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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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an. Mit der Nase fast am Bildschirm starrte ich auf das, was mir die Software in mikroskopisch kleiner Schrift auflistete, immer darauf gefasst, dass Jason frühzeitig zurückkehrte.
    Ich wusste kaum, was ich tat, und jeder Vorgang dauerte länger als erwartet. Es war inzwischen schon nach Mitternacht; Jason konnte jede Minute auf der Bildfläche erscheinen. Mir war bewusst, dass ich Pasco noch deinstallieren musste. Jason sollte von meinen Nachforschungen schließlich nichts wissen.
    Ich war furchtbar hibbelig und geladen, als ich schließlich ein Dialogfeld vor mir hatte, das mich fragte, ob die CS V-Datei geöffnet oder gespeichert werden sollte. Ich wusste nicht so recht, wie ich mich entscheiden sollte. Die Zeit lief mir davon. Ich klickte auf Öffnen und sah den Rechner auf Excel zugreifen.
    Ich rechnete damit, ein paar Dutzend URLs zu finden, Adressen von Pornoseiten oder einschlägigen Foren vielleicht, Hinweise darauf, dass der Mann, dem ich mein
Kind anvertraut hatte, ein Päderast war oder zu jenen kranken Typen zählte, die in Chatrooms zwölfjährigen Mädchen oder Jungs auflauerten. Mir war selbst gar nicht klar, was ich zu finden hoffte oder fürchtete. Ich hatte die Augen geschlossen und wagte es nicht, sie zu öffnen.
    Was, ja was trieb meinen Mann nächtelang um?
    In der Tabelle waren nur drei Einträge aufgelistet, und bevor ich sie in die Suchmaschine eingab, wusste ich, wohin sie mich führen würden – zu
Drudge Report, USA Today
und zur
New York Times
.
    Mein Mann hütete seine Geheimnisse überaus streng.
     
    Als ich am nächsten Tag meine freie Stunde hatte, wartete Ethan bereits auf mich im Computerlabor.
    «Hat’s geklappt?», fragte er mich.
    Ich wusste nicht, was ich antworten sollte.
    «Haben Sie herausgefunden, wo sich Ihr Mann aufhält, wenn er online ist?», hakte er nach.
    Ich starrte meinen Musterschüler an.
    Er blieb gelassen. «Sechstklässler sind nicht so gerissen, dass sie ihre Spuren im Internet verwischen würden», sagte er. «Nun, ich war’s in dem Alter vielleicht schon, aber von meiner Sorte haben Sie keinen einzigen Schüler in Ihrer Klasse. Sie bräuchten sich also keine Sorgen zu machen. Außerdem kann ich Sie beruhigen. Das Netzwerk hier in der Schule ist sauber. Ich hacke mich regelmäßig ein   –»
    «Ethan!»
    Er zuckte mit den Achseln. «Sie machen sich um etwas anderes Sorgen, nämlich um das, was bei Ihnen zu Hause
abgeht. Ree ist erst vier, um sie kann es nicht gehen. Also bleibt nur Ihr Mann.»
    Ich hielt es für besser, mich zu setzen.
    «Interessiert er sich für Pornos?», fragte der Junge nonchalant. «Oder verzockt er Ihre Lebensversicherung?»
    «Keine Ahnung», antwortete ich schließlich.
    «Haben Sie es denn nicht mal mit Pasco versucht?»
    «Doch. Aber ich fand nur die drei URLs, die ich schon kannte.»
    Ethan richtete sich auf. «Wirklich?»
    «Ja.»
    «Dann hat er bestimmt geschreddert. Wow! Das ist cool.»
    «Geschreddert? Was soll das heißen?»
    «Ein Schredder ist eine Software, die Cache-Dateien löscht, ohne Spuren zu hinterlassen.»
    «Sie lässt verschwinden, was der faule Computer nicht löscht?»
    «Nein, auch Schredder-Programme sind faul. Sie löschen einfach automatisch, was im Cache gespeichert ist. Als Nutzer muss man das dann nicht mehr selbst tun. Man kann also alle möglichen Sites aufrufen und sich darauf verlassen, dass am Ende die Hinweise darauf verschwinden. Weil aber eine leere Browser-Chronik an sich schon verdächtig aussieht, war Ihr Mann so schlau und hat zum Schein ein paar Lesezeichen gesetzt. Allerdings kann er nicht besonders gut bluffen, und das ist unser Glück.»
    Ich sagte nichts.
    «Auch Schredder haben nämlich ihre Macken.»
    «Aha.»
    «Jedes Mal, wenn man eine Internetseite anklickt, kreiert ein Computer jede Menge Temp-Dateien, und die kriegt auch ein Schredder nicht alle weg. Außerdem bastelt er auch nur am Verzeichnis rum. Die Files sind immer noch da, man muss sie nur finden.»
    «Wie?»
    «Mit einem besseren Tool. Pasco ist Freeware. Sie brauchen jetzt ein verschreibungspflichtiges Medikament.»
    «Ich kenne keinen Apotheker», entgegnete ich.
    Ethan Hastings grinste. «Ich aber.»

26.   Kapitel
    D.   D. träumte wieder von Roastbeef. Sie sah sich an ihrem Lieblingsbuffet und versuchte, zwischen Auberginenscheiben mit überbackenem Käse und einem blutroten Rostbraten auszuwählen. Sie entschied sich für beides, griff mit der linken Hand auf das Auberginentablett und mit der rechten nach

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