Offene Rechnungen
Fragen.«
Mit Zufriedenheit nahm Simon die Wünsche für einen schönen Feierabend von zwei Patientinnen entgegen und schlenderte zum Stationszimmer. Er teilte auch der Nachtschwester das positive Ergebnis mit, was der Kollegin eine Last von der Seele nahm. Hätte es ein schlechtes Ergebnis gegeben, wäre mehr Aufsicht über die bereits psychisch angeschlagene Patientin erforderlich gewesen. Anschließend rief Simon über sein Handy bei Esther Helmholtz an, erfuhr von deren Besuch bei Ariane Wiese. Sie schlug ein Treffen in ihrer Stammkneipe vor.
»Gute Idee, Esther. Ich muss mich noch umziehen und kann in einer viertel Stunde dort sein. Klärst du mit Juliane, ob es ihr auch passt?«
Esther sagte es zu, so konnte Simon noch unter die Dusche springen und den Krankenhausgeruch abwaschen.
*
Juliane kam regelmäßig in die Eckkneipe mit dem auffälligen, roten Außenanstrich am Schlossplatz, die seit ihrem letzten Inhaberwechsel vor wenigen Monaten wieder in der Gunst der Gäste stieg. Schon in früheren Jahren hatte sich diese Kneipe zu einer Szenekneipe entwickelt, was zwischendrin leider ein wenig nachgelassen hatte. Die neue Ausrichtung schien jedoch wieder verstärkt die alten Besucher anzulocken, zu denen auch Juliane zählte. An diesem Abend fühlte die Psychologin sich in ihrer Villa einsam und freute sich daher auf das Treffen mit den Freunden. Es war ohne Frage eine praktische Einrichtung, wenn man Praxis und Wohnung unter einem Dach vorfand. Aber auf der anderen Seite konnte es dadurch auch verdammt einsam in so einem großen Haus werden. Kaum war Juliane durch die Tür ins Innere ihrer Kneipe gekommen, erblickte sie den Mann in der schwarzen Lederjacke. Einen Augenblick glaubte sie, Frank Reuter sei zufällig auch in der Kneipe gelandet, doch dann wandte der Mann seinen Kopf und die Illusion verschwand. Juliane hatte wegen des Kieler Hauptkommissars mit einem Bekannten im LKA telefoniert, sodass sie einen Augenblick wieder dessen Ausführungen im Ohr hatte.
»Das ist ein sehr umstrittener Kollege, Juliane. Die Leute von der Internen sind ihm auf der Fährte, was nie etwas Gutes bedeutet. Er ist ein kompromissloser Ermittler, der bis an die Grenzen des Machbaren geht.«
Der Bekannte aus dem LKA hatte ein vielfältiges Bild seines Kollegen entworfen. Es hörte sich in Julianes Ohren so an, als wenn Frank Reuter nicht nur hier in Rendsburg die Menschen in ihrer Meinung zu ihm stark polarisieren würde. Auf der anderen Seite hatte sie einige Details seiner Arbeit erfahren, die ihn in ihren Augen sehr interessant erscheinen ließen. Dann entdeckte sie Esther und Simon an einem Ecktisch, die ihr zuwinkten. Die Erinnerung an das Telefonat verblasste und Juliane schob sich an den dicht besetzten Tischen vorbei.
»Besser, du packst schnell aus. Ansonsten garantiere ich für überhaupt nichts«, pflaumte die Psychologin den Arzt statt einer Begrüßung an.
Sie hasste es, wenn man sie zappeln ließ. Hanno, ihr älterer Bruder, hatte es immer mit Genuss getan und damit ihr Temperament zusätzlich angeheizt. Simon sollte sich diese üble Angewohnheit besser nicht zulegen, wenn er es sich nicht mit Juliane verderben wollte.
»Sollen wir nicht erst einmal in Ruhe essen?«
Für diese freche Frage erntete Simon einen harten Schlag gegen die Schulter. Zufrieden registrierte Juliane sein Aufstöhnen und wie er sich anschließend mit schmerzverzerrtem Gesicht die Schulter rieb. Juliane hauchte Esther einen Kuss auf die Wange und nahm beiläufig die dunklen Schatten unter den Augen ihrer Freundin wahr. Vermutlich machte die Mutter wieder Zicken und dazu die schwierigen Ermittlungen zusammen mit dem Kieler Hauptkommissar, da wunderte Juliane das erschöpfte Aussehen nicht wirklich.
*
Das Gespräch in der Kneipe drohte aus dem Ruder zu laufen, nachdem Simon seine Informationen an die beiden Frauen weitergegeben hatte. Esther wollte zuerst mit dem Kieler Hauptkommissar über diese neuen Erkenntnisse reden, während Juliane umgehend aktiv werden wollte.
»Wir haben keine Zeit, um auf das gnädige Einverständnis deines Kollegen zu warten! Dieser Unternehmensberater hat doch eindeutig Dreck am Stecken und mit der Pächterin der Cafeteria scheint auch etwas nicht zu stimmen. Wenn denen jetzt ständig am Tag die Polizei ins Haus schneit, werden die garantiert die heiße Ware in der Nacht aus dem Zentrum schaffen. Dabei müssen wir sie erwischen und dann ist die Polizei am Zug«, ereiferte Juliane sich.
Simon saß am
Weitere Kostenlose Bücher