Oh Happy Dates
bluten.
»Ups, tut mir leid, du blutest«, sage ich.
Der Grufti greift sich an die Nase und geht auf die Toilette, um das Blut abzuwischen. Ich laufe zu Simon. »Er ist ein Sexterrorist! Er hat versucht mich zu küssen, er blutet, und ich habe Schamhaar gesehen!«, ereifere ich mich außer Atem.
Simon kann sein Gelächter gerade lang genug unterbrechen, um süffisant zu sagen: »Du musst das für den Blog machen; bist du nicht eine Vorkämpferin für die Frauen?«
»Hm, ja, etwa in dem Maß, wie der Papst ein Vorkämpfer für Kondome ist. Beeil dich, wir müssen jetzt gehen«, bedränge ich ihn. Ich versuche, ihm sein Bier aus der Hand zu reißen und ihn auf die Füße zu zerren.
»Du kannst nicht einfach gehen, Sare«, erwidert er
rülpsend, nachdem er fast einen halben Liter Bier runtergeschüttet hat.
»Was soll ich denn sonst tun?«, entgegne ich trotzig.
»Weiß nicht.« Er zuckt die Achseln.
Ich laufe zum Barmann und bitte ihn, dem Grufti im Cape, mit dem ich mich unterhalten habe, zu sagen, mir sei beim Anblick des Bluts schlecht geworden, es täte mir leid, aber ich hätte gehen müssen. Der Barmann sieht mich mit fragend hochgezogener Braue an. Woraufhin ich so lange »Biiitte« sage, bis er schließlich nachgibt. Im Laufschritt folge ich Simon aus der Bar. Wir kommen zu seinem Roller.
»So ein Mist. Wenn außer dem Typen nichts im Angebot ist, dann werde ich auf jeden Fall wieder mit Paul in Kontakt treten.«
»Sarah! Das ist wirklich das Allerlächerlichste, was ich je gehört habe«, sagt er und reicht mir seine Zeitung, während er sich den Helm aufsetzt.
»Äh, Si, das ist es nicht. Er war noch der Beste bei Love Direct , du solltest erst mal den Rest sehen!«, berichte ich ihm voller Leidenschaft.
»Wenn du wieder Kontakt zu dem Vollidioten Paul aufnimmst, werde ich …«
»Was, Si?«
»Ich …« Er hält inne und überlegt einen Moment. »Ich weiß es nicht … Aber ich werde was tun! Das werde ich. Ich werde richtig sauer sein.«
»Warum bist du nur so ein Blödmann, Si?«, quengle ich und wedele mit der Zeitung vor ihm, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen. Dabei fällt mir etwas ins Auge – es ist das Wort »Seelenfreunde« ganz oben auf einer der Zeitungsseiten.
»Oh mein Gott. Die Kontaktanzeigen in der Zeitung!«, kreische ich und starre die Seite an.
Simon blickt mich wachsam durch sein Helmvisier hindurch an. Ein Donnerschlag lässt uns beide zusammenfahren. Obwohl ich ständig mit Gott rede und von Sternzeichen besessen bin, kann man mich nicht gerade als besonders spirituell oder übersinnlich bezeichnen, aber die Kombination einer katastrophalen Verabredung, dem Donner und der Zeitungsseite der Einsamen Herzen konnte nur ein Zeichen sein.
»Es ist ein Zeichen. Es sagt mir, ich solle Love Direct hinter mir lassen und mich zu meinem Abenteuer Nummer vier begeben: die Einsamen Herzen in der Zeitung!«
Ich sehe Simon aufgeregt und triumphierend an. Er schüttelt bedächtig den Kopf. Dann wirft er den Motorroller an und fährt los. Ohne mich. Gleich darauf folgt ein weiterer Donnerschlag, und es fängt an zu schütten. Und wenn ich schütten sage, dann meine ich keinen sommerlichen Platzregen, sondern eine tropische Regenzeit. Ich stopfe die Seite mit den Kontaktanzeigen in den Motorradhelm und drücke ihn an meine Brust, damit die Seite nicht nass wird. Dann mache ich mich unter ständiger Wiederholung der Worte »Ich werde ihn umbringen« zu Fuß auf den Weg nach Hause.
Als ich in meine Straße einbiege, hört es gerade auf zu regnen. Ich beende das »Ich werde ihn umbringen«-Mantra und sage zu Gott: »Du scheinst dich ja zu amüsieren.« Und er scheint wirklich seinen Spaß zu haben, denn ich komme mir vor wie auf dem Autostrich. Ein langer dunkler Wagen fährt sehr langsam neben mir her. Ich beschleunige meinen Schritt.
»Soll ich Sie mitnehmen?«, ruft eine vertraute Stimme. Es ist mein Lieblingsgast.
»Ach nein, es ist alles bestens, danke. Ich wohne ja
gleich da hinten«, sage ich und deute dabei in Richtung meiner Wohnung.
»Möchten Sie vielleicht noch kurz mit zu mir kommen, um trocken zu werden und ein Glas Wein zu trinken?«
»Aber ich mache doch nur Ihr Auto nass.«
»Als ob mir das was ausmachen würde.« Und lächelnd beugt er sich hinüber, um mir die Beifahrertür zu öffnen.
24
»Ach du liebe Zeit«, sagt mein Lieblingsgast.
»Hmm«, stimme ich ihm nickend zu. »Haben Sie die gesehen? ›Bombastischer Mann, sechsundvierzig, sucht großbusige
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