Ohne Beweis (German Edition)
war es und welcher Tag war heute? Das fragte ich dann auch Susi, doch diese wusste nur, dass sie bereits nach dem Abendessen schon geschlafen hatte, als der Bauer mich in diesen Keller geschmissen hatte. Da sie noch kein Frühstück bekommen hatte, musste es also noch mitten in der Nacht oder früher Morgen sein. Was hatte der Bauer nur mit uns vor? Was ich angestellt hatte, wusste ich ja, doch warum war die hübsche Frau hier? Ich fragte sie danach und sie versuchte, es mir zu erklären:
„Du kennen die Internet-Plattform Couch-Surving?“, wollte sie wissen und ich schüttelte den Kopf. Mit dem Internet kannte ich mich gar nicht aus.
„Du können in fremde Stadt bei Leuten schlafen - kostet nix. Bauer Johann das angeboten – ich gekommen. Ich in Haus herumgeschaut – er böse deswegen und mich eingesperrt. Verstehst du?“, fragte sie leicht ungehalten, da sie es mir lieber in richtigen Sätzen erklären wollte. Da kam mir plötzlich eine Idee.
„Du können russisch?“, fragte ich voller Hoffnung, denn diese Sprache hatten wir als Zweitsprache in der Schule. Vielleicht hatte ich ja Glück. Doch zu meinem großen Bedauern schüttelte sie nur den Kopf und fragte ihrerseits:
„Englisch?“, aber nun musste ich den Kopf schütteln. Das kleine bisschen würde für eine Unterhaltung noch weniger reichen als das Deutsche.
„Schade“, murmelte Susi nur traurig. „Dann eben deutsch. Warum du hier?“, wollte sie wissen und zurrte zwei Streifen meiner abgerissenen Hose fest um die Wunde. An die Beule hielt sie mir einen kalten Stein, damit die Schwellung abklingen sollte.
„Suchen Vater. Hier!“, sagte ich und deutete mit dem Kinn auf meine linke Hosentasche. „Hier Bild. Du anschauen?“
„Ich soll dir in die Hose greifen?“, fragte sie halb lachend, halb entsetzt, doch als ich lächelnd nickte, traute sie sich und zog das inzwischen recht verknitterte und vergilbte Foto heraus.
„Sieht dir ähnlich“, sagte sie und ich wusste, was sie sagte, denn jeder bei uns zu Hause, der das Bild gesehen hatte, meinte, wir würden uns sehr ähnlich sehen. Bestimmt hatte auch sie so etwas gesagt.
„Warum hier suchen? War er mal hier?“, fragte sie und ich nickte nur. „Wann?“, wollte sie wissen und plötzlich war ihre Stimme aufgeregt. „Welches Jahr?“, hakte sie weiter nach.
„Circa 1955, ich glauben“, antwortete ich und wurde nun meinerseits aufgeregt. Warum wollte sie das so genau wissen? Wusste sie etwas über meinen Vater?
„Du Bauer Johann schon gefragt?“
„Ja, aber sagen, er nix kennen. Aber … er lügen!“, rief ich und hoffte im gleichen Augenblick, dass dieser Mistkerl von Bauer nicht draußen vor der Türe stand und uns belauschte! Täuschte ich mich, oder schaute diese Susi so drein, als würde sie bestätigen können, dass der Bauer was zu verbergen hatte? Doch dann sagte sie:
„Du keine Beweise, also müssen gehen wieder nach Hause. Wenn Bauer uns rauslässt!“, fügte sie noch resigniert hinzu.
„Ich Beweise finden!“, beharrte ich, doch mein Gegenüber schüttelte mit trauriger Miene den Kopf.
„Manchmal besser, nichts wissen! Du mir glauben!“, rief sie beinahe und damit schien das Thema für sie erledigt zu sein. Was hatte sie nur? Warum wollte sie mir nicht helfen, Beweise zu finden?
21
„Mühlenhof!“, bellte Bauer Johann in den Hörer und ermahnte zugleich seinen Hund, still zu sein. Wie immer bellte er nicht nur, wenn er jemanden draußen vor der Türe hörte, sondern auch jedes Mal, wenn das Telefon klingelte.
„Hier ist Carolin … hallo Johann“, hörte er eine leise Stimme und sofort machte sein altes Herz einen Satz. Was wollte denn Carolin von ihm? Sie hatte ihm doch sogar ihre Schwester auf den Hals gehetzt, damit diese ihm in Carolins Namen deutlich zu verstehen geben sollte, dass sie sich nicht mit ihm einlassen wollte. Bereute sie es inzwischen doch? Sie war seither überhaupt nicht mehr auf den Hof kommen. Was hatte sie jetzt vor? Was hatte diesen Sinneswandel herbeigeführt? Johann blieb zunächst misstrauisch, obwohl er sich sehr über ihren Anruf freute. Dass Carolin teil eines Planes war, konnte er nicht wissen.
„Ich wollte mich bei dir entschuldigen, dass ich so lange nichts von mir hab hören lassen und wollte dich zum Essen einladen“, fiel sie auch gleich mit der Tür ins Haus, ohne eine weitere Erklärung abzugeben. Johann, der eigentlich noch etwas ärgerlich sein wollte,
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