Oh Happy Dates
wonach ich suche.
Und so hat die Klosterschülerin beschlossen, ihre heißen Höschen eine Weile wegzuhängen. Vielleicht wird sie ganz diskret dem Mann mit Würde auflauern, da sie nun weiß, dass er Single ist. Sie möchte herausfinden, ob es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gibt.
»Ist das alles, was ich in meinem Blog mache? Lamentieren?«, frage ich.
»Nein, Sare. Der ist viel besser geworden, seit du Sex und Gehässigkeiten hineinpackst«, sagt Julia und streckt sich auf der Gästematratze aus.
»Findest du, dass ich zu besessen bin von meinem Blog und es gar nicht merke, wenn ich den richtigen Mann treffe, Jules?«
»Hm«, Julia zögert. »Ich weiß es nicht, Sare.«
Keine von uns sagt noch was, bevor wir einschlafen.
46
Nikki würde auch mit Mumps und in einer Regenjacke noch gut aussehen. In ihrem cremefarbenen Hochzeitskleid aus Satin sieht sie heute aus wie einer Anzeige von Estée Lauder entstiegen. Ich kann meinen Blick gar nicht von ihr abwenden. Noch nie habe ich jemanden ohne harte Drogen so glücklich gesehen. Sie verströmt eine magische Energie. Alle um sie herum lächeln ebenfalls. Bliebe Nikki so, könnte sie UN-Friedensbotschafterin werden und in vom Krieg erschütterte Länder reisen. Serienmörder und Plünderer würde ihr ihre Jungfrauen oder ihre Unterhaltungselektronik zu Füßen legen, wenn sie vorbeikommt. Ihr Lächeln würde auf ihre Lippen überspringen. Und sie würden stattdessen Blumen pflanzen, Freundschaften schließen und Harmonika spielen lernen.
Ich jedoch lächele nicht, weil intensives Glück, ebenso wie hundertsiebzehn andere Dinge, mich zum Weinen bringt.
»Sarah, Liebste, du musst dich zusammenreißen«, gurrt Nikki. »Ich muss jetzt zum Altar gehen.«
»Schätzchen, direkt danach ist die nächste Hochzeit gebucht«, versucht es Flora.
»Komm schon, Sare. Wir ziehen das jetzt durch, und dann trinken wir Champagner«, bellt Julia.
Ich halte den Atem an und nicke.
»Los geht’s«, flüstere ich und reiße mich zusammen.
Nikkis Eltern nehmen sie an der Hand, und Flora, Julia und ich gruppieren uns hinter ihnen.
»Jetzt zeigen wir mal alle unsere Schokoladenseite, oder, Sare?«, flüstert Julia mir zu, als die Türen zum Saal sich öffnen.
Über hundert Leute drehen sich wellenartig um und lächeln Nikki an. Die Musik setzt ein, und ich lächele auch. Es ist »If Not For You«, gesungen von Olivia Newton-John. Nikki wollte mir nicht sagen, welche Musik sie auf ihrem Weg zum Traualtar begleiten wird. Es sollte eine Überraschung sein. Während unserer Zeit im Kloster liebten wir diesen Song. Mit zwölf sahen wir Grease und waren anschließend besessen von Olivia Newton-John. Es war etwas ganz Besonderes, als unsere Mütter uns eines Samstags erlaubten, in die Stadt zu gehen und ihre LP zu kaufen. Als wir nach Hause kamen, spielten wir sie immer wieder, bis wir alle Texte auswendig konnten. Wir versprachen uns, diesen Song auf unserer Hochzeit zu spielen. Wir würden eine Doppelhochzeit mit den zwei Brüdern von Bros feiern. Doch leider gibt es ein Problem mit diesem Song. Simon und ich haben ihn nämlich eines Abends umgetextet. Es war einer der zwei Abende, an denen ich die Entgiftungsdiät von Carol Vorderman machte. Ich bereitete ein Irish Stew zu und sang während des Kochens »if not for stew«. Wie sich herausstellte, hatte das Stew die Farbe einer unerfreulichen Darmbewegung, und bei seinem Anblick änderte Simon dann den Text in »if not for poo«.
Ich versuche, Simon zu entdecken. Ich erkenne seinen Hinterkopf, in der dritten Reihe auf Bertrands Seite. Er dreht sich um. Wir sehen einander an. Er zwinkert mir zu und formt mit seinen Lippen die Worte: »Unsere Version ist besser.« Er sieht heute umwerfend aus. Es muss am
Anzug liegen. Er sieht so sexy aus wie James Bond. Brrr! Was soll das? Hör auf zu spinnen, Sarah. Das ist Simon. Er ist dein Freund, er hat eine Freundin, und deine beste Freundin beabsichtigt, sich ihm nach den Reden an den Hals zu werfen.
Als Nächstes folgt das unvermeidliche Herumstehen-undauf-nüchternen-Magen-Champagner-Trinken. Als Brautjungfern sind Julia und ich für viele Fotos gefragt. Das ist ungünstig. Wir haben es uns zur Regel gemacht, uns nur von Fotohandys fotografieren zu lassen, und zwar nur an dunklen Orten, wo Alkohol ausgeschenkt wird. Wir setzen finstere Mienen auf, bis der Fotograf sagt: »Immer locker bleiben, Ladys.« Und wenn wir dann lächeln, sagt er: »Bitte, meine Damen, keine albernen
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