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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Mühe, seine Stimme unter Kontrolle zu
halten. »Sie kennen den Dekan persönlich?«
    »Flüchtig.«
    »Dann müssten Sie doch wissen, ob er noch
lebt?«
    »O ja, er ist noch am Leben. Aber er verlässt den Glockenturm nur selten.« Grelier warf einen Blick auf
Peppermint.
    »Für einen Karawanenführer stellen Sie ziemlich
viele Fragen.«
    »Entschuldigen Sie.«
    »Öffnen Sie das Röhrchen.«
    Der Quästor gehorchte. Der kleine Zylinder enthielt zwei fest
zusammengerollte Papierstreifen. Er zog sie vorsichtig heraus und
strich sie auf dem Tisch glatt. Das eine Papier war ein Brief. Das
andere enthielt eine Reihe von geheimnisvollen Zeichen.
    »Ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll.«
    »Das macht nichts. Ich werde es Ihnen sagen. Den Brief
behalten Sie hier. Die Zeichen übergeben Sie zusammen mit dem
Röhrchen einem Mann namens Pietr.«
    »Ich kenne niemanden dieses Namens.«
    »Das sollten Sie aber. Er ist Pilger und befindet sich
bereits bei Ihrer Karawane. Ein klein wenig instabil.«
    »Instabil?«
    Grelier überhörte die Frage und klopfte auf den Koffer.
Das Gurgeln und Summen hielt an. Das Blut des Quästors wurde
immer noch analysiert. »Die meisten im Umlauf befindlichen
Virenstämme sind nicht sonderlich gefährlich. Sie erzeugen
fromme Gefühle oder religiöse Visionen, aber sie greifen
nicht direkt in das Ichbewusstsein ihres Wirts ein. Pietr ist dagegen
von einem Virus befallen, das wir DEUS-X nennen. Es ist eine seltene
Mutation des ursprünglichen Indoktrinationsvirus, und wir sind
bemüht, es unter Kontrolle zu halten. Es bewirkt, dass sich
Pietr im Zentrum seines eigenen Privatkosmos sieht. Er bemerkt es
nicht immer, aber das Virus verändert seinen Realitätssinn
so, dass er für sich selbst zum Gott wird. Er fühlt sich
zwar zum Weg und zu irgendeiner der orthodoxen Kirchen hingezogen,
aber er wird mit der traditionellen Lehre immer im Konflikt stehen.
Er wird von einer Sekte zur anderen wechseln und ständig das
Gefühl haben, kurz vor der Erleuchtung zu stehen. Seine
Entscheidungen werden immer extremer werden und ihn zu immer
ausgefalleneren Manifestationen der Haldora-Verehrung drängen.
Irgendwann landet er bei den Observatoren.«
    Der Quästor hatte nie von DEUS-X gehört, aber der Typ
von Gläubigen, den Grelier soeben beschrieben hatte, war ihm nur
allzu vertraut. Gewöhnlich handelte es sich um sehr ernsthaft
veranlagte junge Männer ohne jeden Humor. In ihren Gehirnen war
bereits etwas angelegt, woran sich das Virus festhalten konnte.
»Was hat er mit dem Mädchen zu tun?«
    »Bisher noch nichts. Ich möchte nur, dass Sie ihm das
Röhrchen mit diesem Papierstreifen zuspielen. Die Zeichen sind
ihm bereits bekannt, er hat sie nur noch nie so exakt geschrieben
gesehen. Er wird sich vorkommen wie ein Forscher, der nach Kratzern
im Fels suchte und nun eine mit Bildern versehene Schriftrolle
findet.«
    Der Quästor sah sich das Papier noch einmal an. Jetzt kamen
die Zeichen auch ihm nicht mehr so fremd vor. »Die vergessene
Auslöschung?«, fragte er. »Ich dachte, das wäre
nur ein Ammenmärchen?«
    »Ammenmärchen oder nicht, das spielt keine Rolle.
Für Pietr ist es die Lehre einer religiösen Randgruppe, mit
der er bereits einmal Kontakt hatte. Er wird die Zeichen erkennen,
und sie werden ihn zum Handeln treiben.« Grelier beobachtete den
Quästor scharf, wie um zu sehen, ob er ihm trauen konnte.
»Ich habe dafür gesorgt, dass sich unter den Observatoren
ein Spion befindet. Er wird Pietr etwas von einem Mädchen
erzählen, das sich auf einem Kreuzzug befindet. Und er wird eine
Prophezeiung zitieren: ein Mädchen, im Eis geboren, dessen
Schicksal es ist, die Welt zu verändern.«
    »Rachmika?«
    Grelier formte die Hand zur Pistole, zielte damit auf den
Quästor und imitierte mit der Zunge das Klicken des Abzugs.
»Sie brauchen nur dafür zu sorgen, dass sich die beiden
begegnen. Gestatten Sie ihr, die Observatoren zu besuchen, den Rest
wird Pietr erledigen. Einer solchen Gelegenheit, sein Wissen
weiterzugeben, wird er nicht widerstehen können.«
    Der Quästor runzelte die Stirn. »Muss sie diese Zeichen
sehen?«
    »Wir müssen ihr ein Motiv geben, den Dekan aufzusuchen.
Der Brief wird helfen – er betrifft ihren Bruder –, aber
vielleicht genügt er nicht. Sie interessiert sich für die
Flitzer, deshalb wird die vergessene Auslöschung ihre Neugier
wecken, und sie wird dem Rätsel nachgehen wollen, auch wenn ihr
Instinkt ihr noch so dringend rät, sich von den Kathedralen

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