Offensive Minotaurus
erklommen den Abhang.
Ludinow arbeitete schweigend und verbissen. Ich öffnete immer wieder mein Separatgehirn, um auf Imorgins Gedanken zu lauschen. Er dachte an nichts Bestimmtes. Sein aufgepeitschter Selbsterhaltungstrieb beherrschte völlig seinen Bewußtseinsinhalt.
Nach einer halben Stunde hatten wir den Spalt von Schnee und Eis gesäubert. Ich beugte mich nach vorn und leuchtete mit der Lampe nach unten. Sofort entdeckte ich eine vermummte Gestalt.
Imorgin kniete auf dem Boden und starrte nach oben. Sein Gesicht wurde von einem weißen Bart verhüllt. Als ich ihn anrief, sank er zusammen.
Wir fragten nicht mehr viel und ließen das Kunstfaserseil nach unten. Es dauerte lange, bis der alte Mann die Schlinge unter seinen Armen befestigt hatte.
Imorgin war schwerer, als wir angenommen hatten. Wir fanden an der steilen Wand kaum einen Halt. Als ich den Trapper aus dem Loch zerrte, stellten wir fest, daß er einen Teil seiner Ausrüstung mitgebracht hatte.
Sein alter Armeekarabiner wog schon fünf Kilogramm. Dazu kamen noch eine erstaunliche Menge Munition, eine zweischneidige Axt und etliche Pelztierfallen, die er in seinem Rucksack untergebracht hatte.
»Der Teufel soll dich holen«, sagte Ludinow wütend. »Hättest du den Kram nicht unten lassen können?«
Imorgin war völlig erschöpft. Er sagte kein Wort. Seinen dankbaren Blick würde ich aber nie vergessen.
Wir brachten Fedor nach unten und hoben ihn auf die hintere Sitzbank des Traktors. Hinter einer Schneewehe winkte Hauptmann Timoto. Für ihn war der Fall erledigt. Der planmäßig entflohene Geisteskranke wurde von anderen Männern des russischen Geheimdienstes beschattet.
Ich legte die Pelze ab und befreite Imorgin von seinen verschmutzten Kleidungsstücken. Ludinow drehte die Heizung auf.
»Okay, Väterchen, nun wollen wir einmal sehen, was wir für Sie tun können«, sprach ich den Prospektor an. »Wie sind Sie denn in diese Höhle gekommen? Wenn Nikolai nicht auf die Idee verfallen wäre, in dieser Gegend Pelztiere zu jagen, hätten wir Ihre Funksprüche nie gehört.«
»Vielen Dank, Herr Doktor, vielen Dank«, flüsterte Imorgin. »Ich bin zäh. Einige Tage hätte ich die Katastrophe noch überstanden, aber dann wäre das Ende gekommen. Was machen Sie da?«
Er richtete sich mühevoll auf und wandte den Kopf.
»Das ist eine Spritze, Großvater. Danach werden Sie sich gleich besser fühlen.«
»Hoffentlich springt er nicht wieder in den Stollen, um seine Schneeschuhe zu holen, dieser Narr«, schimpfte Ludinow.
Ich injizierte das kreislaufstabilisierende Mittel und drückte anschließend auf den Feuerkontakt einer Automatkonserve. Die Hühnerbrühe wurde in zwanzig Sekunden erwärmt.
»So, Imorgin, das essen wir jetzt. In einer Stunde gibt es die nächste Mahlzeit. Ihr Organismus muß sich erst langsam wieder an die Nahrungsaufnahme gewöhnen, verstehen Sie?«
»Blödsinn«, sagte der Alte.
Ludinow grinste. Er schien sich über mein erstauntes Gesicht zu amüsieren.
»Ein sibirischer Einsiedler hat Lungen aus Juchtenleder, Sehnen wie ein Wolf und Eingeweide aus Kunststoff. Gib ihm ein Pfund Räucherspeck, einen Kanten Schwarzbrot und dazu zwei Liter Graupensuppe. Über eure amerikanische Zimperlichkeit kann ein Mann wie ich nur den Kopf schütteln.«
Imorgin lachte mich an. Die heiße Hühnerbrühe trank er mit vier großen Schlucken aus. Ich hätte mir dabei die Kehle verbrannt.
»Hören Sie – in der Suppe war ein Viertelpfund Fleisch«, stammelte ich.
Ludinow amüsierte sich köstlich. Da gab ich es auf, den »Geretteten« nach den Regeln medizinischer Erkenntnisse behandeln zu wollen.
Ich war entsetzt, als
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