Ohne Ende Leben - Roman
Welt befinden. Links und rechts der Straße wird der Boden struppig wie der Bart eines alten Mannes, halb Sand, halb Gestrüpp. Die Luft, die an meinem geöffneten Fenster vorüberzieht, ist dick und hat diesen typischen Salznebelgeruch. Ich steckeden Kopf nach draußen und lasse den Fahrtwind um mein Gesicht streichen.
Die Sache ist die, dass mich immer noch das quält, was Dulcie mir über Keith und die Landmine erzählt hat. Warum kümmert es mich? Er ist ein Arsch. Vor einer Woche hätte ich noch gesagt: »Hey, natürliche Auslese, Mann. Idioten raus aus dem Genpool!« Aber jetzt weiß ich, dass Keith – neben seiner Eigenschaft als Dämlack – auch eine Mom und einen Dad hat und zwei jüngere Schwestern, die er immer zum Eisessen einlädt, wenn er nach Hause kommt. Ich weiß, er singt alberne Lieder und dazu noch falsch, und er hat die Angewohnheit, dich einfach auf die Stirn zu küssen, wenn er besoffen ist.
Vor der Ausfahrt South Daytona Beach fädeln wir uns in eine ellenlange Autoschlange ein. Verschiedenste Songs strömen aus den offenen Wagenfenstern. Mädchen strecken ihre Füße hinaus. Auf den Autodächern klemmen Surfbretter. Irgendein Idiot liegt tatsächlich mit einer dieser reflektierenden Alumatten auf dem Dach, um braun zu werden. Die Typen sind jetzt aufgewacht und hungrig nach Action. Sie nehmen jeden Wagen unter die Lupe, an dem wir vorbeischleichen. Wenn es eine Karre voller Mädels ist, zwängen sie ihre Köpfe aus den Fenstern, quatschen die Tussis an und machen Witze. Wir sind bereits dreißig Minuten in der Schlange und haben uns nur eine halbe Meile vorwärtsbewegt. Wenn es so weitergeht, stecken wir noch Stunden im Stau, und das ist Zeit, die ich nicht gerade übrig habe.
»Hey Kumpels«, sage ich, als wir uns einer Notausfahrt nähern. »Ich will kein Arsch sein, aber wir müssen auf dieser Straße weiter.«
»Oh, hey, is schon okay«, sagt Typ Links, »wir schaffen’svon hier aus. Kannst du uns nur mal den Kofferraum öffnen?«
Bei laufendem Motor steige ich aus und öffne den Deckel. Typ Rechts und Typ Links holen ihre Sachen heraus. Keith hält derweil seine Jacke und eine Tüte mit Snacks. Er sieht verschlafen und zufrieden aus. Vor meinen Augen entsteht ein Bild, wie er durch die Wüste stapft. Das macht mich ganz fertig.
»Du bist der Beste, Alter. Danke, Mann.« Er umarmt mich nach Männerart.
»Nichts zu danken«, sage ich. Bevor ich wieder in den Wagen steige, füge ich noch hinzu: »Du solltest auf jeden Fall so lange wie möglich am Strand rumhängen. Definitiv.«
Ich verspreche, Gonzo ihren Abschiedsgruß auszurichten, denn der schläft noch seinen Bierrausch aus. Es folgen die unvermeidlichen »Bleib cool«- und »Feiert ordentlich«-Sprüche, auch wenn sich beides irgendwie zu widersprechen scheint, und dann hasten sie die Straße hinunter und fragen jeden, ob er sie mitnimmt.
Eine Stunde später wacht Gonzo auf und hat furchtbaren Hunger. Wir entscheiden uns für einen 2 4-Stunden -Frühstücks-Laden. Ich will Balder wecken, aber er liegt nicht mehr eingekuschelt in meiner Windjacke. Er ist überhaupt nicht mehr im Wagen. Er ist einfach verschwunden. Wir rufen seinen Namen. Nichts.
»Wo könnte er sein?«, fragt Gonzo und schaut das vierzigste Mal unterm Sitz nach.
»Ich weiß es nicht. Heute Morgen, als wir losfuhren, war er noch im Wagen und …« Ich gehe in Gedanken zurück zum Stau: der Kofferraumdeckel hochgeklappt wie ein Schutzschild. Keith, der mit vollen Händen von vornekommt, mit rotem Gesicht und einem selbstzufriedenen Lächeln auf den Lippen. Dieser Hurensohn!
»Was ist los?«, fragt Gonzo.
»Diese Arschlöcher haben Balder gekidnappt.«
KAPITEL NEUNUNDDREISSIG
In welchem Gonzo und ich dem Partyhaus einen außerplanmäßigen Besuch abstatten
Wir befinden uns wieder im Stau, der sich volle zehn Meilen bis Daytona hinzieht. Hitzeschlieren wabern über den Autos. Ich halte Ausschau nach den Typen, habe aber kein Glück. Unser Caddy läuft hochtourig. Es riecht nach heißem Öl. Ich schalte den Motor immer wieder an und aus, damit er sich nicht überhitzt und seinen Geist aufgibt.
»Wir haben sie mitfahren lassen und sie klauen uns Balder«, knurre ich.
»Das ist echt daneben«, stimmt Gonzo zu. Er schiebt seine orangefarbene Kleinmädchensonnenbrille auf die Stirn. Das sieht aus wie ein zweites Augenpaar.
»Was für’n Haufen totaler Blödmänner!«
»Absolut.« Gonzo grinst wie ein Bekloppter, was mich irritiert.
»Was bringt
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