Ohne Abkommen (Die Ratte des Warlords III) (German Edition)
frisiert waren, und eine hohe Stirn. Auf seiner Nase saß eine runde Brille in dünnem Nickelrahmen. Er trug kein Jackett, die Ärmel seines blütenweißen Hemdes waren hochgekrempelt, die Seidenkrawatte steckte im Hemd, das schlicht, sehr hochwertig und teuer war. Der massive Siegelring und die feine, aber nicht minder hochwertig wirkende goldene Krawattennadel waren die einzigen Schmuckstücke, die der Mann trug.
Als Kepler und Budi hereinkamen, warf der Mann einen Blick auf sie und wies ihnen mit einer knappen Geste, auf den Stühlen vor ihm Platz zu nehmen.
Seine Augen blickten abwartend und ruhig, ansonsten drückte sein Blick übe rhaupt nichts aus. Dennoch sah Kepler darin eine immense, absolut gnadenlose Willenskraft, einen sehr scharfen Verstand und eine grenzenlose Arroganz, die das Wesen dieses Menschen ausmachten.
Der Direktor des MSS sagte kein Wort und machte keine Anstalten, die Hand zu Begrüßung zu reichen, sondern blickte Kepler und Budi forschend an. Kepler sah gelassen zurück. Aber Oma hatte Jahre damit zugebracht, ihm Moral und Ethik einzubläuen, deswegen setzte er sich nicht hin, sondern ging zu Grady. Er blieb vor ihm stehen und streckte die Hand aus.
"Sir, ich danke Ihnen", sagte er.
"Für?", erkundigte Grady sich mit kalter, ausdrucksloser Stimme, in der es keinerlei Regung oder Emotion gab.
"Sie haben mir zweimal wirklich sehr geholfen", erläuterte Kepler.
D er Direktor lächelte kurz und dünn. Dann erhob er sich und drückte mit einem knappen und starken Griff seine Hand.
"Nein, Herr Kepler", widersprach er auf Deutsch, "ich habe Ihren Hals weit öfter als nur zweimal gerettet."
Jetzt konnte Kepler in seinem Ton eine Spur einer Emotion ausmachen. Es war grenzenloser, selbstüberzeugter, amüsierter Zynismus.
"Wa nn das denn?", erkundigte Kepler sich.
"Mein lieber, haben Sie sich nie gefragt, warum Sie immer noch am Leben sind?" Grady sah ihn spöttisch fragend an. " Obwohl Sie wie eine Naturkatastrophe durch die halbe Welt stampfen, ständig von einer Bredouille in die nächste geraten und dennoch stets heile herauskommen?"
"Ich hatte manchmal mehr Glück als Verstand", antwortete Kepler. " Aber ich bin davon überzeugt, das Letztgenannte stets benutzt zu haben."
"Zweifelsohne", stimmte Grady zu. "Und – Sie hatten Hilfe", ergänzte er.
"Etwa von Ihnen?", frage Kepler nach. "Welcher Art?"
"Ja, von mir", antwortete Grady ruhig. "Soll ich es Ihnen erklären?"
"Bitte", erwiderte Kepler, seine Skepsis war noch größer geworden.
"G ern. Aber setzten Sie sich doch bitte", schlug Grady wieder auf Afrikaans vor. "Möchten Sie etwas trinken?"
"Kaffee wäre gut", antwortete Kepler nachdem er sah, dass der Direktor ta tsächlich auf seine Antwort wartete.
Grady drückte einen Knopf und verlangte knapp nach Kaffee. Anschließend richtete er seinen Blick direkt auf Kepler.
"Also ", begann er, "betrachtet man Ihre Prügelei, dann hatten Sie Glück, weil Sie nach Afrika gegangen sind. Ihr Werdegang bei Abudi ist dagegen der Beweis Ihres Verstandes. Sicherlich war es auch mit etwas Glück verbunden, doch das meiste war Ihr eigener Verdienst. Sie hatten viel bei Abudi erreicht, aber dann killten Sie ihn." Er machte eine Pause. "Haben Sie sich je gefragt, warum Sie in Deutschland unbehelligt geblieben sind?"
"Dank Ihnen oder was?", fragte Kepler zweifelnd.
"Zum Teil zumindest", antwortete der Direktor. "Ich habe es mich einiges kosten lassen, die Sudanesen davon abzuhalten, Sie zu verfolgen. Die legten zwar auch nicht besonders viel Wert darauf, von einigen abgesehen, aber allein aus Gründen des Ansehens wollte man Sie zur Rechenschaft ziehen."
"Und wie genau haben Sie es verhindert?", hakte Kepler nach.
"Ich habe ihnen gesagt, Sie hätten für mich gearbeitet."
"Wieso?", fragte Kepler verwundert.
"Ich beobachte Sie seit zweitausendvier", begann Grady. "In Ihnen schlummern einige Gaben, Herr Kepler, und die stellen einen gewissen Wert für mich dar. Zweitausendfünf wollte ich Sie von Abudi abwerben." Er lächelte. "Ihre jetzige Identität wartet schon seit damals auf Sie, ich brauchte vor paar Wochen nur den Namen einzusetzen, den Sie Smith genannt haben." Er machte eine Pause. "Aber kaum war damals alles vorbereitet, verschwanden Sie. Ich habe Sie zwar vor den Sudanesen beschützt, obwohl sogar wir etwas Zeit gebraucht haben, um Sie aufzuspüren. Allein bis wir diesen Kapitän gefunden haben, den Sie vor den Piraten gerettet hatten, verging fast ein Jahr." Grady blickte
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