Oh Happy Dates
Figur würde definitiv auch tagsüber zum Alkohol greifen. Und Denzel Cruise ist ein großer Fan von Cocktails vor dem Mittagessen.« Er holt sich einen aus dem Kühlschrank, schreit »Prost« und nimmt einen großen Schluck.
»Weißt du, welcher Teil des Skripts morgen von dir erwartet wird?«
»Ja, das ist der hie …«
»AMERIKANISCH!«, korrigiert er mich.
»Ups, tut mir leid«, kichere ich und reiche ihm dann das Skript mit der großen Rede, die ich morgen zu halten habe.
»Gut, ich habe noch ein paar Anrufe zu erledigen, du lernst das jetzt, dann komme ich um drei Uhr wieder, und wir arbeiten daran.«
Ich möchte ihn an mich drücken und mich bedanken. Aber er würde mich vermutlich ermahnen, nicht aus meiner Rolle zu fallen. Also lächele ich ihn nur an und nicke, und er kommt auf mich zu und gibt mir einen Kuss auf den Kopf, ehe er den Raum verlässt.
Den Rest des Nachmittags verbringe ich mit dem Lernen meines Textes und schaue mir The Texas Chainsaw Massacre an. Als ich damit fertig bin, lege ich Psycho in den DVD-Spieler und hole mir meinen Laptop. Ich tippe »Domina« und »Blog« ein und finde das her vorragend geschriebene Tagebuch einer Domina aus den Staaten. Es ist ein lustiger, trauriger und überraschender Einblick in ein Leben, das mir vollkommen fremd ist. Aus irgendeinem Grund berührt mich die Tatsache, dass sie eine Katze hat, am meisten. Meine Figur sollte auch eine Katze haben. Dann versuche ich, so viel wie möglich darüber herauszufinden, wie es ist, übernatürliche Kräfte zu besitzen, was gar nicht so leicht ist. Ich blicke gerade von meinem Computer auf, um mir die Duschszene von Psycho anzuschauen, als Simon zur Tür hereinkommt.
»Hi, Denzel.«
»Sare, ich meine Benitta. Ich habe gerade wieder einen dicken Vertrag für diese Drinks abgeschlossen. Es nimmt überhand.« Er sieht weniger glücklich als vielmehr schockiert aus. Er geht an seinen Rucksack und zieht eine Flasche Champagner und jede Menge Schachteln vom Takeaway hervor. Er öffnet einen Deckel, und sofort rieche ich mein absolutes Lieblingsessen.
»Massaman-Curry!«, stöhne ich.
»Ja, und Lachs und diese kleinen Appetithäppchen, die wir so gern mögen.« Er lächelt. Wir breiten alles auf dem Kartontisch aus und tafeln. Danach drillt mich Simon oder Denzel die nächsten vier Stunden für mein Vorsprechen.
51
Ein Vorsprechen ist wie Sex mit einem neuen Partner:
1. Man ist im Allgemeinen von seiner eigenen Vorführung entsetzt.
2. Man hört nie wieder von der Person, für die man sich in Szene gesetzt hat.
In beiden Fällen entwickele ich eine ungesunde Beziehung zu meinem Mobiltelefon. Ich wende Gedankentricks an, die ich in Star Wars -Filmen gelernt habe, um es klingeln zu lassen. Ich halte das heiße Gerät in meiner Hand. Ich schließe meine Augen und denke: »Bitte klingle und sag, dass sie mich haben wollen, bitte klingle und sag, dass sie mich haben wollen.« Aber ausnahmslos tut es das nicht, und dann werfe ich das Gerät auf den Boden, in einem Fall sogar aus dem Fenster. Noch habe ich es nirgendwohin geworfen, weil ich das Vorsprechen erst vor einer halben Stunde verlassen habe und mich momentan auf dem Oberdeck eines Busses befinde. Was aber nicht heißen soll, dass mir nicht nach Telefonwerfen zumute wäre. Im Gegenteil, ich würde äußerst gern einen ganz abscheulichen Wurf mit einem ganz besonderen Mobiltelefon veranstalten, das dem Mädchen hinter mir gehört. Sie spielt Musik damit ab. Ich habe überhaupt nichts gegen Musik in Bussen. Ich finde, alle Busse sollten eingebaute Soundsysteme
haben, aus deren hervorragenden Lautsprechern beruhigende, demokratisch ausgewählte Musik kommt. Der Song, den das Mädchen hinter mir für heute ausgewählt hat, heißt »Fuck the Police«, und die Lautsprecher seines Mobiltelefons sind so schlecht, dass der Klang aus dem Inneren einer besetzten öffentlichen Toilette in Deptford zu kommen scheint. Dieser Lärm stört meine Jedi-Gedankentricks.
Ich drehe mich um. Dort sitzen zwei Mädchen nebeneinander. Sie sehen aus wie siebzehn, das heißt, sie dürften dreizehn sein. Sie tragen grüne Schuluniformen.
Ich lächele entschuldigend: »Verzeihung, Mädels, aber ich habe wahnsinnige Kopfschmerzen. Könntet ihr das vielleicht ausschalten?«
Ich greife mir über meinem rechten Auge an den Kopf. Ich bin gut im Vortäuschen von Kopfschmerzen. Beim Casting für eine Schmerztabletten-Werbung habe ich es mal unter die letzten zwei geschafft.
Eins der Mädchen
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