Ohne Abkommen (Die Ratte des Warlords III) (German Edition)
geglaubte Kraft zurück. Sie akzeptierten wieder, wer und was sie waren. Fast.
Sie erreichten Durban am frühen Abend. Vor einigen Tagen hatte die Stadt einen flüchtigen, aber prägenden Eindruck bei Kepler hinterlassen. Jetzt wollte er wissen, inwiefern seine Wahrnehmung von Durban richtig gewesen war.
M it Palmen begrünte Straßen an der Ostseite der Stadt verliefen entlang langer weißer Sandstände. Durban hieß auf IsiZulu nicht umsonst eThekwini – der Ort, an dem Erde und Wasser aufeinander treffen.
In der Innenstadt wurde die einsetzende Dämmerung von bunten Lichtern der Reklamen aufgelöst. Flatterhaft, schrill, lärmend und fröhlich teilten sich Autos und Menschen die Stadt und machten Durban zu einer im schnellen Takt pulsierenden Metropole. Die vielen Pubs, Discos und Actionbars der Stadt riefen den Eindruck einer endlos andauernden Straßenparty hervor. In dieses Flair einer offenen Weltstadt mischte sich die Exotik orientalischer, nach Gewürzen und Räucherstäbchen duftender Basare, zahlreicher Rikschafahrer und der größten Moschee der Südhalbkugel.
Durban hatte eine wechselvolle Geschichte, viele Probleme und auch seine Fehler, aber diese Stadt zeigte die Essenz der Seele von Südafrika wie sie sein sollte und auch sein wollte. Hier mischte sich das Selbstbewusstsein der auf ihre Wurzeln stolzen afrikanischen Ureinwohner mit den europäischen Traditionen weißer Kolonisten und der uralten Kultur der Einwanderer aus südlichem Asien.
Und die in den roten Strahlen untergehender Sonne glitzernden warmen Wellen des Indischen Ozeans waren wie eine hoffnungsvolle Verheißung.
E igentlich war Durban ein Platz zum Träumen. Wenn man dazu fähig war.
2 2. Ein Werbeschild am Straßenrand machte Kepler und Budi auf Durbans bekanntesten Pub aufmerksam. Weil sie hungrig und wieder fast in der Nähe des Hafens waren, fuhren sie zur Thirsty's Dockside Tavern .
Deren Außenbereich befand sich beinahe mitten in der Hafeneinfahrt. Ein einlaufendes Schiff, das in der Abenddämmerung einem riesigen, gutmütigen und müden Wesen aus einer anderen Welt glich, fuhr so dicht an den Tischen vorbei, dass nicht nur Kinder unwillkürlich die Arme ausstreckten, um es zu berühren.
Kepler und Budi bestellten zwei Combos. Diese zweihundert Rand teure Spezialität der südafrikanischen Esskultur beinhaltete alles, vom Salat über Krabben und Austern bis hin zum Steak. Und auch die Frage nach dem Korkengeld. Die Sitte, mit eigenem Wein ins Restaurant zu gehen, war weit verbreitet, in Weingebieten war das sogar ganz normal. Kepler wollte Wasser, Budi bestellte Cidre.
Beim Essen blickte er ständig zur Bar, wo eine hübsche und fröhliche Frau die Flaschen schwang. Budi war mehr als beeindruckt von ihrer Erscheinung und dachte angestrengt nach. Ein paarmal erhob er sich fast, blieb dann aber doch unschlüssig sitzen. Kepler beobachtete ihn nicht minder fasziniert, als Budi es vom Lächeln der Keeperin war. Irgendwann wurde es Kepler zu viel.
"Mensch, geh jetzt endlich hin", scheuchte er Budi.
"Gleich." Der Sudanese sah ihn betreten an. "Sobald ich mir den ersten Spruch überlegt habe." Er sah zur Bar. "Was zieht bei ihr bloß?"
" Budi, du hast etwa dreiundvierzig Sprüche durch", schätzte Kepler. "Es wird nicht besser, wenn du noch länger nachdenkst. Geh einfach hin und sag, was dir als erstes durch die Birne knallt. Auch wenn es für dich der größte Schwachsinn ist, für sie ist der es höchstwahrscheinlich nicht. Das da ist eine Frau, kein Ziel in achthundert Metern Entfernung, hier kommst du mit Logik nicht weiter."
"Ich will sie sofort beeindrucken..." , erwiderte Budi lahm.
"Das kannst du, bring diesen vermeintlichen Schwachsinn nur ehrlich rüber."
"Was sage ich denn?"
"Meine Güte." Kepler warf einen Blick auf das Mädchen. "Was denkst du denn, was sie so macht wenn sie nicht hier jobbt? Überleg die Antwort nicht."
"So wie sie mit den Flaschen umgeht... sie könnte... sehr geschickt am Computer sein... oder was?", riet Budi zweifelnd.
"Na bitte. Der erste Eindruck ist meist der richtige. Und so wie sie aussieht, studiert sie, also wird es wahrscheinlich IT sein. Das war genug Denken, geh jetzt hin und frag sie, ob sie schon mal eine Tastatur zum Glühen gebracht hat."
Der Sudanese sah ihn misstrauisch an, erhob sich aber und ging zur Bar.
Es war viel Betrieb, trotzdem schaffte Budi es, die Aufmerksamkeit der Ke eperin zu gewinnen. Anscheinend bereitete ihm nur das Ansprechen leichte Probleme.
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