Oh Happy Dates
sich das alles völlig gestört anhört, aber ich sah keinen anderen Weg, wie wir hätten weitermachen können, solange ihr beide noch in Kontakt standet. Ich weiß, dass er sich deswegen ganz schrecklich fühlt, und wenn ich ehrlich bin zu mir selbst, dann weiß ich nicht, ob
ich ihn vollständig zurückerobert habe. Vermutlich werde ich mich sehr anstrengen müssen, ihm zu beweisen, wie sehr ich ihn liebe.
So, das war’s.
Ich schäme mich so, Sarah, und es tut mir leid.
Jasmine
Der andere Kommentar ist von meinem Nr. 1 Fan.
> Kopf hoch. Es wird alles gut. Das verspreche ich dir.
Ich klopfe an Simons Tür.
»Hey«, sage ich leise, als er sie öffnet.
»Übel, was?«, meint er zärtlich.
»Hmm.« Ich nicke.
»Hey«, sagt er zu den Tränen, die er aus meinen Augen quellen sieht.
»Hört sich doch ziemlich gestört an, oder?«
»Ja, die hat wirklich einen Sprung in der Schüssel.«
Ich gehe auf ihn zu, um mich von ihm in den Arm schließen zu lassen, aber er nimmt stattdessen mein verheultes Gesicht in seine Hände. Und er sieht mich an. Dann haucht er einen winzigen, zärtlichen Kuss auf meine Lippen. Wir schauen einander in die Augen, ohne zu atmen. Wir haben uns noch nie auf die Lippen geküsst. Und doch ist es ein durch und durch vertrautes Gefühl.
»Erdnussbutter und Port. Interessant«, sagt Simon schließlich.
Ich lächele.
»Sare, es gibt da was, was ich dir wirklich sagen muss, aber jetzt ist der falsche Zeitpunkt. Morgen. Was hältst du von der Idee, den ganzen Tag zu Hause zu bleiben und
uns die komplette DVD-Box von den Sopranos anzuschauen?«
»Ja, lass uns das machen.«
Er dreht sich um und will sich wieder ins Bett legen. Ich bleibe stehen und sehe ihm zu. Ich will nicht gehen. Ich spüre seinen Kuss auf meinen Lippen.
»Si.«
»Hmm.«
»Kann ich heute Nacht mit bei dir im Bett schlafen?«
»Natürlich.«
Ich ziehe meinen Pyjama an, und wir bringen uns schweigend in die Löffelchen-Position. Ich liege und lausche seinem Atem. Ich spüre noch immer seinen Kuss auf meinen Lippen. Es ist ein Kuss, der nicht weggehen will. Und mir wird klar, dass ich nicht möchte, dass er vergeht. Ich hätte gern noch einen frischen und dann noch einen und noch einen. Ich würde sogar sagen, dass ich mich danach sehne, seine Lippen wieder auf meinen zu spüren. Plötzlich fühlt sich alles anders an, aber komischerweise doch auch wieder gleich.
63
»Sare, Sare.« Ich kann Simon hören.
»Sare, Sare.« Seine Stimme ist wie ein Echo.
Er berührt mich. Seine Hände zucken unter meinen Achselhöhlen wie Finger in Boxhandschuhen. Sie streifen seitlich meine Brüste. Er zieht mich hoch, bis ich sitze. Ich plumpse nach vorn wie eine Leiche.
»Sare, Liebes, du musst aufwachen.«
»Wie spät ist es denn?« Ich spreche wie ein Schlaganfallopfer.
»Süße. Es ist fast fünf Uhr.«
»Ich habe den ganzen Tag geschlafen. Dann werde ich es wohl nötig gehabt haben.«
»Nein, meine Liebe, es ist fünf Uhr morgens. Ich muss dich nach Eastbourne bringen.«
» Sopranos .« Mein Mund ist staubtrocken.
»Sare, dein Dad hat gerade angerufen. Deine Mum musste ins Krankenhaus gebracht werden«, sagt er langsam. Ich beobachte sein Gesicht. Warte auf mehr.
»Es heißt, sie habe vermutlich einen Herzanfall gehabt.«
Ich nicke. Ich fühle mich, als hätte ich unter meinem vorhandenen Gesicht noch ein zweites. Das zweite Gesicht versucht durchzubrechen, versucht mein normales Sarah-Sargeant-Gesicht auseinanderzureißen. Ich kann es nicht kontrollieren. Mein Mund zuckt. Meine Nase weitet
sich. Meine Augen verschwinden und verwandeln sich in Tränen.
»Ich werde dich hinbringen, Sare. Aber wir müssen mit dem Roller fahren. Um diese Zeit gibt es keine andere Möglichkeit. Du musst aufstehen und dir warme Klamotten anziehen.«
Ich blicke nach unten und nicke wie eine Betrunkene.
Die Maximalgeschwindigkeit des Rollers beträgt fünfzig Stundenkilometer. Eastbourne ist hundertzwanzig Kilometer weit entfernt. Es ist dunkel, und es nieselt. Seit wir London hinter uns gelassen haben, sind wir so gut wie niemandem auf der Straße begegnet. Ich klammere mich an Simons Taille fest. Normalerweise schreie ich immer »langsamer«, wenn ich auf Simons Roller sitze, wie eine Frau, die mit einem übereifrigen Mann zugange ist. Heute Morgen fährt Simon sehr gleichmäßig. Was rast, sind meine Gedanken. Und die drehen sich nur um Mum. Während wir ein besonders stark dem Wind ausgesetztes Stück Straße passieren, denke ich
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