Oh Happy Dates
alles. Er lacht, wenn ich versuche, witzig zu sein, und er sagte, meine Schuhe gefielen ihm. Ich finde es toll, wenn Männern meine Schuhe auffallen.
»Da ist John McCririck.« Er hat Schluckauf.
»Wer?«, frage ich.
»Ah, Sebastian«, sagt Marcus mit in die Luft gestreckten Armen.
»Könnten wir vielleicht zwei Whiskys bekommen? Irgendwas von einem schmutzigen Meeresarm in Schottland. Einen für mich und einen für Sarah.« Er deutet wild gestikulierend auf mich und trifft mich an der Stirn. »Und dann sollten wir uns wohl die Rechnung geben lassen.«
»Natürlich«, sagt Sebastian lächelnd. Und ich verfolge, wie er sich mit Lambadaschwung entfernt.
»Meine Großmutter hält dich für eine brillante Schauspielerin.«
»Deine Großmutter hält dich für einen brillanten Fotografen.«
»Ach ja, das bin ich auch. Ich mache das schon seit Jahren.«
»Wie lange schon?«
»Na ja, mein Dad hat mir zum zehnten Geburtstag
meine erste Kamera geschenkt, und von da an habe ich alles geknipst.«
»Ein hübsches Geschenk für einen Zehnjährigen«, sage ich und denke dabei an Rosie und George.
»Sarah. Ich genieße hier einen wirklich schönen Abend.«
»Den erstaunten Ton kannst du dir aber sparen«, erwidere ich.
»Meine Oma versucht ständig, mich mit Schauspielerinnen zusammenzubringen, und die sind im Allgemeinen sehr verklemmt. Ich werde mich bei ihr bedanken.«
»Hm«, sage ich lächelnd.
»Du bist wirklich hinreißend, weißt du, Sarah«, sagt er und sieht mich an.
»Du auch«, sage ich ihm, bemüht, ihn scharf zu sehen.
»Hmmmm. Du strahlst.«
Ich bin zu betrunken für eine Unterhaltung. Also beuge ich mich mit leicht geöffneten Augen zu ihm, mehr kriege ich nicht hin. »Sollen wir uns küssen, Marcus?«
»Oh, gütiger Gott, Sarah«, ruft er aus und lehnt sich in seinen Stuhl zurück. »Oh, gütiger Gott, Sebastian, tut mir leid, Verzeihung«, sagt er, als er mit Sebastian zusammenstößt, der zwei Gläser Whisky hält. Er sucht den Tisch und den Boden nach den Servietten ab. Ich setze einen Unschuldsblick auf, weil ich sie beide in meiner Tasche habe. Sebastian eilt davon, um unseren Whisky aufzufüllen. Marcus neigt sich zu mir und nimmt meine Hand.
»Ich habe Waschfrauenhände«, nuschele ich.
»Nein, das sind hübsche Hände«, sagt er.
Ich lächele.
»Sarah, ich bin schwul«, sagt er leise.
»Schwul?«, flüstere ich zurück.
Ich fange an zu lachen. Er unterbricht mein verstörtes Lachen nicht.
Schließlich sagt er: »So lustig ist das nicht.« Er nimmt die zwei Whiskys von Sebastians Tablett und reicht ihm seine Kreditkarte.
»Schwul«, wiederhole ich und schüttele den Kopf.
»Es tut mir so leid, meine Liebe. Maureen weiß es nicht. Ich weiß, ich sollte es ihr sagen, aber es ist nie der richtige Zeitpunkt dafür. Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du noch mit zu mir kommen und meinen Freund kennenlernen möchtest. Er heißt Clive.«
»Schwul«, wiederhole ich.
»Ich dachte, du hättest es ohnehin vermutet.«
»Nein. Ich habe überhaupt kein Signal auf meinem Schwulenradar empfangen.«
»Es überrascht mich wirklich, Sarah, dass du keinen Mann hast.«
»Oh Marcus. Ich habe mich bemüht, einen Mann kennenzulernen. Bis jetzt habe ich drei Männer getroffen, die ich mag. Diesen einen umwerfenden Mann, mit dem ich mich ein paarmal getroffen habe, aber er hatte eine Freundin. Dann einen anderen. Er war reizend. Ein bisschen alt, aber reizend. Er hat mich ausgeführt, dann habe ich nie mehr was von ihm gehört. Dann treffe ich dich. Du bist schwul.«
Ich lache wieder. Es ist so ein Lachen, das leicht in Weinen umschlagen kann. Ich habe ein Vorgefühl meiner Zukunft. Ich bin die betrunkene, faltige Dame, die beim vierten Martini an der Bar sitzt und über ihre verlorenen Lieben stöhnt. Sarah, die sexlose Säuferin, werden sie mich nennen. Ich versuche, an was Positives zu denken.
»Marcus, was soll ich mit meinen Haaren machen?«
»Komm mit und lern Clive kennen. Er ist ein großartiger Coiffeur.«
37
Clive wohnt in einer der Kopfsteinpflasterstraßen von Covent Garden. Die Wohnung liegt über seinem Friseursalon, der zwischen einem Schuhladen und einer Konditorei eingezwängt ist. Würde ich in Covent Garden leben, hätte ich weder E-Mail noch Telefon. Ich würde alle bitten, brieflich oder persönlich mit mir zu kommunizieren. Die Leute würden fragen: »Wie ist Ihre Telefonnummer?«, und ich würde antworten: »Ich habe kein Telefon, ich wohne in Covent Garden, hier haben
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