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Ohne jede Spur

Ohne jede Spur

Titel: Ohne jede Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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zu verbergen habe.
    Vor meinem Haus wird eine Mahnwache in Stellung gehen. Leute werden kommen, um zum Ausdruck ihres Mitgefühls Blumen, Briefe und Teddybären niederzulegen. Mit brennenden Kerzen in der Hand werdenall diese guten Seelen den Himmel um Sandys gesunde Rückkehr bitten. Sehr wahrscheinlich auch, dass sich etliche Psychopathen an dem Spektakel beteiligen, nicht zu vergessen all die jungen Damen, die mir Beileidsbriefe schreiben werden, denn was wäre attraktiver als ein alleinstehender Vater, der auf so tragische Weise seine Frau verloren hat? Und der womöglich sogar – wie prickelnd! – daran nicht ganz unschuldig ist. Und wie soll ich all die Freiwilligen abwimmeln, die mir kostenloses Babysitten anbieten?»
    Es blieb längere Zeit still in der Leitung. «Sie scheinen sich bestens auszukennen», sagte D.   D.
    «Ich gehöre schließlich selbst zu dieser Journaille. Natürlich kenne ich mich aus.»
    Wir tanzen miteinander
, dachte er und malte sich aus, wie Sergeant Warren in knalligem Flamenco-Kostüm um ihn herumwirbelte, während er, einen engen schwarzen Anzug tragend, eine strenge Miene aufsetzte und zu führen vorgab, tatsächlich aber nichts von diesem Tanz verstand.
    «Jetzt, da die Ermittlungen aufgenommen sind, kommt es darauf an, der Sondereinheit – sprich uns – möglichst viele Informationen zukommen zu lassen», erklärte Sergeant Warren. «Sie verstehen, dass mit jeder verstrichenen Stunde die Chancen für eine glückliche Rückkehr Ihrer Frau abnehmen.»
    «Ich fürchte, diese Chancen wurden schon gestern vertan.»
    «Haben Sie noch etwas zu sagen?», fragte Sergeant Warren kurz angebunden.
    «Nein, Ma’am», antwortete er und biss sich auf die Lippen, als ihm bewusst wurde, dass sein Tonfall nach Südstaaten klang, wie immer, wenn er ein Idiom seiner Heimat in den Mund nahm.
    Sergeant Warren blieb still. Er fragte sich, ob ihr sein Lapsus aufgefallen war.
    «Ich will ehrlich sein», sagte sie unvermittelt.
    Er zweifelte an ihrem Vorsatz, enthielt sich aber eines Kommentars.
    «Mir liegt sehr viel daran, Ihre Tochter zu befragen. Die Uhr tickt, Mr   Jones, und es ist durchaus möglich, dass Ihre Tochter weiß, was mit Ihrer Frau passiert ist.»
    «Möglich.»
    «Dann sollten Sie damit einverstanden sein, dass sich eine Spezialistin mit ihr unterhält, eine gewisse Marianne Jackson. Sie ist Psychologin und versteht sich bestens auf ihren Job.»
    «Von mir aus.»
    Es war sekundenlang totenstill. «Sie sind einverstanden?»
    «Ja.»
    Er hörte, wie sie ausatmete, und dann – sie konnte sich die Frage anscheinend nicht verkneifen: «Gestern waren Sie noch entschieden dagegen, Mr   Jones. Wie darf ich mir Ihren Sinneswandel erklären?»
    «Ich habe mir Sorgen um sie gemacht.»
    «Um Ihre Frau?»
    «Nein, um meine Tochter. Es geht ihr nicht gut. Aber vielleicht hilft es ihr, sich mit einer psychologisch versierten Person zu unterhalten. Ich bin kein Monster,Sergeant. Mir liegt das Wohl meiner Tochter sehr am Herzen.»
    «Dann kommen Sie bitte mit Ihrer Tochter um zehn ins Präsidium. Unser Büro ist für ein solches Gespräch geeigneter als Ihr Zuhause.»
    «Daddy?»
    «Sparen Sie sich Ihre Erklärungen», sagte er und wandte sich Ree zu, die in der Tür stand. Mit kindlich sicherem Gespür schien sie zu ahnen, dass von ihr die Rede war.
    «Wir werden uns gleich mit einer netten Frau unterhalten», sagte er ihr mit der Hand auf dem Hörer. «Keine Sorge, Schatz, du hast nichts zu befürchten.»
    «Da ist jemand an der Tür, Daddy.»
    «Was?»
    «Ein Geräusch. An der Tür. Hörst du nicht?»
    Jetzt hörte er. Ein Scharren und Kratzen.
    «Ich muss auflegen», sagte er in die Sprechmuschel und unterbrach die Verbindung, ohne Sergeant Warrens Antwort abzuwarten. «Rasch, ins Wohnzimmer, mein Schatz. Sofort.»
    Er schickte Ree durch den Flur, forderte sie mit einer Handbewegung auf, vor dem Sofa am Boden Platz zu nehmen, und schlich weiter zum Hauseingang, wo er sich neben die schwere Stahltür mit dem Rücken zur Wand stellte. Um der Tochter keine Angst einzujagen, mühte er sich um Fassung, zitterte aber doch am ganzen Leib. Als er durch den kleinen Fensterausschnitt nach draußen spähte, fiel ihm als Erstes auf, dass die Zivilstreife nach wie vor am Straßenrand parkte. Der Beamte saß ganz entspannt hinterm Steuer und nippte an seinem Morgenkaffee.Unmittelbar vor der Haustür schien hingegen, wie Jason nun bemerkte, niemand zu sein.
    Die Geräusche aber waren unüberhörbar. Es

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