Offensive Minotaurus
Sekunden, bis er meine Worte verstanden hatte. Dann sprang er auf, öffnete den Medikamentenkasten und griff nach einer Automatspritze, die ich ihm mit schwacher Stimme bezeichnete. Es handelte sich um ein Vitaminpräparat, das ich eigentlich für Fedor Imorgin mitgenommen hatte.
Ludinow injizierte das Aufbaupräparat in meinen Oberarm. Das Zischen der Spritze genügte, um ihm zuzuflüstern:
»Sofort abfahren.«
In seinem Gesicht zuckte kein Muskel. Stana hatte sich erhoben. Er stand mitten im Raum und lauschte in sich hinein. Seine Hände hingen schlaff herab.
Ludinow ergriff die Initiative.
»Väterchen, wir müssen dich enttäuschen. Ich kann es nicht verantworten, Dr. Gunnarson länger hierzulassen. Er muß sofort in ärztliche Behandlung. Ich hatte nicht gedacht, daß sein Zustand noch so labil ist. Wir fahren los.«
Fedor blickte mich prüfend an. Dann schritt er wortlos zu unserem Gepäck hinüber.
»Sie wollen fort?« erkundigte sich Stana teilnahmslos.
»Wir können Sie mitnehmen«, bot ihm Ludinow an. »Wenn das Funkgerät noch in Ordnung wäre, hätte ich einen Schrauber angefordert. Wir fahren bis zum Flugplatz von Ulachan. Dort werde ich eine Maschine bekommen.«
Nun wagte ich es doch, Stanas Impulsströme aufzunehmen. Der Zwerg war verschwunden, aber der Kranke unterlag noch einem nachklingenden Einfluß.
Unruhe breitete sich in mir aus. Was hatte das zu bedeuten?
Draußen schneite es kaum noch. In einer Stunde mußte es dunkel werden.
Ich ging zum Waffenständer hinüber und zog meine Automatik aus der Halterung. Stana beobachtete mich mit rätselhaften Blicken. Seinem gestörten Gehirn war nichts zu entnehmen. Doch – da war ein Impuls der Schadenfreude und Erwartung.
»Es wird Zeit, Nikolai«, drängte ich. »Väterchen, ich danke für die Gastfreundschaft. Nikolai hat recht, ich muß in die Klinik zurück. Die Ärzte hatten mich gewarnt, die Behandlung so früh abzubrechen. Ich hatte aber nicht hören wollen. Übermorgen bin ich wieder in den Vereinigten Staaten. Ich werde Sie später einmal besuchen.«
Er sagte wieder nichts. In gebeugter Haltung trug er unser Gepäck zum Schleppschlitten zurück. Wir folgten dem Alten ins Freie. Die Konserven und Getränke wollten wir ihm als Geschenk lassen.
Als wir den Traktor erreichten, erkundigte sich Nikolai hastig:
»Was ist eigentlich los? Ich verstehe nichts mehr!«
»Das ist auch nicht nötig. Vielleicht ist das nur für einen Mann mit meiner Ausbildung zu erfassen. Ich wittere Gefahr, aber ich weiß nicht, woher sie kommt. Schnell, wir verabschieden uns.«
»Was soll aus Stana werden?«
»Ich habe einen Mikro-Körpersender bei mir. Er sitzt in meinem rechten Oberschenkel.«
»Eh …?«
»Auch das wirst du noch begreifen. Die Polizei wird den Kranken bestimmt schnell finden. Er ist nicht verantwortlich für seine Taten. Ich gebe eine Nachricht durch, daß man ihn nun festnehmen kann. Los schon, beeile dich!«
Ich sah in den wolkenverhangenen Himmel hinauf, dann wanderte mein Blick zum Waldrand hinüber. Ein Wolf heulte.
Ludinow fuhr zusammen. Unwillkürlich zog er seinen Karabiner an die Hüfte.
Stana stand unter dem Vordach der Hütte. Er sprach kein Wort mehr. Fedor erschien mit dem zertrümmerten Funkgerät. Ich warf es achtlos in den Gepäckraum des Schleppschlittens.
»Leben Sie wohl, Stana Imorgin«, rief ich zum Blockhaus hinüber. »Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben.«
Er winkte zurück. Fedor drückte meine Hand.
»Kommen Sie bald wieder«, sagte er gepreßt. »Ich weiß schon, warum Sie so schnell gehen. Er fragt zuviel. Ich bringe ihn zurück ins Krankenhaus. Ich will ehrlich sein, Herr: er ist nicht am Blinddarm operiert worden. Ich glaube,
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