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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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fern
zu halten.«
    »Und wieso kann ich ihr das Röhrchen nicht sofort geben?
Wozu das Theater mit den Observatoren?«
    Wieder richtete Grelier den Blick auf Peppermint. »Haben Sie
immer noch nichts gelernt?«
    »Es tut mir Leid, ich…«
    »Das Mädchen ist außerordentlich schwer zu
manipulieren. Sie erkennt jede Lüge sofort, es sei denn der
Lügner glaubte selbst fest an das, was er sagt. Wir brauchen
eine Vermittlungsinstanz, einen Mittelsmann, der in seinen
Wahnvorstellungen befangen und vollkommen von sich überzeugt
ist.« Grelier hielt inne. »Außerdem möchte ich
wissen, wozu sie wirklich fähig ist. Ich werde sie eine Weile
von ferne beobachten, bevor ich offen an sie herantrete. Bis dahin
möchte ich unbemerkt die Fäden ziehen. Sie sind Teil der
Vermittlungsinstanz, aber Sie werden sie auch auf ihre Brauchbarkeit
prüfen.«
    »Und der Brief?«
    »Übergeben Sie ihn ihr persönlich. Sagen Sie, Sie
hätten ihn durch einen Geheimkurier erhalten, mehr wüssten
Sie nicht. Beobachten Sie genau, wie sie reagiert, und erstatten Sie
mir Bericht.«
    »Und wenn sie zu viele Fragen stellt?«
    Grelier lächelte verschwörerisch. »Dann probieren
Sie es mit einer Lüge.«
    Der Medizinkoffer meldete sich mit einem Klingelzeichen. Die
Analyse war abgeschlossen. Grelier drehte ihn um, sodass der
Quästor die Ergebnisse sehen konnte. An der Innenseite des
Deckels waren Histogramme und Tortengrafiken erschienen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte der Quästor bang.
    »Kein Grund zur Besorgnis«, antwortete Grelier.
     
    Auf seinen privaten Kameras beobachtete der Quästor, wie die
rubinrote Muschelschale von der Karawane abhob und einen Salto flog.
Ihre Schubdüsen warfen wilde Schatten über die
Landschaft.
    »Es tut mir Leid, Peppermint«, sagte er.
    Das Tierchen versuchte sich das Gesicht zu putzen, aber das
einzige Vorderglied, das es noch hatte, stolperte hilflos wie ein
gebrochener Scheibenwischer über die Mundpartie. In seinen
traurigen Brombeeraugen stand mehr Verständnis, als seinem Herrn
lieb war.
    »Wenn ich nicht tue, was er will, kommt er zurück. Aber
was immer er mit dem Mädchen vorhat, ist nicht in Ordnung. Das
spüre ich. Du auch? Er war mir von Anfang an unheimlich. Schon
als er landete, wusste ich, dass er Ärger machen
würde.«
    Der Quästor strich den Brief noch einmal glatt. Er war kurz,
und die Schrift war gut leserlich, aber kindlich. Geschrieben war er
von jemandem namens Harbin an jemanden namens Rachmika.

 
Ararat

2675
     
     
    Der Flug zur Sehnsucht nach Unendlichkeit dauerte nur zehn
Minuten, und die wurden vor allem dafür benötigt, in der
Schlange hinter den früher eingetroffenen Shuttles auf das
Andocken zu warten. Das wie ein Turm aufragende Schiff hatte eine
ganze Reihe von Zugängen, rechteckige Öffnungen in den
Seiten, die wie Höhlen aussahen. Die höchste befand sich
mehr als zwei Kilometer über der Meeresoberfläche. Im All
wären dies Andockluken für kleine Wartungsfahrzeuge oder
große Luftschleusen gewesen, durch die man in die riesigen
Innenräume gelangte.
    Scorpio hatte die Flüge zur Unendlichkeit noch nie
sonderlich geliebt. Wenn er das Schiff nur sah, wurde ihm
himmelangst. Es war eine Mutation, eine perverse Karikatur eines
mechanischen Gebildes. Er war keineswegs abergläubisch, aber
hier hatte er immer das Gefühl, ein Gebäude zu betreten, in
dem es spukte. Diese Einschätzung war nicht ganz unzutreffend,
und das beunruhigte ihn am meisten. Auf der Unendlichkeit spukte es tatsächlich, denn das gesamte Schiffsmaterial war
untrennbar mit der Restpsyche des einstigen Captains verschmolzen.
Die Schmelzseuche hatte inzwischen einen Teil ihrer Schrecken
verloren, doch das Schicksal des Captains erinnerte drastisch an die
Gräuel, deren sie fähig gewesen war.
    Das Shuttle setzte seine Fahrgäste in der obersten
Andockbucht ab und schwang sich sofort wieder in den Himmel, um einen
anderen dringenden Auftrag zu erledigen. Ein Angehöriger des
Sicherheitsdienstes wartete bereits, um sie zum Konferenzraum zu
begleiten. Er berührte mit einem Finger das
Kommunikationsgerät in seinem Ohr und lauschte mit leichtem
Stirnrunzeln einer fernen Stimme. Dann wandte er sich an Scorpio.
»Der Raum ist sauber, Sir.«
    »Irgendwelche Erscheinungen?«
    »Seit drei Wochen keine Meldung oberhalb von Deck
vierhundert. Rege Aktivität auf den unteren Decks, aber den
oberen Bereich müssten wir für uns haben.« Der Mann
wandte sich an Vasko. »Wenn Sie mir folgen
wollen…«
    Vasko sah

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