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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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das
Monopol darauf zu sichern. Aus ihrer Sicht wäre der nächste
logische Schritt, die Ausgrabungen völlig in die eigene Hand zu
nehmen. Auf diese Weise könnten die Dreckskerle alles
verschwinden lassen, was ihnen nicht in den Kram passt.«
    »Du bist ein zynischer alter Dummkopf«, sagte Linxe.
    »Deshalb hast du mich ja geheiratet, meine Liebe.«
    »Und wie denkst du darüber, Rachmika?«, fragte
Linxe. »Glaubst du auch, dass die Kirchen uns verdrängen
wollen?«
    Rachmika hatte den Eindruck, sie würde nur aus
Höflichkeit gefragt. »Ich weiß es nicht. Aber die
Kirchen hätten sicherlich nichts dagegen, wenn wir alle bankrott
gingen und sie einspringen und die Ausgrabungen übernehmen
müssten.«
    »Richtig«, nickte Crozet. »Ich kann mir auch nicht
vorstellen, dass sie sich darüber bitter beklagen
würden.«
    »So wie du redest…«, begann Linxe.
    »Ich weiß, was Sie fragen wollen«, unterbrach
Rachmika. »Und ich bin Ihnen deshalb auch nicht böse. Aber
ich versichere Ihnen, dass mich die Kirchen im religiösen Sinn
nicht interessieren. Ich will nur herausfinden, was mit ihm passiert
ist.«
    »Es muss nicht unbedingt etwas Schlimmes gewesen sein«,
meinte Linxe.
    »Ich weiß nur, dass sie ihn belogen haben.«
    Crozet berührte mit der Spitze seines kleinen Fingers einen
Augenwinkel. »Könnte mir einer von euch vielleicht mal
erklären, worüber ihr eigentlich redet? Ich habe
nämlich keine Ahnung.«
    »Über ihren Bruder«, sagte Linxe. »Hast du mir
denn überhaupt nicht zugehört?«
    »Wusste gar nicht, dass du einen Bruder hast«, sagte
Crozet.
    »Er war viel älter als ich«, erklärte
Rachmika. »Und außerdem ist es schon acht Jahre
her.«
    »Was ist acht Jahre her?«
    »Dass er zum Ewigen Weg gegangen ist.«
    »Zu den Kathedralen?«
    »Das hatte er vor. Er wäre nie auf die Idee gekommen,
wenn es in diesem Jahr nicht so einfach gewesen wäre. Aber es
war wie heute – die Karawanen zogen weiter nach Norden als sonst
und waren deshalb vom Ödland aus leicht zu erreichen. Man kam
mit dem Jammer in zwei bis drei Tagen zu ihnen, während man sich
zum Weg zwanzig bis dreißig Tagereisen weit über
Land schleppen musste.«
    »Dein Bruder war also fromm?«
    »Nein, Crozet. Jedenfalls nicht mehr als ich. Aber ich war
damals erst neun. Ich kann mich nicht in allen Einzelheiten erinnern,
was damals passiert ist. So viel ich weiß, waren die Zeiten
schwierig. Die Fundstellen waren nahezu ausgebeutet. An den
Grabungsstätten waren Kavernen durchgebrochen und Stollen
eingestürzt. Die Dörfer gerieten in Not.«
    »Stimmt genau«, sagte Linxe zu Crozet. »Ich
weiß noch gut, wie es damals war, auch wenn du es vielleicht
vergessen hast.«
    Crozet bewegte die Steuerknüppel und umfuhr geschickt eine
ellbogenförmige Bodenwelle. »O nein, so weit reicht mein
Gedächtnis gerade noch.«
    »Mein Bruder hieß Harbin Els«, sagte Rachmika.
»Er arbeitete bei den Ausgrabungen. Er war erst neunzehn, als
die Karawanen kamen, aber er hatte schon sein halbes Leben lang unter
der Erde geschuftet. Er war zu vielem zu gebrauchen, unter anderem
konnte er gut mit Sprengstoffen umgehen – Ladungen anbringen,
die Sprengleistung berechnen und so weiter. Er wusste genau, wo er
die Kapseln anbringen musste, um fast jede gewünschte Wirkung zu
erzielen. Man schätzte ihn, weil er seine Arbeit ordentlich
erledigte und keine halben Sachen machte.«
    »Man möchte meinen, dass es für solche Leute bei
den Ausgrabungen genug zu tun gäbe«, sagte Crozet.
    »So war es auch. Bis die Funde spärlicher wurden. Dann
wurde es eng. Die Dörfer konnten es sich nicht leisten, neue
Stollen anzulegen. Nicht nur, weil die Sprengstoffe zu teuer waren.
Die neuen Stollen abzustützen, mit Strom und Luft zu versorgen,
Hilfstunnel anzulegen… all das wurde unbezahlbar. Also
konzentrierten sich die Dörfer auf die bestehenden Kavernen und
hofften auf einen Glücksfund.«
    »Und dein Bruder?«
    »Der wollte nicht warten, bis er wieder gebraucht würde.
Er hatte von einigen Sprengmeistern gehört, die über Land
gegangen waren – es hatte Monate gedauert, aber sie hatten den Weg erreicht und waren bei einer der großen Kirchen
untergekommen. Angeblich braucht man dort Leute, die etwas vom
Sprengen verstehen. Vor den Kathedralen gibt es immer wieder
Hindernisse, die beseitigt werden müssen, um den Weg frei
zu halten.«
    »Er heißt nicht umsonst der Ewige Weg«, sagte Crozet.
    »Jedenfalls dachte Harbin, er könnte sich für eine
solche Tätigkeit

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