Offenbarung
Es könnte Sie interessieren, dass ich auf dem
Mond, den wir von nun an Hela nennen… etwas entdeckt habe: ein
großes horizontales Bauwerk. Sieht aus wie eine Brücke.
Mehr kann ich noch nicht sagen. Die Sensoren der Dominatrix haben nicht genügend Reichweite, und ich will mit dem
Shuttle nicht näher heranfliegen. Deshalb werde ich das Objekt
mit der Räubertochter untersuchen – sie ist
schneller, intelligenter und besser gepanzert. Nach meiner
Schätzung sollte die Exkursion nicht mehr als sechsundzwanzig
Stunden dauern. Natürlich werde ich Sie über alle
Entwicklungen auf dem Laufenden halten.«
Quaiche spielte die Nachricht noch einmal ab und entschloss sich
dann, sie nicht zu senden. Selbst wenn er etwas fände und dieses
Etwas sich als wertvoller erwiese als alles, was er in den fünf
vorhergehenden Systemen aufgetan hatte, würde ihm die
Königin vorhalten, er hätte zu viel versprochen. Sie hasste
Enttäuschungen. Quaiche hatte inzwischen gelernt, wie er sie zu
nehmen hatte. Wohl dosierte Untertreibung war das Zauberwort.
Andeutungen, aber keine Versprechungen.
Er löschte die Nachricht und fing noch einmal von vorne
an.
»Hier Quaiche. Habe eine Anomalie entdeckt, die genauer
untersucht werden sollte. Werde mit der Tochter landen.
Rückkehr zur Dominatrix schätzungsweise in…
einem Tag.«
Er hörte sich auch diese Version noch einmal an. Besser als
die erste Fassung, aber noch nicht optimal.
Wieder löschte er den Speicher, dann holte er tief Luft.
»Quaiche. Unternehme einen kleinen Ausflug. Könnte eine
Weile dauern. Melde mich wieder.«
So. Das war’s.
Er richtete den Nachrichtenlaser auf den Himmelsabschnitt, wo sich
nach seinen Berechnungen die Gnostische Himmelfahrt befinden
musste, und schickte das Paket mit den üblichen
Verschlüsselungsfiltern und relativistischen Korrekturen ab. In
sieben Stunden würde es bei der Königin eintreffen.
Hoffentlich war seine Formulierung rätselhaft genug, ohne dass
Jasmina behaupten könnte, er hätte überzogene
Erwartungen geweckt.
Mochte sich das Miststück ruhig für eine Weile den Kopf
zerbrechen.
Hela
2727
Culver hatte Rachmika Els nicht ganz die Wahrheit gesagt. Der
Eisjammer konnte sich im Schreitmodus tatsächlich nicht
schneller bewegen, doch sobald er das Dorf mit seinem weichen Boden
und den vielen Hindernissen hinter sich gelassen hatte und einen
festen Weg erreichte, rasteten die beiden Hinterbeine fest ein, und
das Gefährt wurde wie von unsichtbarer Hand vorwärts
geschoben. Rachmika hatte einiges über Eisjammer gehört und
wusste, wie das vor sich ging. Die Laufflächen der Skier waren
mit einem Material belegt, dem man eine schnelle mikroskopische
Wellenbewegung einprogrammiert hatte. Der Bewegungsablauf war der
gleiche wie bei einer Schnecke, nur mehrere tausendmal
vergrößert und beschleunigt. Die Fahrt wurde dadurch
leiser und ruhiger; der Jammer schwankte oder schlingerte zwar noch
hin und wieder, aber das war auszuhalten.
»So ist es besser«, sagte Rachmika. Sie saß jetzt
ganz vorne bei Crozet und seiner Frau Linxe. »Ich dachte schon,
ich müsste…«
»Dich übergeben, meine Liebe?«, fragte Linxe.
»Das braucht dir nicht peinlich zu sein. Das ist uns allen schon
passiert.«
»Er kann das nur auf glattem Untergrund«, sagte Crozet.
»Das Problem ist, dass er auch nicht rund läuft. An einem
der Beine ist der Servo hinüber. Deshalb war es vorhin so
holprig. Und deshalb machen wir auch diese Fahrt. Die verdammten
Karawanen führen den ganzen technischen Kram mit, den wir bei
uns im Ödland nicht herstellen oder reparieren
können.«
»Pass auf, was du redest«, sagte Linxe und gab ihrem
Mann einen kräftigen Klaps auf die Hand. »Falls du es noch
nicht bemerkt hast, du bist in Gesellschaft einer jungen
Dame.«
»Auf mich brauchen Sie keine Rücksicht zu nehmen«,
sagte Rachmika. Sie wurde allmählich ruhiger: Das Dorf lag weit
hinter ihnen, und nichts wies darauf hin, dass jemand sie aufhalten
wollte oder dass sie verfolgt würden.
»Er redet sowieso nur Unsinn«, sagte Linxe. »Die
Karawanen haben vielleicht die Dinge, die wir brauchen, aber sie
geben sie uns bestimmt nicht umsonst.« Sie sah Crozet an.
»Nicht wahr, Liebster?«
Linxe war eine wohl genährte Frau mit rotem Haar, das sie auf
eine Seite kämmte, um das Feuermal in ihrem Gesicht darunter zu
verbergen. Rachmika kannte sie, seit sie ein kleines Mädchen
war, denn Linxe hatte oft im Nachbardorf im Gemeindekindergarten
ausgeholfen.
Linxe
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