Offensive Minotaurus
gerüttelt. Wie durch eine Nebelwand bemerkte ich sein verzerrtes Gesicht. Ich vernahm auch seine Stimme, aber die Worte erreichten mein Bewußtsein erst an zweiter Stelle.
Stanas Unterhaltung mit dem Zwerg dominierte. Eine eigenartige Paraverbindung, die ich nicht zu erklären wußte, übermittelte die Eindrücke seines Gesichtssinnes in mein Gehirn. Ich blickte durch seine Augen.
Stana nannte den grünen Zwerg Gormat. Beide unterhielten sich wie Wesen, zwischen denen eine skurrile Haßfreundschaft besteht.
Nikolai sprach mich wieder an. Ich fühlte seine Angst. Er, der unerschrockene Astropilot, geriet in Panik. Ich fürchtete, er könnte eine unüberlegte Handlung begehen, aber es gelang mir nicht, ihn über meinen Zustand aufzuklären.
Nach diesen flüchtigen Gedanken wurden Stanas Hirnimpulse noch stärker. Die Umgebung verschwamm vor meinen Augen. Der Zwerg war wieder da.
Er war von dem Ast geglitten und klebte nun am Stamm einer windzerzausten Kiefer. Grünes Feuer lohte aus seinem Mund. Das riesige Auge leuchtete wie ein Regenbogen, aus dem weißglühende Bannstrahlen hervorbrachen.
Stana wand sich am Boden und schrie. Ich hörte die Stimme des Zwerges.
»Stana, Brüderchen, so geht es doch nicht. Wir sind Freunde, oder? Ich bin du, und du bist ich. Wir sind eine untrennbare Einheit. Du wirst tun, was ich dir sage.«
Stana richtete sich kreischend auf und riß seine Maschinenwaffe an die Schulter. Es war ein moderner Armeekarabiner mit hochexplosiven Minirak-Geschossen.
Ich vernahm das Pfeifen der Projektile. Die Abschüsse erfolgten so schnell, daß der Mündungsknall zu einem konstanten Heulton anschwoll. Die Kiefer wurde von zahlreichen Geschossen zerrissen.
Dann saß der Zwerg auf einem anderen Baum. Stana feuerte ununterbrochen, bis das Magazin leer war.
Gormat lachte schrill. Er bog sich auf dem Ast zusammen, wurde zur leuchtenden Kugel und anschließend zu einem einäugigen Giganten, der mit seinen Säulenbeinen auf den Kranken zustapfte.
Stana ergriff die Flucht. Wieder wechselte das Bild. Eine Unterhaltung kam zustande.
»Ich gehe jetzt, Brüderchen«, sagte der Zwerg schmeichlerisch. »Du bist klug und folgsam, nicht wahr? Du kennst meine Anweisungen. Du mußt sterben, Stana – sterben nach eigenem Willen. Dort, wo ich herkomme, kennt man nicht die Angst vor dem Tode. Ich werde dich mitnehmen. Stana – ich gehe wirklich, aber ich komme zurück, wenn du nicht meinen Willen erfüllst.«
»Schurke«, schrie der Kranke. »Ich werde dir widerstehen. Du unterschätzt jene, zu denen ich gehöre. Was weißt du von der Menschheit? Ihre Größe ist ein Gottesgeschenk, das du nicht zerstören kannst.«
Nach diesen rätselhaften Worten kam Stana zu sich. Ich bemerkte, wie er sich schweißüberströmt aufrichtete. Zugleich vernahm ich vernünftige Gedankengänge.
»Er war da«, dachte Stana. »Ich habe etwas Zeit.«
Im gleichen Augenblick gelang es mir, mich aus dem fürchterlichen Bann zu befreien. Ich fiel zu Boden. Der Schmerz in meinem Knie verscheuchte die Benommenheit.
Als mein Blick wieder klar wurde, erkannte ich, daß Major Ludinow mit angeschlagener Waffe vor mir stand. Sein Gesicht war unbewegt. Die Kälte in seinen Augen verriet mir, daß er einen Entschluß gefaßt hatte.
»Nikolai«, drängte ich, »Nikolai, sofort den Alten wecken. Er muß wach sein, wenn sein Funkgerät läutet. Stana wird wahrscheinlich anrufen. Er hatte einen Anfall – und ich wurde davon eingefangen. Sei vernünftig, nimm die Waffe weg.«
»Freund, du hast ausgesehen wie ein giftspeiender Zwerg«, entgegnete Ludinow leise. »Weißt du, daß dein Rücken krumm wurde wie der Stab eines
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