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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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sich
zitternd und von Würgekrämpfen geschüttelt auf die
Reanimationsliege sinken, und Morwenna machte sich daran, die vielen
Schläuche und Nadeln aus seinem malträtierten
Standardkörper zu ziehen.
    »Lieg doch still«, ermahnte sie ihn.
    »Mir ist nicht gut.«
    »Natürlich nicht. Was erwartest du, wenn dich die
Dreckskerle im Schnellverfahren auftauen?«
    Es war wie ein Tritt zwischen die Beine, nur dass die
Leistengegend den ganzen Körper umfasste. Er hätte sich am
liebsten eingerollt, wäre in sich hineingekrochen und hätte
sich ganz klein zusammengefaltet wie ein Stück Papier in den
Händen eines Origamikünstlers. Sein Magen rebellierte, aber
es war einfach zu anstrengend, sich zu übergeben.
    »Wie konnte sie dieses Risiko eingehen?«, klagte er.
»Sie weiß doch, wie wertvoll ich bin.« Er
würgte: Es klang erschreckend heiser, wie ein Hund, der zu lange
gebellt hatte.
    »Vielleicht hast du ihre Geduld etwas zu sehr auf die Probe
gestellt«, sagte Morwenna und betupfte die wunden Stellen mit
einer höllisch brennenden Salbe.
    »Sie weiß doch, dass sie mich braucht.«
    »Früher ist sie auch ohne dich zurechtgekommen.
Vielleicht dämmert ihr langsam, dass sie das immer noch
könnte.«
    Quaiches Miene erhellte sich. »Vielleicht ein
Notfall?«
    »Aber dann nur für dich.«
    »Großer Gott, nur ja nicht zu viel
Mitgefühl.« Er zuckte zusammen. Ein schmerzhafter Blitz
fuhr durch seinen Schädel, schärfer und greller als die
dumpfen Beschwerden des Reanimationstraumas.
    »Du sollst den Namen des Herrn nicht verunehren«, schalt
Morwenna. »Du schadest dir nur selbst damit.«
    Obwohl das Licht im Aufwachraum grausam hell war, zwang er sich,
die Augen zu öffnen und ihr ins Gesicht zu sehen. »Bist du
nun auf meiner Seite oder nicht?«
    »Ich will dir nur helfen. Halt still, die letzten
Schläuche sind fast abgezogen.« Er spürte einen
leichten Stich in der Hüfte, dann glitt der Shunt heraus. Eine
glatte augenförmige Wunde blieb zurück. »Das
war’s.«
    »Bis zum nächsten Mal«, sagte Quaiche. »Immer
vorausgesetzt, es gibt ein nächstes Mal.«
    Morwenna erstarrte, als wäre ihr plötzlich etwas
aufgefallen. »Du hast ja tatsächlich Angst?«
    »Hättest du an meiner Stelle keine Angst?«
    »Die Königin ist geistesgestört. Das weiß
jeder. Aber sie ist noch so weit klar im Kopf, dass sie wertvolle
Ressourcen zu schätzen weiß.« Morwenna nahm kein
Blatt vor den Mund, denn sie wusste, dass die Abhörgeräte
im Aufwachraum nicht funktionierten. »Du meine Güte,
Grelier ist doch das beste Beispiel dafür. Glaubst du, sie
würde diesen Irren auch nur eine Minute um sich dulden, wenn er
ihr nicht nützlich wäre?«
    »Genau das will ich doch sagen.« Quaiche versank
vollends in Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. »Sobald er oder
ich ihr keinen Nutzen mehr bringen…« Wäre ihm nicht
jede Bewegung zu viel gewesen, er hätte sich pantomimisch ein
Messer über die Kehle gezogen. So gab er nur einen erstickten
Laut von sich.
    »Du hast Grelier eines voraus«, sagte Morwenna. »Du
hast eine Verbündete in der Besatzung, nämlich mich. Wen
hat er?«
    »Du hast Recht«, sagte Quaiche, »wie immer.«
Er nahm alle seine Kräfte zusammen, streckte eine Hand aus und
umschloss damit Morwennas Stahlprothese.
    Er brachte es nicht übers Herz, sie zu erinnern, dass sie an
Bord fast ebenso isoliert war wie er selbst. Das sicherste Mittel,
als Ultra aus der Gemeinschaft ausgestoßen zu werden, war eine
persönliche Beziehung zu einem Standardmenschen. Morwenna
ließ sich nichts anmerken, aber Quaiche wusste, wenn er die
Königin und den Rest der Besatzung gegen sich hätte und auf
ihre Hilfe angewiesen wäre, er wäre bereits verloren.
    »Kannst du dich jetzt aufsetzen?«, fragte sie.
    »Ich werde es versuchen.«
    Wie erwartet, ließ die Übelkeit allmählich nach,
und er konnte endlich auch größere Muskelgruppen bewegen,
ohne vor Schmerz aufzuschreien. Er setzte sich auf und zog die Knie
bis zu seiner haarlosen Brust hoch, damit Morwenna ihm vorsichtig den
Urinkatheter aus dem Penis ziehen konnte. Er sah ihr dabei ins
Gesicht, sodass er nur hörte, wie ihre Metallfinger aneinander
rieben. Als sie ihn mit ihren blitzenden Scherenhänden das erste
Mal an dieser intimen Stelle berührte, hatte er Todesängste
ausgestanden. Beim Liebesakt war es, als umarmte man eine
Dreschmaschine. Aber Morwenna hatte ihn nie verletzt, nicht einmal
dann, wenn sie sich versehentlich selbst ins lebende Fleisch
schnitt.
    »Wie geht

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