Oh Happy Dates
bin so blöd!«, stammelt sie und ringt dann wieder nach Luft.
»So ist’s gut, Rachel, wein dich richtig aus«, weise ich sie an.
Sie fängt an zu wimmern.
»Das ist erbärmlich, Rachel. Jetzt komm schon, ich möchte Tränen und Lautstärke.«
Sie kichert. »Nein, nicht lustig, Rachel, ich will schmerzerfülltes Jammern«, sage ich zu ihr und markiere die Schroffe.
Sie kichert noch mehr.
»Also gut, was ist passiert?«, frage ich, als ich davon ausgehen kann, dass sie sich auf vier eingependelt hat.
»Diese elende Selina Gutteridge hat ihm gesagt, ich sei eine versaute Schauspielerin und bloggende Hure.«
»Hm«, sage ich und bewundere Rachels knappe Eloquenz unter den gegebenen Umständen. »Was hat er gesagt?«
»Er wollte wissen, ob ich Schauspielerin sei, und ich sagte, ja, ich sei eine gewesen, wolle das aber aufgeben.«
»Nun, das hört sich doch gar nicht so schlecht an«, sage ich.
»Dann hat er mich gefragt, ob ich einen Blog hatte, und ich sagte ja, und da klang er sehr verletzt, Sarah. Dann wollte er wissen, wie dieser Blog denn hieß, und ich sagte Beichten einer Klosterschülerin , und er reagierte darauf geradezu verängstigt, aber ich versicherte ihm, dass ich, seit wir uns kennen, nichts mehr geschrieben habe und den Blog auch löschen will, es aber bisher noch nicht geschafft habe.«
»Also, ganz ehrlich, Rachel, das klingt gar nicht so schlecht.«
»Aber er liest ihn! Er meinte, er wolle ihn lesen und mich dann zurückrufen!«, wimmert sie.
»Hmm. Jetzt entspann dich mal, Rachel. Sag ihm, dass du alles löschen wirst und ihn liebst, und dann gibst du ihm etwas Bedenkzeit.« Mir ist klar, dass das nicht von großer Weisheit spricht, aber es ist das Beste, was mir unter diesen Umständen einfällt.
»Okay«, sagt sie matt. »Und danke, Sarah.«
»Keine Ursache, Rachel.«
»Worum ging es denn?«, will Paul wissen, der gerade das Kebabpapier zerknüllt.
»Das ist zu kompliziert«, sage ich kopfschüttelnd.
»Komm her, Kummerkastentante Schauspielerin Rasseweib«, sagt er und öffnet die Arme.
»Also gut, aber ich komme dir nicht zu nahe, stinkender Kebabmann«, sage ich und weiche seinen zum Kuss gespitzten Lippen aus, um mich mit Knuddeln zu begnügen.
58
Paul steht unter der Dusche. Ich suche sein Zimmer nach ein bisschen erotischer Lektüre ab. Ich habe unter seinem Bett, unter seiner Matratze, in der obersten Schublade seines Nachttisches und unten hinter dem Heizkörper nachgesehen. Bis jetzt habe ich außer einem Skateboard nichts entdeckt. Jede Minute kann er aus der Dusche kommen. Ich weiß nicht, wie ich mich bei seiner Rückkehr verhalten soll. Meine Optionen sind folgende:
1. Ich ziehe sämtliche Kleider aus und lege mich ins Bett. Pro: Er weiß dann, dass ich bereit bin. Kontra: Das sinnliche Auskleiden geht verloren.
2. Ich bleibe vollständig angezogen und schicke eine SMS an Julia. Pro: Ich wirke gesellig. Kontra: Julia wird mich anrufen und laut ins Telefon brüllen.
3. Ich ziehe eins seiner T-Shirts an und probiere sein Skateboard aus. Pro: Ich wirke verspielt. Kontra: erhöhtes Verletzungsrisiko, da ich nicht skaten kann, und mit einem gebrochenen Bein oder einer gerissenen Milz kann ich nicht im Theater auftreten.
Die SMS-Variante setzt sich durch. Ich fische mein Handy aus der Tasche. Es läutet. Es ist Eamonn Nigels. Oh Gott, was soll ich tun? Geh dran, Sarah, er hat dich gerade für
seinen Film gecastet. Aber beeil dich. Danach musst du dich mit ernsthafter Nacktheit befassen.
»Eamonn«, sage ich und gebe mir Mühe, überrascht und erfreut zugleich zu klingen.
»Entschuldige, dass ich dich so spät noch anrufe, Sarah.« Ausdruckslose Vortragsweise.
»Nicht doch, sei nicht albern, ich freue mich, von dir zu hören.« Hör auf, wie ein Mitglied des Wohltätigkeitsvereins zu reden, Sarah, er ruft dich doch ganz offensichtlich an, um dich zu fragen, ob seine Freundin eine verrückte Sexbesessene ist.
»Wusstest du es?« Wieder ohne Ausdruck. Ich reibe mir mit der Hand über die Stirn und stütze dann meinen schweren Kopf auf meine Hand. Was soll ich bloß sagen?
»Sarah, ich habe dir eine Frage gestellt. Wusstest du es?«, sagt er wieder auf seine ruhige, langsame Art. Mir will keine Lüge einfallen, also erzähle ich ihm die Wahrheit.
»Ja. Rachel sah dich in der Leder-Lounge an jenem Abend, als du das mit Marcus herausgefunden hast. Sie fand dich attraktiv, und wir plauderten ein wenig über die Situation. Sie meinte, ich sei wahnsinnig, dich gehen
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