Oh Happy Dates
ist Spinat«, sagt Simon und deutet darauf.
Santos gibt Simon einen Klaps auf den Rücken und steuert die Toilette an.
»Besten Dank, Si«, sage ich sarkastisch.
»Komm her, du.« Er packt mich und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Dann lässt er mich los. »Was ist denn mit Jules los?«
»Nichts, warum?«
»Sie ist brünstig. Sie hat mir gerade ihre Brüste gezeigt«.
»Das macht sie immer, wenn sie betrunken ist.«
»Wollen wir später zusammen tanzen?« Er lächelt.
»Ja«, antworte ich begeistert. Ich tanze liebend gern mit Simon, auch wenn es meistens mit einem verletzten Knöchel endet.
»Sarah!« Es ist Nikki, die von hinten heranstürmt. »Dich habe ich den ganzen Tag kaum gesehen! Pass auf, ich habe oben ein Zimmer gebucht. Komm mit mir auf ein Schwätzchen.« Sie packt mich am Arm.
»Wunderbar. Dort werde ich mein Make-up auffrischen, und dann wird Santos mir nicht mehr widerstehen können.«
»Ah, du hast Santos kennengelernt? Ist er nicht umwerfend?«
Wir kommen an Julia vorbei, der Nikki ebenfalls ihre Hand entgegenstreckt. Die Braut führt uns hoch in den ersten Stock und öffnet die Tür zu einem Zimmer voller Geschenke und Mäntel und einem Doppelbett. Sehnsüchtig betrachte ich das Bett mit seinen riesigen Kissen. Wie ein Zombie bewege ich mich darauf zu. Ich ziehe meine Schuhe aus. Bevor ich Santos verführe, werde ich mich hier kurz ausruhen.
»Ahhh«, seufze ich und verschmelze mit der weichen Unterlage.
Die anderen lachen und gehen ins Badezimmer. Das Bild, das sich beim Schließen meiner Augen im Kopf einstellt, ist nicht das von Santos, sondern das von Simon. Er tanzt und lacht, und als ein langsameres Musikstück gespielt wird, zieht er mich in seine Arme. Das dürfte das bequemste Bett sein, in dem ich je gelegen habe.
Mein Mund fühlt sich an wie fusseliger Filz, den man aus einem Mülleimer voller Knoblauchhühnchen, Rotwein und Champagner gefischt hat. Wasser. Ich brauche unbedingt Wasser. Und Schokolade. Ich will Schokolade. Ich glaube, ich bin eingedöst. Hoffentlich hat Santos keine alternative Unterhaltung gefunden. Da ist jemand im Raum. Ich kann Stimmen hören.
»Komm her, mein Prachtkerl.« Es ist Julias heisere Stimme.
Ich höre Schlürfgeräusche.
»Äh, Julia …«, setzt Simon an.
Davon möchte ich auf keinen Fall Zeuge werden. Ich setze mich im Bett auf.
»Ich möchte jetzt wirklich was Süßes. Gibt es unten Kuchen?«, frage ich mit sanfter Stimme.
»Hallo Schlafmütze«, sagt Simon. Er befreit sich aus Julias Umklammerung und kommt zu mir ans Bett.
»Ich bin gerade hochgekommen, um dich zu wecken, aber Julia ist mir nachgelaufen.« Er fängt an, mir die Haare zu zerzausen. »Wenn sie tagsüber einschläft, braucht sie danach immer was Süßes.«
»Ja, aber von tagsüber kann keine Rede mehr sein, oder? Wir haben elf Uhr abends«, sagt Julia.
»Was?«, brülle ich wie eine zornige Hexe.
»Es ist dreiundzwanzig Uhr fünfundzwanzig«, sagt Julia mit Blick auf ihre Uhr.
»Habe ich das Tanzen verpasst?«, frage ich, und meine Unterlippe zittert dabei.
»Nein, ein paar Leute werden schon noch auf der Tanzfläche sein«, meint Simon freundlich.
»Habe ich Nikkis und Bertrands Aufbruch in die Flitterwochen verpasst?«
Julia nickt mir traurig zu.
»Ich habe mich nicht mal verabschiedet«, jammere ich.
»Sie haben versucht, dich zu wecken. Am Ende haben sie bloß noch den Fotografen hochgeschickt, um ein paar Schnappschüsse zu machen«, sagt Simon. Er lacht, bis er sieht, wie sich mein Gesicht verfinstert.
»Und was ist mit dem Brautstrauß?«, frage ich zwischen zwei Schluckaufanfällen.
»Ich habe ihn gefangen!«, freut sich Julia.
»Was ist mit meinem Brasilianer?«
»Ich glaube, er ist gegangen, Sare«, sagt Simon und knuddelt mich.
»Ich brauche Wasser.«
Ich steige aus dem Bett, hebe meine Tasche auf und
verlasse den Raum. Ich habe die Hochzeit meiner Freunde verschlafen. Meine beste Freundin hat den Brautstrauß gefangen und wird vermutlich meinen Mitbewohner heiraten, von dem ich gerade so schön geträumt habe. Ich werde für den Rest meines Lebens allein bleiben. Ich bin müde und in rührseliger und melodramatischer Stimmung. Ich lasse den Tränen freien Lauf. Ich überprüfe mein Telefon. Eine Nachricht von Paul.
Sarah. Ich vermisse dich. Ich bin Single, ehrlich! Und ich würde dich unheimlich gern sehen.
Vor zwei Stunden abgeschickt. Ich bin betrunken und schlafe noch halb. Ich sollte es nicht tun. Ich sollte es nicht tun.
Weitere Kostenlose Bücher