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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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als andere. Er faltete die Hände hinter dem Kopf zusammen, starrte aus dem einen Auge, das nicht geschwollen war, an die Decke und versuchte, sich einen Plan für den bevorstehenden Tag zurechtzulegen.
    Wahrscheinlich würde Max wieder aufkreuzen. Sandras Vater war nicht von Massachusetts angereist, um untätig in seinem Hotelzimmer Däumchen zu drehen. Er würde seine Enkelin zu sehen verlangen, Drohungen aussprechen   … gerichtliche Schritte unternehmen, seine, Jasons, Vergangenheit aufdecken. Ihm war nicht klar, wie viel Max über sein vergangenes Leben wusste. Er selbst hatte sich ihm gegenüber nie darüber ausgelassen. Zu einem Gespräch zwischen ihm und seinem zukünftigen Schwiegervater war es nie gekommen. Er und Sandra hatten sich immer nur in Bars getroffen. Nur brave Töchter stellten ihre Verehrer den Eltern vor, hatte sie in der ersten Nacht verlauten lassen und damit deutlich machen wollen, dass sie kein braves Mädchen war. Jason hatte sie in seine kleine Mietwohnung eingeladen, für sie gekocht, mit ihr ferngesehen oder manchmal auch irgendein Brettspiel gespielt, nie aber das getan, was sie von ihm erwartete, weshalb sie Abend für Abend zurückkehrte.
    Bis Jason darauf aufmerksam wurde, dass ihr Bauch dicker wurde. Bis zu dem Zeitpunkt, als er anfing, Fragen zu stellen. Bis zu der Nacht, als sie in Tränen ausbrach und sich abzeichnete, dass es für sie beide eine Möglichkeit gab, ihre jeweiligen Probleme zu lösen. Sandra wollte,aus welchen Gründen auch immer, von ihrem Vater weg. Also waren sie auf und davon, in eine andere Stadt, wo sie unter einem anderen Nachnamen einen Neustart versuchten. Bis Mittwochnacht hatte es für ihn so ausgesehen, als habe Sandra diesen Schritt nie bereut.
    Jetzt war Max auf den Plan zurückgekehrt, ein Mann mit Geld, Grips und besten Beziehungen. Max konnte ihm gefährlich werden, doch Jason würde nie zulassen, dass er sich an Ree heranmachte. Er hatte es Sandy versprochen und war gerade jetzt, da seine Tochter ihn dringender brauchte als je zuvor, entschlossen, an diesem Versprechen festzuhalten.
    Max würde also alle Hebel in Bewegung setzen, während die Polizei auf ihn, Jason, Jagd machte. Sie nahmen seinen Computer auseinander, fanden wahrscheinlich Hinweise auf seine finanziellen Transaktionen. Sie würden seinen Chef befragen, vielleicht auch die Redaktionsräume durchsuchen. Würden sie den Computer finden, den er dort versteckt hatte, und zwei und zwei zusammenzählen?
    Wie lange konnte er dieses Vabanquespiel noch fortsetzen?
    Jason hatte alles sorgfältig eingefädelt, als er in die Rolle des Familienvaters geschlüpft war. Er lebte seine «andere» Seite unter angenommener Identität, mit gesondertem Bankkonto, einer Kreditkarte und einem Postschließfach. Die Kontoauszüge und Quittungen der Kreditkarte gingen postlagernd an eine Dienststelle in Lexington, die er einmal im Monat aufsuchte, um die Eingänge abzuholen und zu vernichten.
    Aber auch die besten Pläne hatten irgendwo einen Haken. In seinem Fall war es der Familiencomputer, der genug belastendes Beweismaterial enthielt, um ihn zwanzig Jahre bis lebenslänglich hinter Gitter zu bringen. Sicher, er nutzte eine gute Software, die seine Festplatte putzte, aber jeder Besuch im Internet generierte viel zu viele Temp-Dateien, als dass davon nicht irgendetwas übrig bliebe. Spezialisten der Beweismittelanalyse würden vielleicht drei, höchstens vier Tage brauchen, um festzustellen, dass mit dem beschlagnahmten Computer etwas nicht stimmte, und dann käme die Polizei zurück, um ihn richtig in die Mangel zu nehmen.
    Es sei denn, sie hatten inzwischen Sandras Leiche gefunden und standen nun schon mit einem Haftbefehl vor dem Haus.
    Jason stieg aus dem Bett. Er war zu aufgedreht, um weiterschlafen zu können. Bei jeder Bewegung schmerzten die Rippen. Das linke Auge war dick angeschwollen und verklebt. Doch all das machte ihm nichts aus. Für ihn zählte nur eines: Er wollte wissen, ob Ree in ihrem Bett lag und schlief.
    Leise und mit geschärften Sinnen ging er durch den Flur. Das Haus roch wie immer, es fühlte sich wie immer an. Er öffnete die Tür einen kleinen Spalt und sah seine Tochter stocksteif auf dem Rücken liegen. Sie hatte ihre Hände um den Saum der Decke gekrallt und starrte ihm aus großen braunen Augen entgegen. Sie war wach und weinte. Tränen rollten ihr über die Wangen.
    «He, mein Liebling», sagte er leise und ging auf sie zu. «Was ist mit dir?»
    Mr   Smith blickte zu

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