Ohne Abkommen (Die Ratte des Warlords III) (German Edition)
unauffällig.
Der vergrämte Mann arbeitete als Ingenieur bei der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit und zeigte seinem neuen Kollegen die Stadt. Dabei erging er sich mehr in Verwünschungen seines Arbeitgebers, den er als Gesellschaft für totalen Zusammenbruch betitelte. In gehetzter Wut schimpfte er darüber, dass das meiste von den jährlichen zehn Millionen der Bundesregierung in der Verwaltung hängen blieb. Seine Aufgabe war der Ausbau des Flughafens von Kavumu, aber die GTZ kümmerte sich nach seinen Worten einen Dreck darum. So stapelten sich im Flughafen unzählige Flugzeuge aus allen Herrenländern, die von zwielichtigen Piloten geflogen wurden, die sich bei den Minengesellschaften verdingten. Dabei war der Luftverkehr, obwohl er keinen Sicherheitsstandards entsprach, die einzige Möglichkeit, schnell, relativ sicher und günstig zu reisen. Die meisten kongolesischen Eisenbahnlinien waren unterbrochen, ständig gab es Zugunglücke und das Straßennetz war einfach marode.
In einem schäbigen Lokal, in das Kepler und Budi den Deutschen gefolgt waren, hörten sie Ähnliches. Die Einheimischen schimpften über die UNO. Wie die GTZ sei der Laden zu nichts gut. Die MONUC beobachte nur, obwohl sie für die Sicherheit verantwortlich sei. Nkunda hatte in Nordkivu unter ihren Augen eine Kaserne der kongolesischen Regierungsarmee erobert, um sich mit Waffen einzudecken, und die MONUC hatte nichts dagegen getan, obwohl sie Soldaten hatte. Nur die unbewaffnete World Vision hatte aufgemuckt. Die UNO-Mitarbeiter würden die Preise verderben, sie hätten die Mieten für ein Haus am Kivusee auf 3000 Dollar pro Monat steigen lassen, weil sie genug Geld hatten.
War klar, dachte Kepler, die, die helfen wollen, waren auch noch böse. Natürlich machten alle Fehler. Aber den Krieg, die Korruption und das allgemeine kongolesische Prinzip debrouillez-vous – bedient euch , das hatte die UNO nicht verursacht. Sie erzielte nur keine Resultate dagegen.
Und nach und nach erfuhren Kepler und Budi mehr über Kobala. De facto wurde Bukavu von ihm regiert. Er bereicherte sich wie er nur konnte, aber wenigstens streunten nicht zu viele seiner Milizen durch Bukavu. Die hielt Kobala auf einem Stützpunkt in der Nähe des Flughafens damit fest, dass er ihnen erlaubte, dort die Umgebung zu terrorisieren. Was sie auch mit Hingabe machten.
Nur einige von ihnen übernahmen in Bukavu die Aufgaben der Polizei. Offiziell oder nicht, Kepler und Budi wurden zweimal von Uniformierten angehalten, die ihre Ordres de mission sehen wollten.
Der erste Kontrolleur studierte lange die vom Regen verwaschenen Papiere und allmählich wurde sein Blick misstrauisch. Kepler beeilte sich zu sagen, er und Budi wären unterwegs, um sich neue Dokumente ausstellen zu lassen, und fragte, wie hoch die Strafe sei. Der Milize gab sich mit zehn Dollar zufrieden und erklärte dafür auch noch den Weg zur Behörde.
Bei der zweiten Kontrolle behauptete Kepler von vorne herein, er und Budi seien eben angekommen und hätten die Papiere unwissentlich im Hotel gelassen. Anschließend wollte er erschrocken die Höhe der Strafe wissen. Der Kontrolleur akzeptierte sofort die Äquivalenzen der Genehmigungen, die die US-Notenbank produziert hatte. Er mahnte jedoch nachdrücklich die Registrierung bei der Direction Générale de Migration an. Kepler versprach es. Weil der Milize weiter die Wichtigkeit der Sache predigte, wechselte noch ein grüner Schein den Besitzer. Damit sah der Mann seine Pflicht erfüllt und ließ sie ziehen.
Zurück im Hotel zeichnete Kepler in einen Stadtplan aus dem Gedächtnis taktisch wichtige Punkte ein. Er maß Wege ab und setzte die Entfernungen in Verhältnis zu Zeiten und besprach mit Budi mögliche Fluchtrouten und Verstecke.
Als sie drei Stunden später schlafen gingen, taten sie es in der Gewissheit, in Bukavu zurechtkommen zu können. Aber das war nur ein Teil des Ganzen.
6 5. Es gab nur zwei Optionen, wo sich die Geiseln befinden konnten. In seiner Residenz hatte Kobala sie in seinem direkten Zugriff. Aber Kepler hatte in keinem Gespräch, das er belauscht hatte, etwas über Geiseln oder Chinesen gehört. Dabei war es einfach unmöglich, so etwas völlig geheim zu halten. Zudem hatte Kepler nur wenige Wachen am Hauptquartier gesehen. Die Geiseln auf dem Stützpunkt unterzubringen, gab Kobala die Möglichkeit, sich von ihnen zu distanzieren, falls das erforderlich werden sollte. Er könnte einfach behaupten, jemand von seinen
Weitere Kostenlose Bücher