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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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haben uns diese fünf
Zwischenlandungen eingebracht?«
    Er setzte zu einer Antwort an, als er, kaum sichtbar in den
Schatten hinter ihrem Thron, den Ehernen Panzer entdeckte. Das konnte
kein Zufall sein.
    Der Eherne Panzer, ein Raumanzug aus Eisen oder einem anderen
Metall des Industriezeitalters, hatte Ähnlichkeit mit einer
Mumie. An der Oberfläche waren verschiedene
Hochleistungsdatenports und andere Anschlüsse zu erkennen, ein
schwarzes vergittertes Rechteck ersetzte das Helmvisier. Nähte
und andere Unebenheiten zeigten an, wo Teile neu verschweißt
oder verlötet worden waren. Da und dort gab es auch glatte
Stellen aus glänzend neuem Metall.
    Ansonsten war die Rüstung jedoch über und über mit
einem Gewimmel von Zeichnungen bedeckt, die so fein waren, dass einen
die Augen schmerzten, wenn man sie näher betrachtete. Jeder
Quadratzentimeter quoll über von Darstellungen, viel zu vielen,
um sie mit einem Blick aufzunehmen. Doch nun begann sich das Ding
über ihm um seine eigene Achse zu drehen, und Quaiche
unterschied fantastische Weltraumungeheuer mit Schlangenhälsen,
obszöne phallusförmige Raumschiffe, schreiende Gesichter,
Dämonenfratzen und plastische Geschlechts- und Gewaltszenen.
Verschlungene Erzählstränge ließen sich
nachverfolgen, moralisierende Anekdoten oder breit ausgemalte
Handelserfolge. Zeilenweise Text in Sprachen, die er nicht kannte,
Notenpassagen, sogar ganze Scharen von liebevoll ausgeführten
Ziffern. Digitalcodes oder DNA-Basenpaare. Engel und Cherubim.
Schlangen. Viele Schlangen.
    Man bekam allein vom Hinsehen schon Kopfschmerzen.
    Mikrometeoriten und kosmische Strahlen hatten Kratzer und
Schrammen hinterlassen, da und dort war das graue Eisen
smaragdgrün oder gelblich verfärbt. Schräg
auftreffende ultraschwere Teilchen hatten lange Furchen gegraben. Und
eine feine, umlaufende schwarze Naht zeigte an, wo die beiden
gepanzerten Hälften aufgeklappt und wieder zugeschweißt
werden konnten.
    Der Eherne Panzer war ein grausames Folterinstrument, von dem er
bisher nur gerüchteweise gehört hatte. Bis zu diesem
Moment.
    Die Königin steckte Menschen in diesen Raumanzug und
ließ sie, manchmal über Jahre, im Eis des Abriebschilds
lebendig begraben. Der Eherne Panzer erhielt sie am Leben und
versorgte sie mit sensorischen Informationen. Und er schützte
sie vor der harten Strahlung im interstellaren Raum.
    Wer als Toter wieder herausgeholt wurde, zählte zu den
Glücklicheren.
    Quaiche bemühte sich, das Zittern in seiner Stimme zu
beherrschen. »Es kommt immer darauf an, wie man es betrachtet.
Alles in allem… war das Ergebnis… eigentlich… gar
nicht so schlecht. Das Schiff wurde nicht beschädigt.
Niemand von der Besatzung wurde getötet oder schwer verletzt.
Keine radioaktive Verseuchung. Keine unvorhergesehenen
Ausgaben…« Er verstummte und blickte hoffnungsvoll zu
Jasmina auf.
    »Ist das alles, was Sie mir zu bieten haben? Sie sollten uns
reich machen, Quaiche. Sie sollten uns Glück bringen in diesen
schwierigen Zeiten, Sie sollten mit Ihrem natürlichen Charme,
ihrem Gespür für den richtigen Umgang mit
Planetenbewohnern, Ihrer Kenntnis der örtlichen
Verhältnisse für reibungslose Geschäftsabläufe
sorgen. Sie sollten die Gans sein, die uns die goldenen Eier
legt.«
    Er trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.
    »Und was haben Sie in fünf Systemen gefunden? Nichts als
Schrott.«
    »Sie hatten die Systeme ausgesucht, nicht ich. Es ist nicht
meine Schuld, wenn es dort nichts zu finden gab.«
    Die Königin schüttelte nur langsam den Kopf. »Nein,
Quaiche. So einfach ist es leider nicht. Wir haben nämlich vor
einem Monat einen Funkspruch abgefangen. Geschäftsverhandlungen
zwischen einer Menschenkolonie auf Chaloupek und dem Lichtschiff Schwache Erinnerung an Hokusai. Kommt Ihnen das irgendwie
bekannt vor?«
    »Eigentlich nicht…«
    Doch das war gelogen.
    »Die Hokusai befand sich im Anflug auf Gliese 664, als
wir das System verließen. Es war das zweite System, das Sie
für uns erkunden sollten. Ihr Bericht lautete…« Die
Königin hielt sich den Schädel ans Ohr und lauschte dem
schnatternden Unterkiefer. »Mal sehen… ›weder auf
Opincus noch auf den drei anderen terrestrischen Welten Funde von
irgendwelchem Wert; lediglich minderwertige Technologiereste auf den
Monden fünf bis acht des Riesen Haurient… nichts in den
inneren Asteroidenfeldern oder den Schwärmen vom Typ D, an den
Trojanischen Punkten oder den großen Konzentrationen

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