei und war in Tränen ausgebrochen, als sie
ihm durch die Finger rann.
Sogar die Metallteile ihres Körpers waren zermalmt
gewesen.
Quaiche hatte also überlebt, aber er hatte dafür einen
schrecklichen Preis bezahlt. An diesem Punkt hatten sich nur zwei
simple Alternativen geboten. Er konnte sich von seinem Glauben
befreien, konnte das Virus mit irgendeiner Therapie ausschwemmen,
sodass in seinem Blut nichts davon übrig blieb. Dann müsste
er für das, was er erlebt hatte, eine rationale, profane
Erklärung finden. Und er müsste akzeptieren, dass er zwar
selbst wie durch ein Wunder gerettet worden war, aber Morwenna –
die einzige Frau, die er je wahrhaft geliebt hatte – für
immer verloren hatte. Sie wäre gestorben, damit er leben
konnte.
Die andere Möglichkeit – und für sie hatte er sich
schließlich entschieden – bestand darin, alles so zu
nehmen, wie es war. Sich dem Glauben zu unterwerfen und das Wunder
als solches anzuerkennen. In diesem Fall wäre das Virus nur ein
Katalysator gewesen. Es hätte ihn zum Glauben gedrängt, ihm
ermöglicht, die Gegenwart des Heiligen zu spüren. Doch als
ihm auf Hela die Zeit zwischen den Fingern zerrann, hatte er tiefere
und stärkere Emotionen erlebt, als das Virus sie je geweckt
hatte. War es möglich, dass es ihn nur empfänglicher
gemacht hatte für das, was bereits vorhanden war? Dass es ihm,
obwohl selbst künstlich geschaffen, die Fähigkeit verliehen
hatte, reale, wenn auch nur sehr schwache Signale zu empfangen?
Wenn dem so wäre, dann hätte alles einen Sinn. Die
Brücke hätte eine bestimmte Bedeutung. Er hätte ein
Wunder erlebt, hätte um Rettung gefleht und wäre
erhört worden. Und Morwennas Tod erfüllte eine
unerklärliche, aber letztlich positive Aufgabe in dem
großen Plan, in dem Quaiche selbst nur ein kleines
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