Oh Happy Dates
hinhältst. Sie ist meine Freundin. Sie ist ein Engel. Ich passe auf sie auf. Okay? Und jetzt würde ich gern wieder ins Bett gehen.«
»Wie kommst du dazu, so etwas zu sagen? Wie ich gehört habe, hast du Julia auf der Hochzeit geküsst. Gehst du nicht eigentlich mit Ruth? Und eins sage ich dir, ich bin mit niemandem sonst zusammen. Auch ich finde, dass Sarah ein Engel ist, also sollten du und ich uns lieber bemühen, miteinander auszukommen.«
Ich muss lächeln und stehe auf. Ich sollte Paul wohl besser von Simon weg und rasch ins Bett holen. Nacktsein ist angesagt. Ich öffne meine Zimmertür und schaue in den Flur hinaus, während Ruth gleichzeitig Simons Schlafzimmertür öffnet und ebenfalls in den Flur hinausschaut.
»Du hast Julia geküsst?«, fragt Ruth leise. Sie sieht aus,
als hätte ihr jemand eine Ohrfeige verpasst. Wir sehen sie an und blicken dann alle zu Boden.
»DU HAST JULIA GEKÜSST?«, wiederholt sie. Laut. Mit dieser Stimme und Ausstrahlung könnte sie auf die Bühne.
»Ich wusste doch, dass da was im Busch ist. Du hast sogar ein albernes Foto von ihr im Bikini am Schwarzen Brett hängen. DA!«, sagt sie und deutet auf das vollbusige Foto von Julia, das ich mit Klebeband dort befestigt habe. Es sieht nicht gut aus, denn neben Julias halb nacktem Körper steht das Ratgeberzitat: Behalte dein Ziel stets im Auge!
»Ruth.« Simon geht mit offenen Armen auf sie zu. »Komm, lass uns in meinem Zimmer darüber reden.«
»LASS DIE FINGER VON MIR, DU SCHEISS-KERL!«, kreischt sie. Ich würde gern lachen. Ich beiße mir auf die Lippe. Es ist die Kombination aus einer angespannten Situation und des viel zu selten ver wendeten Worts »Scheißkerl«. Und dabei ist es so ein gutes Schimpfwort. Ich blicke zu Boden und beiße mir noch fester auf die Lippe. Binnen zehn Sekunden hat Ruth die Wohnung verlassen. Der Boden bebt ein wenig von der zugeschmissenen Tür.
»Tut mir leid, Mann, ich wusste nicht, dass sie da drin ist!«, sagt Paul.
Simon bleibt still und stumm. Das habe ich nur selten erlebt, und es alarmiert mich.
»Ich gehe wohl besser«, sagt Paul und geht an mir vorbei in mein Zimmer, um seine Schuhe zu holen.
Ich stehe da und schaue Simon hilflos an.
»Dieser Blog ist böse!«, sagt er kopfschüttelnd zu mir.
Ich verstehe zwar nicht, warum man meinen Blog
dafür verantwortlich machen kann, dass er im betrunkenen Zustand mit Julia herumgeknutscht hat, aber ich spüre, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist, ihm dies zu sagen.
50
Es sind merkwürdige Zeiten. Das sagt jedenfalls der Astrologe Jonathan Cainer. Es hat was mit dem Saturn zu tun.
1. Ich habe einen Freund. Ich, Sarah Sargeant, habe einen festen Freund. Er ist im Moment zwar zum Arbeiten in New York, aber er ist trotzdem mein Freund. Auf den Tag des Marathonlaufs habe ich ihn noch nicht angesprochen. Immer wieder nehme ich es mir vor, lasse es dann aber sein. Anrufe nach New York sind teuer, und ich möchte die reizenden Gespräche nicht verderben, die wir führen. Ich habe Angst davor, alles könnte wie ein Kartenhaus zusammenfallen, wenn ich das Thema anschneide. Ständig fragt er mich, was wir tun sollen, wenn er zurückkommt. Ich möchte ihm nicht sagen, dass ich an dem Wochenende, an dem er zurückkommt, Geburtstag habe und ich dreißig werde. Im Moment bin ich noch kurz vor dreißig. Ich möchte nichts unternehmen, was dem Überschreiten der Schwelle zu den Dreißigern Gewicht verleiht. Ich werde einfach nur in einem abgedunkelten Raum liegen und meiner verlorenen Jugend nachtrauern, rührselige Gedichte schreiben und dabei Unmengen Wein trinken.
2. Irgendwie hat irgendwer – ein Vandale – sich in meinen Blog eingehackt und ihn mit einer blöden Viagra-Werbung
verlinkt. Meine zwei Hauptverdächtigen sind Simon und Eamonn Nigels. Ich habe es noch nicht übers Herz gebracht, mir Simon richtig vorzuknöpfen, weil er so traurig ist. Es geht ihm richtig elend. Seit seiner Trennung von Ruth hat er kaum ein Wort gesprochen, und ich fühle mich erbärmlich. Ich würde gern zu Eamonn gehen und ihn ganz direkt fragen, ob er der Übeltäter ist, aber im Moment geht das nicht, weil ich mich auf andere Dinge konzentrieren muss.
3. Morgen habe ich ein Vorsprechen. Das allein ist schon seltsam genug, aber es ist kein Vorsprechen für eine lustige Zofe oder eine kleine Verkäuferinnen-Nebenrolle. Nein. Es geht um die Rolle einer heroinabhängigen Domina mit hellseherischen Fähigkeiten. In einer der Szenen des Stücks muss ich
Weitere Kostenlose Bücher