Ohne Ende Leben - Roman
eine eigene Dimension«, erklärt Dr. T mit Lehrerstimme.
»Mein Freund Eubie würde dem wahrscheinlich zustimmen«, sage ich.
»Eines Nachts manipulierte er heimlich den Unendlich-Beschleuniger. Nur Ed war bei ihm.« Dr. T schaut Ed an, der gerade verfolgt, wie sich eine Tüte Popcorn in der Mikrowelle ausdehnt – als sei das mindestens genauso faszinierend wie der Unendlich-Beschleuniger.
»Ed zufolge rekonfigurierte Dr. X Calabi Yau zu einer Art Superlautsprecher, den er dann an sein Radiogerät anschloss, um Musik zu verstärken –«
»Es war die
Copenhagen Interpretation
!«, brüllt Ed aus der Küche, wo er das frische Popcorn gerade in eine Schüssel schüttet.
»– und mit den Schwingungen ein Loch ins Raum-Zeit-Kontinuum zu bohren und einen Zugang zu öffnen. Es funktionierte. Innerhalb weniger Minuten war er verschwunden. Und mit ihm der Unendlich-Beschleuniger. Diesen hier mussten wir von Grund auf neu bauen.«
Dr. M seufzt. »Wir haben seither von Dr. X nichts mehr gesehen oder gehört. Soviel wir wissen, sitzt er in einem anderen Universum fest.«
»Wann war das?«, frage ich.
»Vor elf Jahren«, sagt Dr. A. »Ich kann mich daran erinnern, weil es dieselbe Nacht war, in der die
Copenhagen Interpretation
ihr großes Benefizkonzert für Frieden und gegen Krieg und Barbarei gab. Das war eine Wahnsinnsshow. Ich glaube, damals war ein Nordlicht zu sehen. Hat mir jedenfalls meine Freundin erzählt.«
»Das war auch die Nacht, in der die Musiker verschwunden sind«, sage ich.
Dr. X’ trauriges Gesicht füllt den Bildschirm. »Warum müssen wir sterben, wenn sich jede Faser in uns nach dem Leben verzehrt?« Er schüttelt die Schneekugel mit dem Engel und sie trübt sich mit falschem Schnee.
Zusammenhänge. Dulcie hat gesagt, das alles mit allem zusammenhängt. Finde ich diesen Zusammenhang vielleicht, wenn ich Dr. X’ Experiment wiederhole?
»Wohin auch immer Dr. X gegangen ist, können Sie mich dorthin schicken?«
»Das hängt davon ab, ob du deterministisch bist oder prohabilistisch.« Außer Dr. O lacht niemand. »Das ist ein Witz«, sagt sie und rollt mit den Augen. »Wie auch immer: Es sollte möglich sein.«
»Sicher sind wir uns nicht«, sagt Dr. A. »Wir waren nie in der Lage, Dr. X’ Experiment zu kopieren. Es könnte sein, dass du in einem schwarzen Loch landest. Oder in einer anderen Welt, ohne die Möglichkeit zurückzukehren. Du könntest endlos durch die Welten segeln wie der Fliegende Holländer.«
»Aber falls er ein X L-Gravitron hinterlassen könnte – eine Art ›Fußabdruck der Parallelwelt‹ –, wäre das der Beweis«, sagt Dr. M und schreitet nervös auf und ab. Er senkt seine Stimme. »Das könnte die Finanzierung sichern.«
»Hmmm«, stimmen die Wissenschaftler ein.
Gonzo flüstert mir ins Ohr. »Was ist, wenn dich das Ding in eine andere Realität schießt, in der du ein Superstreber bist, aber keine Freundin hast? Halt, warte! Das wäre ja unsere Realität. Vergiss es!«
»Leck mich«, wispere ich und Gonzos Lächeln wird breiter.
»Wie bitte?«, fragt Dr. A.
»Nichts«, sage ich.
Dr. T hält einen Finger in die Höhe und grinst. »Es gibt nicht Nichts. In jedem Nichts steckt etwas drin. Genau genommen alles!«
»Der neue Werbeslogan«, erklärt Dr. O. »Unsere Forschungsarbeitwird auch von der
Streben nach Glückseligkeit GmbH
gefördert. Strebe nach Glück um jeden Preis.«
»Wir waren dort«, murmelt Gonzo. »Extrem viel Glückseligkeit. Nicht alle sind dafür geschaffen.«
Ich starre das Foto von Dr. X und seiner Frau an.
»Wann geht’s los?«
KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG
Handelt davon, was passiert, wenn ich einen kleinen Trip durch Raum und Zeit mache
Calabi Yau!
Gonzo und ich sitzen auf der Veranda und schauen den Windrädern zu, wie sie vor dem sternenübersäten Nachthimmel tanzen. Balder ist unterwegs, auf Jagd. Er bestand darauf, dass ich nicht in den Unendlich-Beschleuniger gehen könne, ohne vorher einen anständigen, walhallwürdigen Wikingerschmaus verspeist zu haben. Die ganze letzte Stunde, während wir warten, dass sein Handyakku aufgeladen ist, versucht Gonzo, mir diesen Trip auszureden.
»Alter, ich sag nur, dass dieses Ding nicht vertrauenerweckend aussieht.«
»Hast du ne bessere Idee?«
»Ja«, beginnt er. »Nein. Nicht wirklich. Aber Parallelwelten? Alter, ich bin der allergrößte
Star Fighter -Fan
auf diesem oder auf jedem anderen Planeten, aber, weißt du, das
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