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Oh Happy Dates

Oh Happy Dates

Titel: Oh Happy Dates Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holmes Lucy Anne
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Gesichter mehr.«
    Mir tut vom ständigen Kinnrecken schon der Nacken weh. Mein Mund fühlt sich an, als hätte er noch nie zu diesem Gesicht gehört. Ich weiß nicht mehr, wie man ganz normal lächelt. Als dem Fotografen einfällt, dass er mit der Familie der Braut eine Fotostrecke machen könnte, sind wir entlassen. Julia und ich stürzen uns auf ein Tablett mit Champagner, als hätten wir gerade in der Atacama-Wüste an einem Butterkekswettessen teilgenommen. Wir entdecken Simon. Ich halte mich absichtlich von ihm fern, damit Julia sich an die Vorarbeit machen kann. Derweil halte ich Ausschau nach einem brasilianischen Mann zum Heiraten. Und versuche, ein Gähnen zu unterdrücken.
    »Haben wir dich vom Schlafen abgehalten?«, fragt Simon.
    »War gestern Abend in einem Fetischklub, weißt du«, erwidere ich und bin dabei ganz cool.
    Julia sieht mich an und fängt an, ihren Hals zu bewegen, als hätte sie Wasser in die Ohren bekommen.

    »Was machst du da?«, frage ich.
    »Sieh mal, da drüben«, fordert sie mich auf. Ihr zuckendes Ohr lässt meinen Blick an den Rand des Rasens wandern.
    Bertrand hat seinen Arm um eine überaus mondäne Brasilianerin in einem umwerfenden violetten Satinkleid mit passendem Hut gelegt. Sie ist eine sinnliche und exotische Erscheinung. Ich bete, dass ich beim Essen nicht neben ihr sitze.
    »Irgendwas stimmt mit denen nicht, oder?« Julia runzelt die Stirn.
    Ich studiere die beiden eine Zeit lang. »Oh«, sage ich.
    Bertrand liebkost ihr Ohr, und sie lächelt wissend. Ich war mir nie sicher gewesen, was man sich unter einem wissenden Lächeln vorzustellen hat. Aber sie lächelt auf eine Weise, die besagt: »Es war ganz toll, was du gestern Nacht mit deinen Fingern gemacht hast, als ich meinen Orgasmus hatte.« Jetzt kapiere ich, was man unter einem wissenden Lächeln versteht.
    Nikki wird zusammen mit ihrer Mum und ihrem Dad und Flora fotografiert. Sie hat Bertrand noch nicht bemerkt.
    »Simon, weißt du, wie diese Frau in Violett heißt?«, fragt Julia.
    »S, S, Sa«, beginnt Simon, aber sein Interesse gilt eher dem Kellner, der mit einem Tablett Kanapees über den Rasen kommt.
    »Sarah?«, keucht Julia. Ich höre ihren Atem schneller gehen. Dies ist das erste Stadium von Julias legendären Wutanfällen.
    »So ähnlich«, meint Simon achselzuckend, ehe er dem Kellner hinterherstürmt und uns allein lässt.
    Das zweite Stadium von Julias Wutanfall ist erreicht,
wenn ihre Augen zu schmalen Schlitzen werden. Stadium drei, wenn dunkle Wolken über ihr Gesicht ziehen und ihre Stirn sich wie ein reifer Kürbis furcht. Stadium vier ist die Explosion höchst einfallsreicher Flüche. Stadium zwei, drei und vier folgen in Formel-eins-Geschwindigkeit aufeinander. Ich sehe sie entsetzt an.
    »Ja, das ist es!«, sagt sie kehlig. »Ich werde mir diese aufgetakelte Schnepfe vorknöpfen.« Ich öffne meinen Mund, um zu protestieren, komme aber nicht dazu, weil sie mir mein Champagnerglas aus der Hand reißt und davonschreitet, in jeder Hand ein Glas Schampus. Ich bleibe wie erstarrt stehen und sage lautlos »Scheiße«.
    »Was ist denn mit unserem Busenwunder los?«, fragt Simon, der mit drei Räucherlachsblinis zurückkehrt.
    »Sie wird eine schreckliche Szene machen und die Hochzeit ruinieren.«
    »Hä?«, sagt er mit vollem Mund.
    Julia pirscht sich an die beiden heran. Sie spritzt in beide Gesichter ein Glas Champagner. Ungläubig starren die drei sich daraufhin einen Moment lang an. Dann verzerrt die Brasilianerin wütend das Gesicht. Sie lässt eine Schimpfkanonade auf Portugiesisch los. Der Champagner tropft von ihrem Kinn, und ihr zuvor üppig wallendes Haar klebt nun an ihrem Gesicht.
    »Warum hat Jules gerade Bertrand und seine Schwester nass gespritzt, Sare?«, will Simon wissen, ohne seinen Blick von der Szene abwenden zu können. Ich starre die Spritzer auf Bertrands grauem Satinanzug an. Ich rechne jeden Moment damit, dass die brasilianische Sexgöttin Julia verprügelt. Simons Worte erreichen mich.
    »Seine Schwester?«
    »Na ja, Stiefschwester oder so was. Die Tochter der Frau seines Vaters aus erster Ehe, denke ich.«

    »Woher weißt du das?«
    »Sie sieht scharf aus, also habe ich Bertrand gefragt, wer sie ist.«
    »Und das hat er dir darauf geantwortet?«, frage ich.
    »Ja. Mensch, was geht da ab, Sare?«
    Ich sehe Julia an, zu der sich inzwischen Nikki und Flora gesellt haben. Sie unterhalten sich sehr intensiv miteinander. Nikki wirft ihren Kopf in den Nacken und lacht lauthals.

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