Oh Happy Dates
habe in den letzten vier Jahren genauso oft Golf gespielt, Markknochen gegessen und eine Ohrentzündung gehabt, wie ich Sex hatte.
»Bin ich zu schick, Sare?«
Ich will ihm gerade sagen: »Bitte sieh endlich zu, dass du aus dieser Wohnung kommst«, aber ich lasse es sein, als Simon im Anzug das Wohnzimmer betritt. Normalerweise hasse ich Anzüge. Sie erinnern mich immer an Politiker. Aber Simon in einem Anzug ist wie Fischfilet in Backteig. Etwas ohnehin schon Gutes, was noch besser gemacht wird.
»Du siehst scharf aus.«
Er lächelt.
»Was du auch tust, nimm nicht die Markknochen.«
»Die was …?«
»GEH einfach.«
Lächelnd sehe ich ihm hinterher, als er verschwindet. Im Moment läuft alles so hervorragend in meinem Leben. Ich bin so glücklich wie ein Teenager mit Daddys Autoschlüsseln und einem Joint. Ich weiß, dass ich einen tollen Abend haben werde.
»Was soll ich denn machen?«, flüstert er.
»Gib es mir einfach«, stöhne ich.
»Okay, Sare, ich schließe jetzt meine Augen und schiebe es rein.«
»Schieb es ganz weit«, wimmere ich.
»Wie ist das?«
»Ja, bestens.«
Ich beuge mich auf der Toilette nach vorne und greife nach dem Viererpack Toilettenpapier, den Simon mir ins Badezimmer schiebt. Gott segne ihn. Er hat den Superflausch gekauft.
»War es eine verdorbene Auster?«
»Oder eine Garnele oder ein Langustenschwanz.«
»Ist Paul denn gegangen, sobald bei dir der Durchfall losging?«
»Er ist überhaupt nicht gekommen.«
Ich fange an zu weinen. Schon wieder. Es liegt jetzt klar auf der Hand, dass ich meine Dreißiger mit Heulen auf Toiletten zubringen werde.
»Aber er war doch schon unterwegs.«
»Er ist nie hier angekommen. Sein Telefon war den ganzen Abend über ausgeschaltet.«
»Mistkerl.«
Ich öffne die Toilettentür.
»Komm her, Schatz.«
Ich gehe zu ihm wie ein gehorsamer alter Labrador. Er umarmt mich und vergleicht Paul dabei mit männlichen und weiblichen Fortpflanzungsorganen.
»Lass uns deine Decke holen, dann kuschelst du dich aufs Sofa, okay? Ich räume dann alles weg.«
Da ich zu krank bin, um Port zu trinken und Erdnussbutter auf Toast zu essen, bleibt mir nur eins übrig: mich aufs Sofa legen, weinen und meine Mum anrufen.
»Nun mach schon, Liebes, ich möchte richtiges Wehklagen hören, das ist doch erbärmlich«, sagt sie ein ums andere Mal, bis ich wieder auf die Toilette muss und auflege.
61
Er ist verschwunden. Keine Entschuldigung, kein Wirsehen-uns, nichts. Gerade eben will er noch experimentelle Sexpraktiken mit mir ausprobieren, dann ist er weg. Ich wollte jemanden, aber er wollte mich nicht. Und er zog es vor, mir nicht zu sagen, warum ich versagt habe. Stattdessen spuken mir jetzt tausend Vermutungen im Kopf herum.
Ich empfinde alles als hart, nicht hart im Sinne eines erigierten Penis oder eines fiesen Managers, sondern hart, weil alles so mühsam geworden ist. Es ist mühsam, meinen Kopf aufrecht zu halten und nicht traurig auf den Boden zu starren und mich zu fragen, was schiefgelaufen ist. Und das ist schnell erklärt – ich habe mich wieder mal getäuscht. Warum habe ich ihn nach der Hochzeitsfeier angerufen? Ich rief ihn an, weil ich dachte, Simon käme mit Julia zusammen und ich wäre dann allein. Ich bin so dumm.
Die einzige richtige Entscheidung, die ich in meinem Leben getroffen habe, war die, Schauspielerin zu werden. Das Stück war ein Volltreffer, und meine Darbietung ist sehr gut aufgenommen worden. Nachdem Paul abgetaucht war, konnte ich den emotionalen Szenen noch mehr Überzeugungskraft verleihen. Ich bekam sogar eine Rolle in Dominics nächstem Stück angeboten, die ich jedoch ablehnen musste, weil ich dann in L.A. beim Dreh von
Eamonn Nigels’ Film sein werde. Aber trotz alledem habe ich das Gefühl, als würde jeder am liebsten einen großen Bogen um mich machen, weil sie mir ansehen, dass ich eine ungeliebte Missgeburt bin.
Meine Blogleser sind sehr einfühlsam gewesen. Sie möchten, dass ich mich in neue Abenteuer stürze. Sie haben mich angefleht, einen Schlussstrich zu ziehen. Um sie zu beschwichtigen, erzählte ich ihnen, dass für heute Abend Abenteuer Nummer acht auf dem Programm stehe: Anbaggern auf der Party nach der letzten Vorstellung. Die Regisseure haben für uns in einem Klub einen Raum reservieren lassen, wo wir bis in die frühen Morgenstunden trinken können. Ich nahm mir vor, dort zu tanzen und zu flirten und zu sehen, was sich ergibt. Aber es ist ein Schwulenklub. Von einer Spiegelwand zur
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