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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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waren in ihren Schädel eingedrungen und
hatten sich in die Furchen ihres Gehirns gezwängt. Die Folgen
waren entsetzlich. Sie war zwar noch am Leben, aber vollkommen
unfähig zu selbständigem Handeln. Sie war zur Marionette
des Parasiten geworden.
    Die Synthetiker hatten sie mit Clavains Erlaubnis in
Kälteschlaf versetzt, um sie so lange zu konservieren, bis sie
gelernt hätten, den Parasiten gefahrlos zu entfernen. Irgendwann
wäre ihnen das vielleicht auch gelungen, doch dann hatte sich
die Führung der Synthetiker gespalten: die ersten Anzeichen
jener Krise, die Clavain schließlich ins Resurgam-System und
hinterher nach Ararat führen sollte. Im Verlauf dieses Konflikts
war Galianas tiefgefrorener Körper zerstört worden.
    Von diesem Schlag hatte sich Clavains Seele nicht mehr erholt.
Sicherlich wäre er an gebrochenem Herzen gestorben, dachte
Scorpio, hätte sein Volk seinen Führer nicht so dringend
gebraucht. Er konnte nicht in seiner Trauer versinken, er musste sich
um die Rettung der Kolonie auf Resurgam kümmern. Das hatte ihn
vor dem Wahnsinn bewahrt.
    Und später war er für seinen Einsatz gewissermaßen
belohnt worden.
    Man konnte nicht sagen, dass Galiana sie nach Ararat geführt
hätte, aber es stellte sich heraus, dass Ararat zu den Welten
gehörte, die sie nach der Trennung von Clavain und Felka besucht
hatte. Der Ozean mit seinen Fremdorganismen hatte sie angezogen. Es
war eine Schieberwelt, und dieser Umstand war von größter
Wichtigkeit, denn was einmal eine Schieberwelt besucht hatte, geriet
kaum jemals wieder völlig in Vergessenheit.
    Musterschieber fanden sich auf vielen Wasserwelten vom Typ
Ararats. Auch nach jahrelangem Studium gab es unter den Forschern
keine Einigkeit darüber, ob die Aliens an sich intelligent waren
oder nicht. Fest stand allerdings, dass sie ihrerseits die
Intelligenz hoch schätzten und sie mit der gleichen Hingabe
bewahrten wie ein Museumskurator seine Schätze.
    Wenn jemand in den Meeren eines Schieberplaneten schwamm, geschah
es hin und wieder, dass die Organismen in das Nervensystem des
Schwimmers eindrangen. Doch die Schieberorganismen gingen behutsamer
vor als die Invasoren auf Galianas Schiff. Sie wollten die neuronalen
Strukturen des Schwimmers lediglich aufzeichnen und zogen sich
zurück, sobald sie die Muster entwirrt hatten. Das Meer
speicherte das Bewusstsein des Schwimmers, ließ ihn aber fast
immer ungehindert an Land zurückkehren. Normalerweise
spürte er keinerlei Veränderung. Sehr selten stellte sich
heraus, dass er unbemerkt ein Geschenk mitbekommen hatte, eine
leichte Verschiebung seiner neurologischen Architektur, die ihm zu
einer übernatürlich schnellen Auffassungsgabe oder zu
besonderem Scharfblick verhalf. Zumeist verschwanden solche
Eigenschaften schon nach wenigen Stunden, doch in Einzelfällen
blieben sie auf Dauer erhalten.
    Ob Galiana ein solches Geschenk erhalten hatte, nachdem sie im
Ozean dieser Welt geschwommen war, wusste niemand, jedenfalls war ihr
Bewusstsein gespeichert worden und wartete nun unter den Wellen
darauf, dass ein Schwimmer käme, auf den es sich übertragen
könnte.
    Clavain hatte dies erraten, aber er war nicht der Erste gewesen,
der eine Vereinigung mit Galiana gesucht hatte. Die Ehre war an Felka
gegangen. Zwanzig Jahre lang war sie immer wieder geschwommen, um
einzutauchen in die Erinnerungen und das erstarrte Bewusstsein ihrer
Mutter. Clavain selbst hatte währenddessen auf das Schwimmen
verzichtet. Vielleicht hatte er zunächst befürchtet,
Galianas Abbild könnte ihm nicht stimmig erscheinen, könnte
zu seinen Erinnerungen im Widerspruch stehen. Solche Zweifel hatten
sich im Lauf der Jahre gelegt, dennoch hatte er die Schwelle niemals
überschritten. Felka dagegen war regelmäßig
geschwommen – sie hatte ein unersättliches Verlangen nach
den komplexen Erfahrungsschichten, die ihr der Ozean bot – und
hatte Clavain von ihren Erfahrungen berichtet. Über seine
Tochter war so ein gewisser Kontakt zu Galiana entstanden, und damit
hatte er sich begnügt, solange er selbst den Mut zum Schwimmen
nicht aufbrachte.
    Doch vor zwei Jahren war Felka nicht mehr zurückgekehrt. Das
Meer hatte sie behalten.
    Daran dachte Scorpio jetzt, und so wählte er seine Worte mit
großer Behutsamkeit. »Nevil, ich kann verstehen, dass es
nicht einfach für dich ist, aber du musst auch begreifen, dass
dieses Objekt, was immer es sein mag, für die Kolonie eine
Bedrohung sein könnte.«
    »Das ist mir klar, Scorp.«
    »Aber das

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