Ohne Ende Leben - Roman
Kittystift hüpft über die Seite wie ein geistesgestörtes Haustier.
»Welche der folgenden Situationen würde deinen Durst auf
Rad Limo
am meisten vergrößern? Mit Freunden herumhängen. Dich mit Mom und Dad unterhalten. Basketball spielen. In der Einkaufsmeile shoppen gehen. Hausaufgaben machen. Einer Beerdigung beiwohnen …?«
»Einer Beerdigung beiwohnen?«
Sie zeigt mir die Seite und die Frage steht genau so da. »Das ist eine neue Marketingstrategie. Sie sind gerade dabei, ein neues Getränk einzuführen.
Rad Leid
– ›Wenn dein Durst einen Freund braucht‹. Also, glaubst du, dass du
Rad Leid
trinken würdest?«
Tod und Limo gehen in meinem Hirn wirklich nicht zusammen, aber es ist schon spät und ich muss Gonzo treffen. »Warum nicht.«
Iphigenia stößt einen kleinen Quiekser aus und hüpft in ihrem Sessel. »Toll! Das ist mein erstes Ja. Hey, Cameron, du bist so nett. Möchtest du von mir in eine unserer Shows gebracht werden? Sie brauchen heute noch Kandidaten für
Was ist dein Talent?.
Was sagste dazu?«
»Ich glaub nicht …«
»Du könntest ne Menge Geld gewinnen«, flötet sie.
Mein Gehirn macht eine Kosten-Nutzen-Analyse. Könnte ich ein bisschen Kohle für uns gewinnen, Balder finden und unsere Ärsche hier rausbringen, bevor wir entdeckt werden? Das Partyhausvölkchen interessiert sich nicht wirklich für die Nachrichten und die Kopfgeldjäger schauen wahrscheinlich nicht gerade
YA! TV
. Ein Risiko ist es, aber wir brauchen dringend die Knete.
»Meld mich an.«
»Nuklear!«, sagt Iphigenia. »Okay, wir müssen noch rausfinden, welche Kategorie du nimmst.«
»Kategorie?«
»Ja, bist du etwa ein Technospielfreak, ein Samstagskinofan, eine Sportskanone, ein Sexprotz, ein Musicaholic, ein Comickreuzritter, ein Partylöwe? Verstehst du? In welche Kategorie passt du?«
»Was ist ein Musicaholic?«
Iphigenia wirbelt auf ihrem Drehstuhl zweimal im Kreis, einmal linksherum, einmal rechtsherum. »Das ist jemand, der von Musik besessen ist. Bist du das?«
»Na ja, da gibt’s zu Hause diesen Musikladen, den ich mag,
Eubie’s Hot
–«
Plötzlich hört sie auf, sich zu drehen. »Toll. Also Musicaholic.«
»Moment! Ich weiß nicht, ob ich so eingeordnet werden will. Und wenn ich nun vielleicht ein Sexprotz bin?«
Iphigenia klopft mit ihrem Stift auf den Block und guckt mich von oben bis unten an.
»Da hab ich meine Zweifel.«
»Oder ein Tech-… ein Techno-…«
»Technospielfreak. Das ist jemand, der elektrotechnisch immer den neuesten Schrei vom Schrei will.« Iphigenias Mund formt sich zu einem aufgeregten O. »Haste gehört, was ich gesagt hab? ›Schrei vom Schrei‹. Ohmeingott. Niemand hat das vorher hier gesagt. Also gehört’s mir. Ich hab’s erfunden. Ich muss ein Formblatt ausfüllen, um’s offiziell zum eingetragenen Warenzeichen zu machen. Warte mal ne Sekunde, ’kay?«
Iphigenias Finger fliegen über die Tastatur. Sie drückt auf Senden. »Fertig. Gott, wär das nicht cool? Ich könnte das wahrscheinlich zum Klamottenlabel machen – Der Schrei vom Schrei. Trotzdem, zurück zu dir. Also würdest du sagen, du bist ein Technospielfreak?«
»Nein. Ich mein, nicht wirklich.«
Iphigenia wird nervös. Sie klopft mit ihren falschen Fingernägeln auf die Tischplatte. »Tja, irgendwas musst du schon sein.«
»Was wäre, wenn ich ne Menge verschiedener Irgendwas wär?«
»Geht nicht. Das würde den Marketingplan übern Haufen werfen. Nur ein Talent. Wenn wir dich nicht einordnen können, kannst du nicht mitspielen.«
»In welcher Kategorie bist du?«
Iphigenia lächelt. »Oh! Ich bin ein Trendinator.«
»Trendinator?«
»Ja. Das ist jemand, der total an der Spitze der Trends steht. Also, wir sagen in etwa voraus, was demnächst hip wird. Trendinatoren sind spitze. Gott! Hätte ich doch diesenSatz schützen lassen, das Merchandising ist nämlich außer Kontrolle geraten. Allein die Handtaschen gehen für zweihundertfünfzig das Stück weg.«
»Nur weil Trendinator draufsteht?«
»Nein! Da steht überhaupt nichts drauf! Das ist ja das Geniale. Das ist, wie wenn du dem Trend so weit voraus bist, dass dort alles noch leer ist.«
Iphigenias wie eine Feder glitzernder Stift schwebt über die Seite. Sie ist ganz scharf drauf, mich zu kategorisieren.
»Musicaholic«, sage ich.
»Cool! Hey, möchtest du das ganze Partyhaus sehen? Wir haben einen Pool, in dem hinten
Rad XL Limo
– ›Die Limo unserer Generation‹ – aus einer Fontäne schießt. Es ist einfach
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