Ohne Gnade
von Bella will?« sagte Nick nachdenklich. »Vielleicht will er sie wiederhaben. Könnte sogar sein, daß sie mitgeht. Nach allem, was man so hört, hingen sie früher sehr aneinander.«
Faulkners Zorn brach sich Bahn. Er drückte auf einen Knopf.
»Was glauben Sie eigentlich, wen Sie vor sich haben?« fauchte er.
»Den großen Harry Faulkner, Freund der Spieler«, erwiderte Nick. »Geschäftsmann, Philanthrop, Ehrengast bei der Weihnachtsfeier im Waisenhaus. Außerdem Dieb, Betrüger und Zuhälter.« Er leerte sein Glas und stellte es auf die Theke. »Eine Frage, Faulkner. Ich weiß, daß Ihre Bordelle am Gascoigne Square jede Sorte Weiberfleisch liefern, aber stimmt es, daß Sie auch die andere Fakultät versorgen?«
Die Tür ging auf, und Craig kam herein. Er trat an den Schreibtisch. Faulkner, dessen Gesicht kreidebleich geworden war, hob eine zitternde Hand.
»Werfen Sie ihn hinaus.«
Craig drehte sich um und starrte Nick an. Seine Finger öffneten und schlossen sich langsam.
»Wissen Sie, Sie haben mir gleich mißfallen.«
Er schien seiner Sache sehr sicher zu sein. Als er noch einen halben Meter entfernt war, setzte er zu einem vernichtenden Schlag an, in den er seine ganze Kraft legte.
Nick fing den Schlag mit einem Karate-Block ab, trat ihm wuchtig ans Schienbein und schnellte das Knie hoch, als Craig sich zusammenkrümmte.
Er lag stöhnend auf dem Rücken und preßte die Hand auf den Mund.
»Aufstehen, Craig!« befahl Faulkner. »Aufstehen!«
»Ich glaube nicht, daß er so dumm sein wird.« Nick ging zur Tür, öffnete sie und drehte sich noch einmal um. »Hinter der Sache steckt mehr, Faulkner. Viel mehr. Wenn ich mich auskenne, komme ich wieder.«
Jean stand am Eingang zum langen Saal, einen leichten Mantel über dem Arm, in der anderen Hand eine mit Steinen besetzte Tasche.
»Was wollte Harry?«
»Nichts Besonderes. Fertig?«
Bevor sie etwas erwidern konnte, tauchte Chuck Lazer auf.
»Sie gehen schon, General?«
Nick bejahte.
»Es war schön, aber wir müssen weg.«
»Kann ich mitkommen? Mir paßt es hier nicht mehr.«
Nick sah Jean grinsend an.
»Ein Anstandswauwau. Damit wäre alles geritzt.«
»Sei dir nur nicht so sicher«, gab sie zurück, während er ihr in den Mantel half. Lachend verließen sie das Haus.
Faulkner ging um den Schreibtisch herum und gab Craig einen Tritt.
»Raus!«
Craig raffte sich auf, wich einem zweiten Tritt aus und verließ eilig das Zimmer. Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, ging Faulkner zur Bar und füllte sein Glas. Er leerte es und begann zu husten.
Aus einem unbestimmten Grund erinnerte ihn Miller an seinen Lehrer in der Volksschule, den alten Walter Street, der im ersten Weltkrieg an der Front gekämpft hatte und mit einem steifen Bein nach Hause gekommen war.
Er erinnerte sich an den Tag, als er Street nach dem Verlassen der Schule zum erstenmal wiederbegegnet war. Mit neunzehn Jahren hatte Faulkner schon von den Einnahmen mehrerer Mädchen gelebt und hatte nur teure Anzüge getragen. Eigentlich war das nur Angabe gewesen, aber der alte Street mit seinem abgeschabten Mantel hatte ihn wie ein Stück Dreck angesehen, das man sich von den Schuhen abkratzt.
Er schleuderte das Glas in den Kamin, ging zum Schlafzimmer und öffnete die Tür. Bella stand vor dem Spiegel und zog das rote Kleid aus. Die weiße Haut über den Strümpfen schimmerte.
»Was tust du?« fragte er heiser.
»Ich ziehe mich um. Jetzt kommt das Schwarze an die Reihe. Hilf mir. Der Reißverschluß klemmt.«
Er trat hinter sie und öffnete den Reißverschluß, dann legte er die Arme um sie und drückte sie an sich.
»Also, bitte, Harry«, sagte sie ungeduldig. »Draußen sind hundertzwanzig Menschen.«
Sie drehte sich um. Plötzlich kochte die angestaute Wut in ihm über. Er schlug sie ins Gesicht.
»Du hast hier nichts zu befehlen!« schrie er. »Du bist meine Frau und tust, was ich verlange!«
Sie wich erschrocken zurück. Er packte sie, riß das Unterkleid auseinander und warf Bella aufs Bett. Mit einem heiseren Laut stürzte er sich auf sie und suchte ihren Mund. Wie immer, reagierte sie auch jetzt leidenschaftlich, fuhr mit den Fingern durch sein Haar und küßte ihn.
Aber es nützte nichts. Es war wie jedesmal. Kraft und Leidenschaft erloschen schlagartig. Er richtete sich auf und sah wie betäubt auf sie hinunter. Als er sich dem Spiegel zuwandte, starrte ihm ein alter Mann
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